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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger
Autoren: Max Catto
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noch nie lebhafter, sagte sich der Oberst. Sie leistet jetzt doppelte Arbeit. Ich glaube, ich weiß, was geschah. Wir beide wissen es, nicht wahr? Laß mich die Geschichte fertig erzählen!
     
    Sie, Dolores, kam in dein Zimmer, später, du wußtest nicht, wieviel Zeit vergangen war. Denn du konntest nicht schlafen, dein überfordertes Hirn durchtobten Gedanken über Gedanken. Und du sahst sie an, grau, grau vor Müdigkeit und Verlust. Du sagtest: »Was hast du hier zu suchen?«
    Du sagtest das oder etwas Ähnliches, ja? Sagtest es scharf und heftig.
    Sie hatte sich noch nicht umgezogen. Kein Gepäck war mitgereist, nur das, was ihr am Leibe hattet.
    Und sie sagte: »Ich wußte, daß Sie auf sind. Ich hörte, wie Sie sich unruhig wälzten.«
    »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Nein. Es ist alles in Ordnung«, sagte sie und bedeutete dir, leiser zu sein.
    »Hinaus mit dir!«
    »Müssen Sie so laut sein? Meine Schwestern schlafen.«
    »Was willst du also?«
    »Ich konnte auch nicht schlafen. Mir geht so viel im Kopf herum. Ich muß Sie etwas fragen.« – »Jetzt?«
    »Ja, jetzt. Ich weiß ja nicht, was morgen mit uns geschieht.«
    »Ich schon. Ihr werdet weiterfahren.«
    »Was Sie erleichtern wird?«
    »Ja. Pack dich jetzt!«
    »Was haben Sie gegen mich?«
    »Jetzt ist nicht der Augenblick, darüber zu sprechen.«
    »Vielleicht gibt es den nie. Morgen, sagten Sie, werden wir weiterfahren. Eigentlich heute«, verbesserte sie sich. »Bald dämmert es.«
    »Was willst du?«
    »Nicht so laut! Der patrón ist auf dem Gang draußen.«
    »Was also willst du?«
    »Immer schreien Sie mit mir. Warum, das habe ich nie verstanden.« Sie sah dich prüfend an und fuhr fort: »Die Männer, die wir zurückließen … Leben sie?«
    »Das weiß ich nicht.« Und dann sahst du sie auch an, sahst ihr blasses, verzerrtes Gesicht, ihre dunklen, bestürzten Augen und sagtest grausam: »Nein, sie leben nicht mehr.«
    »Ich kann das alles nicht begreifen.«
    »So?«
    »Warum taten sie’s?«
    »Man kann sie nicht mehr fragen.«
    »Dann frage ich Sie: Warum taten Sie’s?«
    »Kümmere dich nicht!«
    »Für uns?«
    »Nein. Ich glaube nicht. Nicht für euch.«
    »Es muß doch einen Grund geben. Sterben Menschen so leicht für nichts?«
    »Es war nicht für nichts. Es war auch nicht für etwas, das du verstehen könntest.«
    »Man mußte uns schützen«, sagte sie abwehrend. »Wir sind unberührt. Ein Mädchen muß das hochhalten.«
    »Wozu?«
    »Es spielt eine Rolle.«
    »Bei wem?«
    »Bei Männern.« Wieder war sie abwehrbereit.
    »Wieso weißt du das? Was macht dich so sicher?«
    Sie blickte dich an. Dann sagte sie sanft: »Sie sind wieder böse zu mir.« Sie blickte dich weiter an, lange. Und da geschah etwas.
     
    Das Gesicht des Mädchens veränderte sich, wurde ruhig, abwartend, taufeucht, ein bißchen ungeschickt noch, aber Erfahrung und Koketterie würden sich schon später einstellen. Und du, du sahst es. Du dehntest dich, dort, wo wir uns alle dehnen, im Augenblick fleischlicher Qual. Die Frauen sollen nur ja nicht denken, es sei keine Qual. Es ist eine!
    Doch du warst noch nicht ganz sicher.
    Da sagte sie achselzuckend: »Die Frau kann es ja nicht für immer bewahren.«
    Sie aber nahm ihre Augen nicht weg von dir, diese dunklen, leuchtenden Augen, und nun warst du sicher, warst böse, erschüttert und – noch etwas: Denn der Saft brannte in deinen Adern, deine Haut war auf die leichteste Berührung empfindlich wie eine Trommel.
    Nimm’s mir nicht übel, mein Freund, ich fühle mit dir, glaube es mir! Ich versuche, mich in dich hineinzudenken.
    »Ich hatte nie etwas gegen Sie«, sagte sie. (Ich war nicht dabei, mein Freund, so kann ich es nur erraten, was sie sagte.) »Sie waren aus irgendeinem Grund mein Feind«, sagte sie. »Doch lassen wir das! Ich hielt Sie immer für anders als die anderen.«
    Und du, mein Freund, du warst deiner Sinne nicht mehr mächtig, wurdest fortgerissen. Wie hilflos fühlen wir uns, wenn der Leib nur auf sich selbst anspricht. Weißt du, wie es die Chinesen nennen? Am Rande eines ekstatischen Todes sein. Idt bin schon viele solcher Tode gestorben.
    Und dann sagte sie, indem sie dich noch immer ansah, mit jenem von alters her bekannten, vielsagenden Ausdruck im Gesicht. »Sie sollen nicht glauben, ich sei nicht dankbar für das, was Sie für uns getan haben.« Und du, mein Lieber, du dachtest: Aber Leo und Miguel und Charley sind nicht da, sie wissen nicht, daß du dankbar bist, ganz so, wie es sich
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