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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger
Autoren: Max Catto
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zwingen, nur lenken wie einen Maulesel, der nicht auf Sporen anspricht. Ich werde ihn daher mit ein paar freundlichen, direkten Fragen in Trab bringen. Mit Gönnermiene sagte er zu Harry: »Fangen Sie an, wo es Ihnen gut dünkt, Senhor!«
    Doch es verstimmte ihn. Der Mann nämlich hörte ihm nicht einmal zu und schien nicht geneigt, den Mund auch nur aufzutun.
    »Senhor, Sie müssen herhören!«
    Aber Harry saß still und starrte mitleidig, unwillig und verächtlich auf Jan, auf den Mexikaner und auf den Belgier Toussaint. »Die Zeugeneinvernahme mag Ihnen unkonventionell erscheinen«, meinte der Oberst. »Bedenken Sie jedoch: Wenn ich will, kann ich Sie zum Sprechen zwingen.«
    »Wirklich?«
    Nein, ich kann ihn bestimmt nicht zum Sprechen zwingen, gestand sich der Oberst. Aus dem preßt niemand eine Antwort heraus.
    »Drohen Sie mir nicht!« sagte Harry ruhig.
    »Lamento este malentendido. «
    »Mir ist’s gleichgültig. Mir machen Drohungen nichts aus.«
    Der Oberst dachte: So. Auch grauenvolle Roheiten unberechenbarer Menschen machen dir nichts aus, was?
    Dem Schriftführer quollen die Augen heraus, so sehr faszinierte ihn die Szene. Trottel, dachte der Oberst. Wäre ich allein mit ihm, würde ich sie ihm mit meinen Daumen wieder hineindrücken.
    Zu Harry gewendet, sagte er laut und ernst: »Senhor, ich bin an der Sache innerlich beteiligt. Verstehen Sie mich? Por favor. Sprechen Sie wie mit einem Freund mit mir!«
    »Ach so, ein Freund.«
    »Ich nehme wirklich Anteil. Lassen Sie mich’s wissen, wie es ausging! Mir zuliebe!«
    Harry blickte auf die gewichsten Stiefel des Obersten, dann auf den Gürtel, der gelockert war, weil er den Bauch einengte, und dann auf die Brust mit der langen Reihe blitzender Orden. Nach einer Weile sagte er: »Was wollen Sie wissen?«
    »Wessen Gedanke war es, sich zu verteilen? Die drei auf den Bohrturm zu schicken?«
    »Meiner.«
    »Dort oben waren sie doch wehrlos ausgeliefert. Geiseln, die sterben mußten. Hatten nie eine Chance. Wußten Sie das nicht?«
    »Natürlich wußten wir es.«
    »Wir?«
    »Ich sollte mit ihnen gehen. Aber es kam anders. Zwei nämlich sollten bei den Mädchen bleiben. Einer als Pilot, einer für eine andere Aufgabe. Ich hatte Miguel als Piloten vorgesehen. Da meinte Leo: »Nein, das geht nicht. Miguel kann nicht fliegen. Schau ihn doch an!‹ Er war schwer verletzt. Sie hatten ihm das Auge ausgeschlagen, als er hatte Spießruten laufen müssen.«
    Harry verzog schmerzlich das Gesicht. »Wissen Sie davon?«
    »Ja. Furchtbar.«
    »Bestien sind sie!« sagte Harry und starrte gequält auf Jan.
    »Nun«, meinte der Oberst, »tun Gerechtigkeit wird sich ein Höherer kümmern.« Er meinte nicht Gott, er meinte sich selbst. Harry fuhr fort: »Ich war der Meinung, Miguel würde es schaffen. Aber Leo beharrte: ›Es muß einer dableiben, der fliegen kann. Für den Notfall.‹ Und er meinte mich. Wir losten, wer auf den Bohrturm steigen sollte. Das Los fiel auf Leo, Charley und den Priester. So war es. Ich sollte bei Miguel und den Mädchen bleiben.«
    »Das Schicksal hat Sie eben für etwas Besseres ausersehen.«
    »Wieso wissen Sie das?«
    »Ach, es war nur eine beiläufige Bemerkung, als Trost gedacht.«
    »Brauche ich Trost?«
    »Nein. Aber erzählen Sie weiter! Ich möchte Sie nicht zu oft unterbrechen.«
    »Ob Sie mich unterbrechen oder nicht, ist mir egal.«
    Ängstlich lauschte der Schriftführer. Seine Augen hingen ihm nur mehr an den Wimpern. Jetzt passiert es, dachte der Oberst, jetzt drück’ ich meine Daumen drauf!
    »Wir blieben unter den Bäumen«, fuhr Harry fort, »und warteten auf den geeigneten Moment, in dem wir uns davonmachen könnten. Aber die Scheinwerfer gaben zuviel Licht, wir fürchteten gesehen zu werden. Da half uns Luke, Sie wissen es ja. Er zerschoß die Scheinwerfer. Und das war unsere Chance. Wir rannten. Beim Flugzeug faßte mich Miguel am Arm. ›Ich kann nicht‹, sagte er. ›Schauen Sie: mein Auge. Ich bin unsicher. Die Piste ist blockiert. Ich kann in der Dunkelheit nicht mit drei Motoren fliegen. Ich fürchte mich.‹«
    Der Oberst stellte sich vor, wie hitzig sie debattierten und stellte sich die Mädchen vor, Dolores, Caterina und Carmen, wie sie gebannt zuhörten, alle drei atemlos und verwirrt, wie ihre Augen einmal auf Miguel, einmal auf Harry sahen, wie sie in der Ferne schreien und schießen hörten. Luke hatte den Lenker des Bulldozers getötet. Zum Argumentieren blieb keine Zeit mehr.
    »Miguel wollte nicht fliegen«,
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