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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger
Autoren: Max Catto
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Mund schließen müssen, sagte er sich.
    Dann musterte er Jan und dachte: Das ist noch nicht die ganze Wahrheit. Er hält etwas zurück.
    »Ich sah Senhor Juan herausrennen«, fuhr Jan fort. »Er schien krank zu sein. Er versuchte, Luke zu fassen, das, was noch von ihm da war, sozusagen. Und dann blickte Senhor Juan auf, sah den Bulldozer, den Mann oben …«
    Aha! Jetzt kommt’s an den Tag! dachte der Oberst.
    »Er konnte nicht sprechen«, sagte Jan.
    Kein Wunder, dachte der Oberst, denn du selbst saßest dort oben, was?
    Jan schwieg, sah nur den Obersten an. Unter seiner Kopfhaut zeichnete sich der Schädelknochen ab. Der ist so tot wie Luke, sagte sich der Oberst, oder wird bald so tot sein wie der.
    In diesem Augenblick bemerkte er, daß sich hinter ihm etwas bewegte. Und ohne sich umzuwenden, wußte er: Es war der Mann, den sie Harry nannten, der nun in der Tür stand. Das verrieten ihm die beiden anderen Zeugen, deren Augen haßerfüllt aufblitzten.
    Komm nur herein, mein Freund, herzlich willkommen! Bleib da und fürchte nichts!
    Auch Jan sah auf Harry, der dort schweigend und angespannt stand, und fuhr fort: »Bevor noch einer von uns zur Piste laufen konnte – es war zu weit, jedenfalls auch zu spät –, hörten wir jemanden den Bohrturm herunterklettern: Es war der Priester.«
    »Weiter! Rasch!«
    »Sie alle waren außer sich vor Enttäuschung. Wie Wölfe fielen sie über ihn her.«
    »Und Sie?«
    »Was hätte ich tun können?«
    »Ich war nicht dabei. An Ihnen ist’s, zu erzählen!«
    »Ich versuchte, sie zurückzuhalten. Ich rief.«
    Aber nicht zu laut, dachte der Oberst. Nicht so laut, daß sie es auch wirklich hören konnten.
    Prüfend betrachtete der Oberst die beiden anderen Zeugen. Der da, sagte er sich, der Belgier Toussaint, der Atheist, der könnte einer von denen sein.
    »Sie!« sagte der Oberst mild und zeigte auf ihn. »Sie waren selbstverständlich nicht dabei.«
    »Ich?« Der Mann sah drein, als hätte man ihn eben vom Meeresgrund heraufgeholt.
    »Wenn Sie mich anlügen, könnte ich Sie dorthin bringen lassen, wo wir mit widerspenstigen Zeugen, wie Sie einer sind, fertig werden. Oh, wie rasch dann die Wahrheit heraussprudelt! Wollen wir uns beiden solchen Kummer ersparen?«
    »Mon Colonel …«
    »Sagen Sie also lieber die Wahrheit! Was geschah mit dem Priester?«
    Toussaint, hager und erschöpft, begann: »Die Art, wie er daherkam, war daran schuld: Flehend streckte er die Hände aus, bot sich als Opfer an. Er wußte, was er getan hatte, an seinen Fingern klebte Blut, das gesühnt werden mußte. Er gab sich uns hin, als Buße. Ganz verklärt sah er drein.«
    »Schon gut. Lassen wir das Religiöse beiseite!«
    »Gerade das war es, was uns so wütend machte. Sein Gesicht strahlte. Er war bereit, in den Himmel aufzufahren.«
    »Und Sie haben ihm freundlicherweise dazu verholfen?«
    »Ich habe kaum …«
    »Keine Lügen jetzt! Jede könnte Sie einen gebrochenen Knochen kosten.«
    Der Schriftführer gab nicht einmal mehr vor, das Protokoll weiterzuführen. Nein! sagte er sich, das ist keine korrekte Einvernahme! Die Drohungen des Vorsitzenden machen sie gegenstandslos. Schrecklich! Gegen jedes Gesetz! So saß er nun da, mit heraushängenden Augen, als hielte ihn in einem finstern Kinosaal ein Gruselfilm gefangen. Und der, den sie Harry nannten (er stand in der Türe, der Oberst bemerkte es), lauschte schweigend.
    »Sie waren selbstverständlich nicht dabei und konnten nicht sehen, was geschah«, fuhr der Oberst fort. »Aber jetzt, in diesem Augenblick, fällt es Ihnen ein, nicht wahr?«
    »Sie haben ihn an den Bohrturm gebunden«, flüsterte Toussaint kaum hörbar.
    »Ihn gekreuzigt?«
    »Nein, an den Händen aufgehängt.« Er scheute sich vor dem geheiligten Wort. »Ich habe ihn kaum angerührt. Mehr weiß ich nicht.«
    »War er tot?« fragte der Oberst.
    Schweigen.
    »Passen Sie auf, mein Freund: Bringen Sie mich nur nicht in Wut!«
    »Er lebte noch. Einer hatte ihm ein Messer in den Bauch gerannt. Wahrscheinlich hat es nicht lange gedauert …«
    Der Mann, den sie Harry nannten, kam ein paar Schritte näher, stand jetzt unmittelbar hinter dem Obersten, der sich umwandte und ihn schmerzerfüllt auf den Toten blicken sah.
    Der Tod ist gar nicht so übel. Schau hin, wie friedlich! sagte sich der Oberst. Ein plötzlicher Schmerz wie ein Stich, und ein für allemal ist jeder Kummer vorbei … Ruckartig wandte sich der Oberst dem Mann namens Jan zu: »Und das ist alles?«
    »Nein.«
    »Das
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