Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Maedchenmoerder Ein Liebesroman

Titel: Maedchenmoerder Ein Liebesroman
Autoren: Thea Dorn
Vom Netzwerk:
Gespensterschreiberin darüber zu spekulieren, ob Vincent van Gogh sich nun für einen Stier, einen Torero oder beides zugleich gehalten hat. Und ich bin sicher, sie würde mich nicht anbrüllen, dass sie meinen »Bildungsscheiß« nicht mehr ertragen könne, so wie Du es in jener Nacht getan hast.
    Was hattest Du auf den acht-, neunhundert oder gar tausend Kilometern, die wir von Sevilla gen Norden gerast sind, denn sonst so Wichtiges zu überlegen? Wie Du mich am besten loswirst?

Lieber David!
    Verzeih. Ich bin verwirrt. In Wahrheit bin ich auf dieser endlosen Fahrt mindestens so angespannt gewesen wie Du. Auch wenn ich in La Mancha noch mit Dir gelacht habe, weil nun nicht mehr die Magermodels, » las modelos ultra flacas «, die Hauptmeldung gewesen sind (so wie noch bei unserem ersten Tank- und Fernsehstopp, bei dem Du so wütend geworden bist), sondern » la matadora matada « - »die getötete Töterin«.
    Von Halt zu Halt dämmerte mir jedoch mehr, was für einen Medienirrsinn wir losgetreten hatten. Und da habe ich mich dafür verflucht, Dich zu dieser Tat angestachelt zu haben. Da konnte ich nicht mehr darüber lachen, dass bis zu unserem Stopp bei Madrid alle glaubten, Carla Rincón sei von einem fanatischen Tierschützer umgebracht worden …
    Und ich glaube Dir auch nicht, dass Dich das neue »Jagdgefühl« nur berauscht hat. Insgeheim muss es Dir dieselbe Angst gemacht haben wie mir. Warum sonst bist du - anders als die Tage zuvor - jedes Mal vom Gaspedal gegangen, sobald ein Fahrzeug der Guardia Civil vor uns aufgetaucht ist?
    Ich weiß nicht mehr, bei welchem Halt es gewesen ist, dass sie die erste Verbindung zwischen » la matadora matada « und » el monstruo alemán « hergestellt hatten. Waren wir schon in dieser einsamen Canyonlandschaft gewesen, die mich noch mehr als die Berge hinterm »Katzenkap« an Amerika erinnerte? Und war die schmutzige Gestalt im Fernsehen, der die Reporterin ihr Mikrofon hinhielt, tatsächlich einer der beiden Penner gewesen, die wir aufgescheucht hatten?
    Wärst Du damals noch bereit gewesen, für mich zu übersetzen, wüsste ich jetzt, ob der Penner tatsächlich erzählt hat, dass er in der Nacht zuvor einen dunkelhaarigen Mann und ein ebenso dunkelhaariges Mädchen dabei beobachtet habe, wie sie eine bewusstlose Frau die Stufen zum Guadalquivir hinuntergetragen hätten.
     
     
    Wie naiv muss ich gewesen sein, als ich glaubte, Deine finstere Stimmung würde sich von selbst aufhellen, wenn ich nur lange genug den Mund hielt. Und wie habe ich jemals ernsthaft hoffen können, alles würde gut, bloß weil wir nicht länger durch Spanien irren, sondern in die Pyrenäen zurückkehren würden?
     
     
    Bis heute verstehe ich nicht, was dann passiert ist. Es schmerzt mich so, dass ich am liebsten schon wieder nach der Rasierklinge greifen würde. Hätten wir noch eine Chance gehabt? War ich es, die durch ihren Übermut das Band zwischen uns endgültig zerschnitten hat?
     
     
    Hätte ich so wie Du in dieser Auberge am Fuße des Aubisque einfach zwölf Stunden schlafen sollen? Aber ich bin viel zu überdreht gewesen, um auch nur ein Auge zuzubekommen. In mir tobte noch immer das Adrenalin, das mir oben, auf diesem Grenzpass zurück nach Frankreich, ins Blut geschossen war, weil ich jede Sekunde damit gerechnet hatte, die Guardia Civil würde doch noch aus den Wolken auftauchen und uns verhaften. Ich war so glücklich, endlich wieder in Frankreich zu sein, wo man keinen Ausweis brauchte, um in einer kleinen, billigen Auberge ein Nickerchen zu machen. Ich war so glücklich, dass es uns gelungen war, den Spaniern trotz ihrer Kontroll- und Überwachungsmacke zu entfliehen.
     
    Vielleicht wäre alles anders gekommen, hätte ich in den Stunden, in denen Du geschlafen hast, meine Gedanken nicht so zügellos wandern lassen. Auch wenn zwischen uns und dem Vallée d’Ossoue bestimmt noch zwei, drei hohe Pässe lagen, konnte ich die Gegenwart unserer Hermana deutlich spüren. Es begann mich zu stören, dass sie unentdeckt im Wald herumlag. Ich stellte mir vor, wie es wäre, sie richtig zu bestatten. Ich musste an den schönen, einsamen Friedhof denken, an dem wir in dem Gebirge zwischen Marbella und Sevilla vorbeigekommen waren. In diesen weißen Begräbniswänden hatte es noch so viele leere Fächer gegeben. Auch wenn mir klar war, dass wir unmöglich dorthin zurückkehren konnten, ging mir das Bild einer Bestattung nicht mehr aus dem Kopf. Auf einmal erschien es mir schäbig, dass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher