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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben
Autoren: Emily Giffin
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hätte unterschiedlicher nicht sein können. Margot wohnte in einem großen, wunderschönen Haus auf einem mehrere Hektar großen prachtvollen, von Bäumen umsäumten Anwesen im reichsten Teil von Atlanta. Ich war in einem kleinen, L-förmigen Bungalow mit orangegelber Kücheneinrichtung in einer Arbeitergegend von Pittsburgh aufgewachsen. Margots Vater war ein prominenter Anwalt und saß im Vorstand mehrerer Unternehmen. Mein Dad war Vertreter für so glamouröse Waren wie die Projektoren, mit denen faule Lehrer uns in der Grundschule geisttötende Filme vorführten. Margots Mutter war eine ehemalige Schönheitskönigin aus Charleston, stilsicher, feingliedrig und elegant. Meine Mutter war eine nüchterne Rechenlehrerin an der Junior Highschool gewesen, bevor sie einen Tag vor meinem dreizehnten Geburtstag an Lungenkrebs gestorben war, obwohl sie nie geraucht hatte.
    Margot hatte zwei ältere Brüder, die sie anbeteten. Ihre Familie, weiße, angelsächsische Protestanten, waren das Südstaaten-Äquivalent der Kennedys; sie spielten Touch Football am Strand von Sea Island, fuhren jeden Winter in den Skiurlaub und verbrachten hin und wieder das Weihnachtsfest in Europa. Meine Schwester und ich fuhren in den Ferien mit unseren Großeltern ans Meer nach New Jersey. Wir hatten keine Reisepässe, brauchten wir auch nicht, da wir das Land nie verließen. Wir waren nur ein einziges Mal in unserem Leben mit dem Flugzeug geflogen.
    Margot war Cheerleader und hatte am Debütantinnenball teilgenommen, und sie hatte ebenjenes Selbstbewusstsein, das nur reiche, weitgereiste Sprösslinge aus gutem Hause haben. Ich dagegen war zurückhaltend, ein bisschen neurotisch, und so gern ich überall dazugehören wollte, ich fühlte mich doch am Spielfeldrand meistens wohler.
    Aber trotz all dieser Unterschiede wurden wir die allerbesten Freundinnen. Und dann, Jahre später, so will es die perfekte Sofa-Geschichte, verliebte ich mich in ihren Bruder. Ich wusste einfach, dass er genauso süß wie nett sein würde.
    Aber bevor ich Andy heiratete und nachdem der Brief von Margot mit der Post gekommen war, musste noch eine Menge passieren. Eine ganze Menge. Unter anderem Leo. Der, den ich lieben würde, bevor ich Andy liebte. Der, den ich dann hassen und trotzdem noch lieben würde, lange nachdem wir uns getrennt hatten. Der, über den ich irgendwann endlich hinwegkommen würde. Und den ich dann, Jahre später, an einer Straßenkreuzung in New York City wiedersehen sollte.

Drei
    «Wo bist du jetzt?», fragt Leo.
    Ich halte den Atem an und überlege, was ich antworten soll. Einen Herzschlag lang nehme ich an, er meint die Frage philosophisch – Wo bist du in deinem Leben? –, und beinahe erzähle ich ihm von Andy. Von meinen Freunden und meiner Familie. Von meiner Karriere als Fotografin. Davon, wie gut es mir geht und wie zufrieden ich bin. Antworten, die ich mir bis vor kurzem unter der Dusche und in der U-Bahn zurechtgelegt habe, immer in der Hoffnung auf genau diese Gelegenheit. Auf die Chance, ihm zu sagen, dass ich überlebt und ein sehr viel größeres Glück gefunden habe.
    Aber als ich gerade anfange zu reden, begreife ich, was Leo mich in Wirklichkeit gefragt hat. Er will wissen, wo ich gerade sitze oder stehe oder gehe, in welchem kleinen Winkel von New York ich gerade verarbeite und überdenke, was sich soeben ereignet hat.
    Die Frage überrumpelt mich, als hätte er wissen wollen, wie viel ich wiege oder verdiene, oder sonst eine persönliche, dreiste Frage gestellt. Aber ich habe bei solchen Fragen immer Angst, schuldbewusst oder unhöflich zu erscheinen, wenn ich mich glattweg weigere, zu antworten. Hinterher fallen einem natürlich sofort die perfekten, höflich ausweichenden Antworten ein. Nur meine Waage kennt die Wahrheit … Es ist leider nie genug Geld. Oder, in diesem Fall: Wo ich bin? Mal hier, mal da .
    Aber in der Situation selbst platze ich jedes Mal wie ein Trottel mit der wahren Antwort heraus und gebe brav mein Gewicht an. Mein Gehalt, auf den Dollar genau. Oder, in diesem Fall, den Namen des Restaurants, in dem ich an diesem kalten Regentag einen Kaffee trinke.
    Ach, na ja , denke ich, als ich es ausgesprochen habe. Wahrscheinlich ist es am besten, einfach offen zu sein. Ausflüchte könnten als Flirt oder Koketterie gedeutet werden. Rate mal, wo ich bin. Komm mich doch suchen .
    Aber Leo antwortet schnell. «Aha», sagt er, als wäre dieses Restaurant unser spezielles Stammlokal gewesen. Oder, schlimmer noch,
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