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Magier unter Verdacht

Magier unter Verdacht

Titel: Magier unter Verdacht
Autoren: Boris Pfeiffer
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da eben saß, hat er den Sessel mit seinem Gewicht geschafft. Das alte Ding ist doch kurz vor dem Auseinanderfallen …“ Sie zeigte auf einen breiten Riss, der zusammen mit der emporgeschossenen Sprungfeder an einer Seitennaht aufgetaucht war.
    „Aber da war eben noch nichts. Er war ganz heil!“ Ağan starrte den Sessel an.
    „Na und?“, kicherte Jenny. „Ich sag euch doch, der Sessel ist alt. Den hat einer auf die Straße gestellt, weil er ihn nicht mehr haben wollte.“
    „Niemals!“, sagte Ağan. „Das kann nicht sein. Ich sage dir, warum er geplatzt ist.“ Er verzog das Gesicht, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. „Das war, weil ich mich nur so auf ihn draufgesetzt habe. Weil ich behauptet habe, dann würde ich das Geldfür dein Eis wiederbekommen. Aber das war falsch! Der Glücksdschinn bringt nur Leuten Glück, die es wirklich brauchen.“ Er wandte sich dem Sessel zu. „Entschuldige bitte vielmals, verehrter Glücksdschinn, dass ich dich ohne Not um etwas gebeten habe.“
    Addi sah Ağan unsicher an. „Mensch, Ağan, jetzt machst du mir aber allmählich richtig Bammel. Redest du öfters mit Möbeln?“
    „Nur, wenn sie Dschinns sind“, gab Ağan zurück.
    „Uff“, meinte Addi. „Da bin ich aber froh, dass der Sessel nicht knurrt oder so. Ağan, jetzt hör schon auf damit. Das ist kein Dschinn!“
    „Es könnte sehr wohl ein beleidigter Dschinn sein“, beharrte Ağan. „Und der tut jetzt sicher auch nichts Gutes mehr, bis er wieder zufrieden ist.“
    „Womit zufrieden?“, fragte Jenny ungläubig.
    „Na, mit meinem Verhalten. Ich muss wiedergutmachen, dass ich ihn beleidigt habe. Und dafür muss ich ihn zuerst reparieren.“
    „Und wie willst du das bitte bewerkstelligen?“ Jenny gab Addi ihr Eis zum Halten und beugte sich über die aufgeplatzte Naht. „Dafür muss man richtig was können. Guck doch mal, das ist echt ein feiner alter Stoff.“
    Mit den Fingern fasste sie an das Loch, zog es vorsichtig etwas auf und blickte hinein. „Moment mal. Was ist das denn?“ Sie griffan einer Feder vorbei in die Füllung aus Holzwolle und zerrte an irgendetwas. „Da ist was. Das fühlt sich an wie Leder …“
    „Leder?“, fragte Addi. Dann leckte er an dem Eis in seiner Hand. „Hm, Nuss ist gut.“
    „Lass ja mein Eis in Ruhe“, rief Jenny aufgebracht.
    „Ja, aber das schmilzt sonst.“ Addi leckte weiter. „Vanille-Kirsch ist auch super!“
    „Hör sofort auf damit!“ Jenny hatte die Hand immer noch im Sessel, sah jetzt aber wütend zu Addi.
    „Was ist denn da nun drin?“, fragte der und hielt das Eis weit von sich weg.
    Jenny zögerte kurz, dann tastete sie wieder. „Das fühlt sich an wie ein Lederbeutel.“
    „Zieh ihn raus“, sagte Ağan. „Das ist sicher ein Zeichen.“
    „Ja doch …“ Jenny war jetzt auch neugierig geworden und nestelte im Inneren des Sessels herum. Doch vergeblich. „Das Ding steckt in einer Feder. Da kommt man nicht so leicht ran.“ Sie beugte sich tiefer über den Sessel.
    In diesem Augenblick hielt direkt neben den Unsichtbar-Affen ein ziemlich rostiger offener Pritschenwagen auf der Straße. Auf der Ladefläche stand ein alter Schreibtisch.
    „Da ist er ja!“ Ein Mann kam aus der Fahrerkabine gesprungen. Er trug eine speckige Lederjacke, eine schmutzige Latzhose undein verschossenes Hemd darunter. Schnell ging er auf den Sessel zu und packte ihn, ohne Jenny oder Ağan zu beachten.
    „He!“, sagte Addi.
    Der Mann sah auf. „Du bleib mit dem Klebezeug von meinem guten Stück hier weg!“
    Wieder packte der Mann den Sessel.
    „Aua!“, schrie Jenny. „Meine Hand!“
    „Was fummelst du denn da rum?“ Der Mann sah Jenny scharf an. „Wehe, du machst das Loch größer! Das ist mein Sessel! Also, Hände weg!“

    In diesem Moment stieß Goffi ein wildes Fauchen aus.
    „Ja-ha!“ Vorsichtig zog Jenny ihren Arm aus dem Sessel. Als ihre Hand zum Vorschein kam, war sie leer.
    „Wieso ist denn das Ihr Sessel? Wir beobachten ihn nämlich schon die ganze Zeit und –“
    „Den habe ich heute Mittag hier bei einem Umzug vergessen“, knurrte der Mann. „Und jetzt verschwindet!“
    „Aber der Sessel steht schon viel länger hier“, entgegnete Ağan verblüfft. „Und ich muss Ihnen sagen –“
    „Nichts musst du, nur sterben muss man!“ Der Mann lachte rau und hob den Sessel mit einem gewaltigen Ruck auf die Ladefläche seines Lasters.
    „Was Sie da sagen, ist nicht wahr!“, begehrte Ağan auf. „Das ist nicht Ihr Sessel. Wir
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