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Madonna, ein Blonder!

Madonna, ein Blonder!

Titel: Madonna, ein Blonder!
Autoren: M Zöller
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zwei Meter weiter auf dem Bahnsteig. Es scheppert. Das war’s dann wohl mit Ulis Abschiedsgeschenk.
    Ein Heer von Beinen steigt über mich und meine im weiteren Umkreis verstreuten Sachen hinweg. Das fängt ja gut an.
    Von oben höre ich eine Stimme.
    » Elpe?«
    Es ist ein Mann, etwa 60 Jahre alt, schwarzer Schnurrbart, schwarzer Scheitel, ein kanarienvogelgelbes Hemd. In der Hand hält er einen gewaltigen Schlüsselbund, den er durch die Finger gleiten lässt.
    » Elpe?«
    Er bückt sich zu mir herunter und zieht mich an der Schulter hoch.
    » Grazie«, sage ich.
    Der Mann sagt erst nichts, dann stößt er » Taxi?« hervor. Er sagt das leise zischend und schiebt einen neuen Schlüssel zwischen Daumen und Zeigefinger. Er kann das wirklich beeindruckend schnell.
    » Taxi?«, frage ich nach.
    Er, wieder zischend und bereits einen Schlüssel weiter: » Yess-e!«
    Ich überlege. Sympathisch sieht er nicht gerade aus. Eher wie ein Statist aus der Sendung Nepper, Schlepper, Bauernfänger.
    Von der Seite spricht mich jetzt eine weitere Stimme an.
    » Alles in Ordnung-e?« » Giovanna plus 20 Jahre«, die junge Frau von » Huber-Reisen«. Sie reicht mir den in zwei Stücke zerbrochenen Maßkrug und lächelt mich ziemlich nett an, obwohl ich ungewaschen und unrasiert bin. Sie spricht deutsch mit charmantem italienischem Singsang. Nur leider sagt sie jetzt viel zu schnell » Mach’s gut-e!« und dreht sich zu einem Ehepaar um, das aus meiner Waggontür steigt und ganz offensichtlich zu den » Huber-Reisen«-Touristen gehört.
    Ganz schön aufregend hier. Zu aufregend für meinen Geschmack. Nach der langen Nachtzugfahrt sind meine Synapsen noch nicht wirklich fit.
    Jetzt setzt der Mann mit dem kanariengelben Hemd wieder an. » Taxi?« Der zischende Ton wird fordernder, immer schneller dreht er die Schlüssel seines Bundes in der Hand. Wenn es in dieser Disziplin einen Wettkampf gäbe, wäre er auf alle Fälle Weltmeister.
    Ich nicke ihm zu. » Okay, na gut, Taxi.«
    Mein Taxifahrer in dem knallgelben Hemd nickt befriedigt und geht zügig voraus: » Kam-e iere!« Wie bitte? Ach so: Komm hier lang, meint er.
    Wir treten auf den Bahnhofsplatz: Der Himmel über Rom ist bis auf die weißen Möwen, die ihn durchqueren, stahlblau, auf den Busparkplatz fällt der Schatten hoher Pinien und auf der Straße sehe ich ein gutes Dutzend Motorini, die brummend die Autos überholen.
    Es sieht aus wie ein gewaltiger Abenteuerspielplatz für Erwachsene– und wird in Zukunft meiner sein!
    Ich denke an Amadeos Warnung: » Martino, Martino, isch sage dir-e, Roma ist-e eine super-e Stadt-e, aber-e für disch– mit dein-e blond-e Gemus-e auf dem Kopf…«
    So ein Quatsch. Super hier.
    Die Stimme des Taxifahrers reißt mich aus meinen Gedanken. » Kam-e iere«, ruft er erneut und winkt in eine Richtung, wo überhaupt keine Taxen stehen.
    » Aber…«
    » Kam-e iere!«
    In einer Seitenstraße bleiben wir vor einem silbernen Mercedes-Kombi, Baujahr ungefähr 1993, stehen. Es gibt kaum eine Stelle, an der sich keine Beulen und keine Kratzer befinden.
    » Taxi«, sagt er und deutet zufrieden mit dem Kinn auf das Auto. Was soll daran denn bitte schön ein Taxi sein? Es ist weder ockerfarben wie in München, gelb wie in New York noch schwarz wie in London, sondern einfach nur silbergrau verdreckt.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies die römische Taxifarbe sein soll. Und vor allem fehlt das Schild auf dem Dach.
    » Scusi«, radebreche ich, » sind Sie sich sicher, dass das ein Taxi ist?«
    Er klopft mir beruhigend auf die Schulter: » Taxi? Yess-e!«, und öffnet einladend die Beifahrertür: » Special price, privat-e Taxi!«
    Ein privates Taxi mit Spezialpreis.
    Das kann ja was werden. Einerseits bringe ich weder die geistige noch die körperliche Frische auf, mich jetzt nach Alternativen umzusehen, doch andererseits versinke ich allein bei dem Gedanken an Amadeo und Uli im Boden. Seit kaum 15 Minuten in Rom angekommen, werde ich schon von einem Pseudotaxifahrer abgeschleppt.
    Müde seufze ich » Okay!« und lasse mich gottergeben auf den Beifahrersitz fallen. Wenn jetzt ein Unfall passiert, werden bei meiner Beerdigung alle nur den Kopf schütteln. » Wie konnte der Idiot bloß zu irgendeinem Typen ins Auto steigen?«
    Ich reiche dem angeblichen Taxifahrer den Zettel mit der Adresse einer Kaffeebar, die » I Soliti Ignoti« heißt. Sie muss irgendwo in der Gegend des Petersdoms sein. Dort, so hat mir mein Vermieter Luca geschrieben, habe er
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