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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Frischgemüse gäbe … es war unmöglich, auch nur einen Schritt vor die eigene Tür zu setzen. Die Umwelt klebte wie Blutegel an Monikas Körper und ließ nicht eher los, als bis sie sich vollgesogen hatte mit dem Wissen, so hat es in Wildmoor ausgesehen, und der Befriedigung: Sie ist verstört, wenn sie darüber spricht!
    Nach wenigen Stunden war Monika Busse soweit, daß sie weinend im Zimmer saß und zu ihren Eltern sagte: »Ich möchte wieder zurück ins Moor! Diese Welt hier ist ja eine Hölle!«
    Vater Busse begleitete Monika in das kleine Hotel. Er sah, wie die Nachbarn hinter den Gardinen standen, er sah die Gesichter durch die Fensterscheiben der Geschäfte, und er biß die Zähne zusammen und stieg mit Monika in Dr. Spieß' Wagen.
    »Wir werden wegziehen!« sagte er, als sie durch die Stadt fuhren. »Ich habe mir schon die andere Wohnung angesehen … genau am anderen Ende der Stadt. Da kennt uns keiner. Und wenn einer wieder davon anfängt, dem schlage ich den Schädel ein!«
    »Das wäre ganz falsch. Darauf warten sie ja bloß.« Dr. Spieß schüttelte den Kopf. »Lächeln, Schwiegerpapa. Nur lächeln, und sie ansehen, als ständen sie nackt vor dir. Nichts verletzt mehr, als einen Menschen anzulächeln, daß er das Gefühl hat, ein Harlekin zu sein. Die Menschen sind nun einmal so – wenn sie sich gegenseitig zerfleischen können, schwimmen sie im Glücksgefühl! Gemeinheit ist ihr Brot, Niedertracht ihre tägliche Suppe. Ich sehe es täglich in der Praxis: Wer den Menschen wirklich kennt, hat die Sehnsucht, ein Tier zu sein –«
    »Und trotzdem ziehen wir um!« sagte Hans Busse laut. »Ich habe mir schon immer eine andere, modernere Wohnung gewünscht. Wofür arbeitet man sich denn krumm, was?« Er tätschelte Monikas Hand und spürte, wie kalt sie war. »Und wenn ihr erst verheiratet seid –«
    »In vier Wochen!« sagte Dr. Spieß.
    »Schon?«
    »Ja. Ich habe keine Lust, Monika zu verstecken, nur weil die Umwelt vor Borniertheit stinkt und die Nase hochträgt. Wir alle sind nicht besser als unser Nachbar – wir haben nur das Glück, raffinierter zu sein!«
    Noch einmal spielte sich vor dem großen Tor des Gutes Wildmoor ein lautstarkes Drama ab. Es war kurz vor dem Einbruch des neuen Winters, Schneeluft wehte schon übers Moor, der Himmel hing schwer über den Birken und Weiden, die Sonne schwamm wie in Milch. Einen Tag, von dem man erwartete, daß er aufbrach wie eine reife Frucht und weiße Flocken über das Land schüttete.
    Hilde Marchinski war entlassen worden. Offiziell, mit allen dazu gehörenden Papieren, weil ihre Zeit abgesessen war. Geändert hatte sich allerdings nichts. Nachdem Dr. Schmidt sie mit der üblichen Abschiedsrede entlassen hatte, band sie ihre Schürze wieder um, ergriff den Schrubber und ging hinüber in die Privatwohnung des Regierungsrates, um weiter zu putzen. Ihre Entlassung aus Wildmoor war nur eine Formalität, die als ausgeführt gemeldet wurde. Für Hilde Marchinski war das Gut ihre herrliche Welt geworden. Wenn es gelang, daß ein Moorbauer sich in sie verliebte, und das war möglich, denn nun konnte sie sonntags zum Tanz gehen und den an Einsamkeit gewöhnten Männern zeigen, was eine rothaarige Schönheit ist, würde das Moor ihr Paradies werden, aus dem sie niemand mehr vertreiben konnte.
    Völlig anderer Ansicht waren allerdings Lotte Marchinski und Pfeifen-Willi.
    Am Tage nach Hildes Entlassung standen sie gemeinsam vor dem Tor von Gut Wildmoor und begehrten Einlaß, um ihre liebe Hilde abzuholen.
    Julie Spange rannte mit entsetzten Augen zu Dr. Schmidt.
    »Ich verhandle mit dieser Frau nicht mehr. Ich vergesse mich! Dieses ordinäre Frauenzimmer! Herr Regierungsrat – machen Sie ihr klar, was Hilde möchte! Ich kann das nicht!«
    »Lassen Sie mich gehen, Chef.« Hilde Marchinski band ihre Schürze ab und schüttelte ihre herrlichen roten Haare. Sie bleckte die Zähne dabei, und Dr. Schmidt erkannte mit einem eisigen Stich in der Brust, daß man ein Raubtier zwar zähmen, aber nicht die Wildheit in ihm abtöten kann. »Ich werde es ihr begreiflich machen.«
    »Keine Dummheiten, Hilde!« Dr. Schmidt schüttelte den Kopf. »Nein! Ich gehe besser zu deiner Mutter!«
    »Ich bin jetzt frei, Chef.« Hilde Marchinski sah Dr. Schmidt ernst an. »Ich werde doch allein stark genug sein, mich zu verteidigen! Wäre ich das nicht, was hätte Wildmoor dann genützt –?«
    »Da ist se!« sagte Pfeifen-Willi, als er Hilde über den Hof gehen sah. »Verdammt nochmal, ist
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