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Madonna, ein Blonder!

Madonna, ein Blonder!

Titel: Madonna, ein Blonder!
Autoren: M Zöller
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erweisen, wie speziell der Preis tatsächlich ist.
    » Fiffti Juro, grazie, tänk ju.« Er klingt sehr bestimmt, als sei es so ausgemacht gewesen. Und das » tänk ju« fühlt sich ähnlich freundlich an wie ein Messer am Hals.
    Hallo? 50 Euro?
    Ich bin deutlich irritiert, während er so entspannt dreinschaut, als hätte er lediglich » Zwei mal zwei ist vier!« gesagt.
    Ich starre ihn an, er starrt zurück. Ich komme mir vor wie in der Schule, als wir spielten » Wer als Erster blinzelt, hat verloren!«. Aber ich verspüre jetzt keine Lust auf irgendwelche Spielchen. Ich war die ganze Nacht unterwegs, habe schlecht geschlafen, finde es furchtbar heiß und werde zu allem Überfluss schon nach einer halben Stunde in Rom nach Strich und Faden betrogen.
    Ich denke an Amadeos Warnung. Ja verdammt, vielleicht hat er recht. Meine Haare prädestinieren mich anscheinend dazu, dass Taxifahrer sich auf mich stürzen wie gierige Löwen auf eine Antilope.
    Dann passiert etwas Unerwartetes: Der Taxifahrer nuschelt wieder irgendwas von cazzo, geht zum Kofferraum und öffnet ihn. Dann hebt er Ulis Fresskorb, der schon ausgeladen auf dem Bürgersteig stand, wieder hoch und stellt ihn in seinen Wagen zurück. Er schlägt die Klappe zu: » Twentifaiffe Juro, tänk ju!«
    Verstehe ich das richtig? Er lässt sich auf 25 Euro herunterhandeln, wenn er meinen Fresskorb behalten darf?
    Ein schlechtes Gewissen gegenüber Uli plagt mich nur kurz. Dann krame ich meinen Geldbeutel heraus und halte meinem Fahrer 25 Euro hin. Soll er sich doch die fränkische Leberwurst aus der Dose schmecken lassen!
    Zwar scheint das jetzt nicht ganz seinen Erwartungen zu entsprechen, aber wer hat denn bitte den Handel vorgeschlagen?
    Eben.
    » Che cazzo!« Der Pseudotaxler nimmt die 25 Euro, schwingt sich hinters Steuer und braust davon.
    Einen Moment stehe ich unschlüssig auf der Straße. Rom ist anscheinend wirklich ein Abenteuerspielplatz für Erwachsene. Zumal für blonde.
    » Und, was hast du gezahlt?« Da ist er wieder, der weißhaarige Passant, der mich eben gestenreich durch das Autofenster warnen wollte.
    Ich gebe ihm eine Kurzzusammenfassung des gerade Erlebten. Um nicht als völlig naiv dazustehen, greife ich zu einer Notlüge, behaupte, ich hätte nur 15 Euro gezahlt und die Fahrt klasse gefunden.
    Der Passant hält wieder den Zeigefinger unters Augenlid: » Occhio! Augen auf! An jeder Ecke wollen sie dich reinlegen.«
    » Hier auch?« Ich schaue mich besorgt um. » Ich wohne nämlich in Zukunft hier!« Soweit ich mein Stadtviertel bisher beurteilen kann, wird es zwar nicht in Kunstführern erwähnt, macht aber einen ganz ordentlichen Eindruck.
    Der Passant beruhigt mich. Das hier sei ein » quartiere buono«, sagt er, ein gutes Viertel.
    Er legt seine Hand auf meine Schulter und schaut mir freundlich in die Augen: » Das Beste im Viertel befindet sich dort vorne. Da arbeite ich. Ich bin Barista, Barmann im ›Papagallo‹.«
    Ich nicke ahnungsvoll. So fit sind meine Synapsen mittlerweile wieder, dass mir klar ist, dass es sich bei diesem » Papagallo« kaum um ein Fachgeschäft für Papageien, sondern um eine von Zehntausenden Kaffeebars in Rom handeln dürfte.
    Er gibt mir die Hand: » Ich heiße Dino.« Dann nickt er mit dem Kinn abfällig in Richtung » I Soliti Ignoti«: » Was willst du denn in dieser Bar?«
    Ich erzähle ihm von meinem Vermieter und dem hinterlegten Schlüssel.
    » Hm, das ›I Soliti Ignoti‹ ist keine gute Bar. Massimo, der Barista, ist ein stronzo «, womit er eine Charakterisierung meint, die im Deutschen mit dem Buchstaben A beginnt und nicht gerade als feine Ausdrucksweise gilt.
    Wir verabschieden uns, ich verspreche, ihn bald in diesem » Papagallo« besuchen zu kommen. Nach ein paar Schritten dreht sich Dino noch einmal um und hält wieder den Zeigefinger unters Augenlid . » Stai attento, biondo« – pass auf, Blonder!
    Erst Amadeo, jetzt Dino. Warum nur machen sich alle völlig unbegründete Sorgen um mich?

Casa mia! Mein neues Zuhause
    Ein paar Minuten später weiß ich, warum das » I Soliti Ignoti« keine gute Bar ist. Der Cappuccino, mein erster in Rom, kann diesem historischen Moment nicht gerecht werden, viel zu viel Kakao und schnell zerplatzender Milchschaum und insgesamt kaum besser als in vielen ostfriesischen Tankstellen.
    Aber was erheblich schlimmer ist: Massimo, so heißt der Barista, überreicht mir zwar meinen Haustürschlüssel, verlangt aber für den Cappuccino stolze 5 Euro, weil ich ihn im
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