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Madonna, ein Blonder!

Madonna, ein Blonder!

Titel: Madonna, ein Blonder!
Autoren: M Zöller
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Das Laken, unter dem ich liege, ist auf allen Seiten fest unter die Matratze gestopft, ich bin fixiert wie ein Brief in einem Umschlag. Die Italiener waren doch auch alle mal Embryos. Wieso wissen die nicht, wie gemütlich es ist, sich in eine Decke gewickelt zusammenzurollen?
    Ich aber werfe mich von einer Bettseite zur anderen wie ein Skateboardfahrer in der Halfpipe, bis endlich das unter die Matratze geklemmte, wenn nicht gar angetackerte, angenagelte oder angeschraubte Leintuch seinen Widerstand aufgibt. Erleichtert ziehe ich es an mich und kuschle mich hinein. Nur dass dann diese kratzige Wolldecke, die obendrauf lag, herunterfällt. Ich stehe auf und sortiere alles neu.
    Als es so einigermaßen bequem ist, dröhnt mit einem sportlichen Geräusch unten auf der Straße ein Motorino vorbei. Die Ahnung wird zur Gewissheit: Um den Lärm in Rom zu überstehen, muss man seine Gewohnheiten im Umgang mit Ohropax offenbar verändern– das heißt, man muss sie nicht nur gelegentlich benutzen, sondern sie vielmehr nur gelegentlich wieder herausnehmen. Etwa zum Telefonieren oder wenn es die Höflichkeit während eines Gesprächs zwingend erforderlich macht. Ansonsten empfiehlt es sich, die Ohrstöpsel 24 Stunden pro Tag zu tragen.
    Irgendwann muss ich trotz aller Widrigkeiten eingeschlafen sein und wache erst auf, als der Notarztwagen durch meine Wohnung fährt und knapp vor meinem Bett zum Stehen kommt. So hört es sich zumindest an.
    Nachdem ich mich gegen Morgen endgültig aus dem Bett gequält habe, bestätigt mir der Spiegel im Bad die Leiden der ersten Nacht in Rom: Mein Gesicht sieht ähnlich verwüstet aus wie mein zerwühltes Bett.
    Immerhin strahlt die Morgensonne versöhnlich herab auf die Terrasse: Gegenüber arbeitet der Nachbar wie gestern auf seinem wunderschön bepflanzten Balkon, darunter hängt eine Frau eine Ladung Buntwäsche auf die Wäscheleine, wobei Socken und Unterhosen einen Schatten auf die ockerfarbene Hauswand werfen. Schon das allein ist italienische Postkartenidylle pur.
    Was jetzt fehlt, ist ein Cappuccino, aber keiner aus dem » I Soliti Ignoti«. Ich will zu der Bar, die mir dieser Dino gestern auf der Straße empfohlen hat. Wenn ich mich recht erinnere, steht er dort selbst hinter der Theke.
    Nach gut drei Minuten Hundehaufenhindernislauf die Straße hinab, entdecke ich das » Papagallo« an der Ecke einer großen Kreuzung, auf der der Verkehr eigentlich durch Ampeln geregelt wird. Da jedoch kaum jemand die Ampelzeichen zu beachten scheint, herrscht ein hupendes Durcheinander. Angesichts der Aussicht, ohnehin nicht voranzukommen, haben einige Fahrer ihre Autos einfach an die Seite gelenkt, die Warnblinkanlage angeschaltet und es sich offenbar in der Kaffeebar gemütlich gemacht, die das gesamte Untergeschoss eines halbrunden Gebäudes einnimmt.
    Die Fassade ist in einem warmen Rot gehalten, von dem sich in goldener Schreibschrift der Schriftzug » Il Papagallo« abhebt. Die Bar sieht großartig und irgendwie sogar elegant aus. Und weil die Wände komplett verglast sind, kann man von außen den Trubel drinnen beobachten und von drinnen das Verkehrschaos auf der Straße im Auge behalten. Praktisch für die genervten Autofahrer, die hier eine kleine Pause einlegen.
    Gespannt trete ich ein. Vor mir sehe ich einen gewaltigen Tresen, ein großes L, dessen kürzere Seite verglast ist und wo klebrige Teilchen und trockene Plätzchen in mehreren Etagen zur Schau gestellt werden. Das soll Frühstück sein?
    Ganz oben zwei Dutzend Sorten Minisüßkram, etwa Mürbeteigschalen mit Vanillecreme, garniert mit einer Walderdbeere und einem Minzblatt, oder wannenartige Kekse, überbordend gefüllt mit Schokocreme, und hauchdünne Schokoröhren mit süßem Ricotta. In der Mitte dann die cornetti : kleine Hörnchen, mittlere Hörnchen, große Hörnchen, Hörnchen mit Schokofüllung, Hörnchen mit Vanillefüllung, Hörnchen mit Marmeladenfüllung, Hörchen mit Zuckerglasur, Hörnchen ohne Zuckerglasur, Hörnchen mit Zuckerstreuseln.
    Schließlich in der unteren Etage entdecke ich– gottlob!– doch noch salzige Leckereien, die man sich auf einem deutschen Frühstückstisch eher vorstellen könnte als das süße Zeug: üppig belegte Panini mit hauchdünn geschnittener Salami, mit Rucola und in Scheiben geschnittenem Mozzarella, gewaltige dreieckige Tramezzini, gefüllt mit Thunfisch und Artischocken, oder Toastquadrate, aus denen Tomaten-, Schinken- und Käsescheiben quellen.
    Es ist die Ankunft im
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