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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben
Autoren: Emily Giffin
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Passfotos aus einem Automaten, und riss sie säuberlich der Länge nach durch, mitten durch die Viererreihe seiner Stirn, Nase und Lippen, und ließ mein eigenes grinsendes Gesicht intakt.
    «Siehst du, wie viel besser du jetzt aussiehst?», fragte sie. «Ohne dieses Arschloch?»
    Das ist eine Freundin , dachte ich damals, noch während ich eine Rolle Klebstreifen aufstöberte und Leo sorgfältig wieder zusammenklebte. Und ich dachte das Gleiche über Margot, als Leo und ich uns endgültig trennten und sie mir eine Glückwunschkarte und eine Flasche Dom Pérignon schenkte. Ich bewahrte den Korken auf, wickelte den Fotostreifen mit einem Gummiband darum und legte ihn in meinen Schmuckkasten – wo Margot ihn Jahre später entdeckte, als sie ein Paar goldene Ohrringe zurückbrachte, die sie von mir geborgt hatte.
    «Was ist das denn?», fragte sie und rollte den Korken zwischen den Fingern.
    «Ähm … du hast mir doch diesen Champagner geschenkt», sagte ich belämmert. «Nach Leo. Weißt du noch?»
    «Du hast den Korken aufbewahrt? Und diese Fotos?»
    Der Korken, stammelte ich, sei für mich ein Zeichen unserer Freundschaft, nichts sonst – aber in Wahrheit ertrug ich es nicht, mich von irgendetwas zu trennen, das mit Leo zu tun hatte.
    Margot zog die Brauen hoch, aber sie ließ von dem Thema ab, wie sie es bei kontroversen Fragen meistens tat. Anscheinend hielt man es in den Südstaaten so. Zumindest hielt Margot es so.
    Jedenfalls habe ich Leo soeben meinen Ehenamen genannt. Kein ganz kleiner Triumph.
    Leo hebt das Kinn, schiebt die Unterlippe vor und sagt: «Ach? Gratuliere.»
    «Danke.» Ich bin innerlich beglückt und beschwingt – und dann schäme ich mich ein bisschen, weil ich mich so siegreich fühle. Das Gegenteil von Liebe ist Gleichgültigkeit , halte ich mir im Stillen vor.
    «Und, wer ist der Glückliche?», fragt er.
    «Du erinnerst dich an Margot?»
    «Natürlich.»
    «Ich habe ihren Bruder geheiratet. Ich glaube, du hast ihn mal kennengelernt?», sage ich unbestimmt, aber ich weiß hundertprozentig genau, dass Leo und Andy sich einmal gesehen haben, in einer Bar im East Village. Damals war es nur eine kurze, bedeutungslose Begegnung zwischen meinem Freund und dem Bruder meiner besten Freundin. Ein kurzer Wortwechsel– Wie geht’s? … Freut mich . Vielleicht auch ein Händedruck. Das Übliche zwischen Männern. Aber Jahre später, nachdem Leo und ich längst auseinander waren und Andy und ich unsere ersten Dates hatten, würde ich diesen Augenblick erschöpfend und bis ins Detail dekonstruieren, wie es jede Frau tun würde.
    Leo sieht aus, als erinnerte er sich. « Den Typen? Wirklich? Den Jurastudenten?»
    Als er «den Typen» mit einem leicht spöttischen Unterton sagt, stellen sich mir die Nackenhaare auf, und ich frage mich, was er jetzt denkt. Hat er aus dieser kurzen Begegnung etwa Schlüsse gezogen? Will er nur seine Verachtung für Rechtsanwälte zum Ausdruck bringen? Habe ich irgendwann etwas über Andy gesagt, woraus er mir jetzt einen Strick drehen könnte? Nein. Ausgeschlossen. Es gab – und gibt – nichts Negatives oder Kritisches über Andy zu sagen. Andy hat keine Feinde. Alle Welt liebt ihn.
    Ich schaue Leo wieder in die Augen und ermahne mich, nicht in die Defensive zu gehen, sondern einfach überhaupt nicht zu reagieren. Leos Meinung ist nicht mehr wichtig. Also nicke ich einfach friedlich und zuversichtlich. «Ja. Margots Bruder.»
    «Na, das ist ja dann alles bestens gelaufen.» Ich bin ziemlich sicher, dass er das sarkastisch meint.
    «Ja.» Ich lächele selbstgefällig. «Das kann man wohl sagen.»
    «Eine große, glückliche Familie», sagt er.
    Jetzt weiß ich ganz sicher, wie es gemeint ist, und ich spüre die Anspannung, die vertraute Wut, die in mir aufsteigt. Eine Wut, die nur Leo in mir wecken konnte. Ich schaue auf meine Brieftasche und bin fest entschlossen, ein paar Scheine auf den Tisch zu werfen, aufzustehen und hinauszumarschieren. Aber dann höre ich, wie er meinen Namen sagt, wie eine federleichte Frage, und seine Hand legt sich auf meine und umschließt sie ganz. Ich hatte vergessen, wie groß seine Hände waren. Und wie warm sie immer waren, selbst mitten im tiefsten Winter. Ich will meine Hand wegziehen, aber ich kann es nicht. Zumindest hat er meine Rechte , denke ich. Meine Linke ist unter dem Tisch, zur Faust geballt und in Sicherheit. Mit dem Daumen reibe ich über meinen Trauring und halte den Atem an.
    «Du fehlst mir», sagt Leo.
    Ich starre ihn
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