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Mord au chocolat

Mord au chocolat

Titel: Mord au chocolat
Autoren: Cabot Meg
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1
    Du bist nicht dick, du hast nur grobe Knochen,
Wofür du nicht verurteilt wirst.
Aber deine Figur könnte besser aussehen,
Wenn du ein bisschen mehr trainierst.
     
Heather Wells
     
     
    »Du bist gekommen!«
    Das sagt Tad Tocco, mein Mathematikdozent, als ich ihn an diesem Morgen im Washington Square Park treffe. Selbstverständlich küsst er mich nicht, weil unsere Beziehung geheim bleiben muss. Professoren dürfen keine Romanzen mit Studentinnen anfangen – Dozenten ohne Kündigungsschutz schon gar nicht. Und das nicht einmal mit Studentinnen, die fast dreißig und als Assistenzleiterin eines Studentenwohnheims und mit Kursen beschäftigt sind, für die es nur das Zertifikat »bestanden« oder »nicht bestanden« gibt.
    »Natürlich bin ich gekommen«, erwidere ich in einem Ton, als hätte ich keine Sekunde lang gezögert. Als ich mich vor einer guten halben Stunde im Bett umdrehte, auf den Wecker schaute und den großen Zeiger auf der Zwölf und den kleinen auf der Sechs sah, hätte ich allerdings
am liebsten die Decke über den Kopf gezogen, um für weitere zweieinhalb Stunden in seligem Schlaf zu versinken. Ich meine, das ist doch der Grund, warum man nur zwei Häuserblocks vom Arbeitsplatz entfernt wohnt. Damit man bis zur allerletzten Minute schlafen kann.
    Aber ich hab’s versprochen. Und jetzt bin ich froh, dass ich aus meinen gemütlichen Federn gekrochen bin. Weil Tad umwerfend aussieht. Auf seinem blonden Haar, das zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden ist, der noch länger ist als meiner, glänzt das Licht der Morgensonne. Auch auf den blonden Härchen an seinen nackten Beinen. Die sehe ich, weil er seine Joggingshorts trägt.
    Hallo, lieber Gott, bist du da? Ich bin’s, Heather, und ich will dir einfach nur für den hellen Sonnenschein und die kühle Luft und die schönen, eben erst erblühten Frühlingsblumen danken. Danke auch für Mathematikdozenten in winzigen Shorts. Für das alles lohnt es sich, zweieinhalb Stunden vor der gewohnten Zeit aufzustehen. Hätte ich das geahnt, hätte ich das morgens schon längst so gehandhabt. Nun ja, vielleicht auch nicht.
    »Gehen wir’s langsam an«, schlägt Tad vor und macht Stretching auf einer Parkbank. An seinen Schenkelmuskeln klebt kein einziges Gramm Fett. Selbst in entspannter Position sind seine Oberschenkel steinhart. Das weiß ich, weil ich’s gespürt habe. Obwohl unser gemeinsamer Arbeitgeber, das New York College, Romanzen zwischen Dozenten und Studentinnen verbietet, treiben wir’s hinter dem Rücken der Leute. Denn wenn man Ende zwanzig und Anfang dreißig ist und wenn ich bei »bestanden« später an richtigen Kursen teilnehmen kann – wen kümmert’s schon?

    Außerdem ist es eine Ewigkeit her, seit ich so was erlebt habe. Soll ich etwa bis zum Ende meines Kurses im Mai warten, bis ich über Tad herfalle?
    Insbesondere, wenn ich an seinen Körper denke. Der Typ ist total fit. Teilweise liegt das an seinem sportlichen Lebensstil – er joggt, schwimmt und spielt in einem Killer-Frisbeeteam mit -, teilweise an seiner extrem gesunden Ernährung. Falls man es für gesund hält, kein Fleisch zu essen, was ich persönlich bezweifle.
    Wenn ich mich entspanne, fühlen sich meine Schenkel schwammig an. Teilweise, weil ich weder jogge noch schwimme oder Frisbee spiele, und teilweise, weil ich alles esse, was mit Schokoladensauce oder Ketchup verfeinert wird. Oder schlichte Krispy Kreme Donuts, die Tad auch isst, weil sie in pflanzlichem Öl gebraten werden. Aber er begnügt sich mit einem einzigen, während ich die ganze Packung konsumiere, denn ich kann nicht aufhören, an die Krispy Kremes zu denken, bevor ich weiß, dass alle verschwunden sind. Na und?
    Moment mal. Warum denke ich an Krispy Kremes? Wir wollen doch trainieren.
    »Möchtest du ein paar Dehnübungen machen?«, fragt Tad und drückt eine Ferse an seinen Hintern. Der ist genauso steinhart wie seine Schenkel. Meiner ist sogar noch schwammiger als meine Schenkel, aber groß genug, sodass ich ihn mühelos mit einer Ferse berühren kann. Richtiges Stretching ist nicht nötig.
    Deshalb bin ich froh, dass ich eine Jogginghose mit Schlag gefunden habe. Die trage ich statt Leggings oder Shorts. Ich hoffe, sie überspielt meine Proportionen, und ich sehe nicht wie ein Wackelpudding aus.
    »Okay.« Tad lächelt mich an. Mit seiner goldgeränderten
Brille gleicht er einem Gelehrten. Diese Brille liebe ich, weil man nicht ahnt, dass hinter den Gläsern traumhaft blaue Augen leuchten.
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