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Maenner fuers Leben

Maenner fuers Leben

Titel: Maenner fuers Leben
Autoren: Emily Giffin
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den gleichen Anfang. Beide fingen mit einem Brief an, den ich an einem stickig heißen Sommernachmittag nach meinem Highschool-Examen bekam – nur wenige, kurze Wochen, bevor ich meine Heimatstadt Pittsburgh verließ und an der Wake Forest University mein Studium begann, an diesem schönen Backstein-College in North Carolina, das ich in einem College-Katalog entdeckt hatte und das mir ein großzügiges Stipendium gewährte. Der Brief enthielt alle möglichen wichtigen Unterlagen zu Curriculum, Unterbringung und Orientierung. Und mir wurde endlich mitgeteilt, mit wem ich das Zimmer im Wohnheim teilen würde. Ihr Name stand säuberlich getippt da: Margaret «Margot» Elizabeth Hollinger Graham. Ich studierte den Namen, die Adresse und die Telefonnummer in Atlanta, Georgia, und war eingeschüchtert und beeindruckt. Alle Schüler in meiner öffentlichen Highschool hatten alltägliche Namen wie Kim und Jen und Amy. Ich kannte niemanden mit Namen Margot (besonders dieses stumme t am Ende haute mich um), und ich kannte erst recht niemanden mit drei Vornamen. Ganz sicher wäre Margot aus Atlanta eins der wunderschönen Mädchen in den Hochglanzbroschüren von Wake Forest, die, wenn sie den Footballspielen zusahen, Perlenohrringe und geblümte Laura-Ashley-Sommerkleider trugen. (Ich trug zu solchen Gelegenheiten immer nur Jeans und Kapuzen-Sweatshirts.) Ich war sicher, dass sie einen festen Freund hatte, und stellte mir vor, dass sie ihn zum Semesterende eiskalt abservieren und sich einen dieser langgliedrigen, barfüßigen Jungen aus denselben Broschüren nehmen würde, die griechische Buchstaben auf dem Shirt trugen und auf dem Campus Frisbee spielten.
    Ich weiß noch, wie ich mit diesem Brief ins Haus rannte, um Suzanne die Neuigkeit zu erzählen. Suzanne studierte an der Penn State University und war wohlbewandert, was Mitbewohnerinnen anging. Sie war in ihrem Zimmer und gerade dabei, eine dicke Schicht blaumetallicfarbenen Eyeliner aufzutragen. «Wanted Dead or Alive» von Bon Jovi lief in ihrem Ghettoblaster.
    Ich las Margots vollen Namen laut vor. Ich versuchte, dabei den Akzent aus Magnolien aus Stahl nachzuahmen, dem Film, der mir eine Vorstellung davon gegeben hatte, wie es in den Südstaaten zugeht. Ich sagte dann noch irgendwas von weißen Säulen, Scarlett O’Hara und Dienstboten. Ich wollte witzig sein, aber ich hatte doch auch die jähe Befürchtung, ich könnte mir das falsche College ausgesucht haben. Ich hätte mich wie alle meine Freundinnen mit Pitt oder Penn State begnügen sollen. Jetzt würde ich ein Fisch auf dem Trockenen sein, ein Yankee in der Fremde.
    Ich sah zu, wie Suzanne von ihrem Spiegel zurücktrat, der leicht schräg an der Wand lehnte, um den Freshman-Speck, den sie noch nicht wieder losgeworden war, weniger augenfällig erscheinen zu lassen. «Dein Akzent ist beschissen, Ellen. Du klingst wie jemand aus England, nicht aus Atlanta … Und, mein Gott, wie wär’s denn, wenn du dem Mädel eine Chance gibst? Was ist denn, wenn sie annimmt, du bist ein Steel Town Girl ohne jedes Modebewusstsein?» Sie lachte. «Ach so, ja, dann hätte sie natürlich recht!»
    «Sehr komisch», sagte ich, aber ich musste wider Willen lächeln. Seltsamerweise fand ich meine launische Schwester am liebenswertesten, wenn sie über mich herzog.
    Suzanne lachte immer noch, während sie ihre Kassette zurückspulte und grölte: «I walked these streets, a loaded six-string on my back!» Mitten in der Strophe brach sie ab und sagte: «Aber im Ernst – dieses Mädel könnte zum Beispiel eine Farmerstochter sein. Was weißt denn du? Und so oder so, vielleicht wirst du sie wirklich gernhaben.»
    «Haben Farmerstöchter üblicherweise vier Namen?», höhnte ich.
    «Kann man nie wissen», sagte Suzanne im Ton der weisen großen Schwester. «Kann man einfach nie wissen.»
    Aber mein Misstrauen schien sich zu bestätigen, als ich ein paar Tage später einen Brief von Margot bekam, in einer perfekten, erwachsenen Handschrift auf pinkfarbenem Briefpapier. Ihr geprägtes, silbernes Monogramm war kunstvoll kursiv gestaltet, das G des Nachnamens ein bisschen größer und flankiert von M und H . Ich fragte mich, welche reiche Tante wohl gekränkt war, weil sie das E weggelassen hatte. Der Tonfall war überschwänglich (insgesamt acht Ausrufungszeichen), aber zugleich auch seltsam geschäftsmäßig. Sie könne es nicht erwarten, mich kennenzulernen, schrieb sie. Sie habe ein paarmal versucht, mich anzurufen, aber sie habe mich
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