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Rosentod: Thriller (German Edition)

Rosentod: Thriller (German Edition)

Titel: Rosentod: Thriller (German Edition)
Autoren: Hans-Peter Vertacnik
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1

LEBEN
    „Uns vergiftet das nicht Aufgebrauchte“
    (Bert Brecht: Baal)
    Statt unschuldigem Weiß überall nur Nässe und Dreck.
    Innsbruck, drei Tage nach Beginn des neuen Jahrs.
    Ein letzter Hauch von Schnee taut am Goldenen Dachl. Selbst die Nordkette verliert Stunde um Stunde mehr von ihrem prachtvollen Winterschmuck.
    Zwischen dem Häusergewirr und dem Fluss unerwartet spärlicher Verkehr und alle Ampeln auf grün. Vorbei an der Innbrücke geht es schnurgerade stadtauswärts. Der Fahrer des schwarzen Geländewagens prügelt sein Fahrzeug über die Straße, als sei er auf der Flucht. Dem Jeep ist anzusehen, dass er längere Zeit hindurch auf morastigen Wegen unterwegs gewesen war, weit abseits jeglicher Zivilisation. Verdreckter Lack, schmutzige Radkästen, verschmierte Kennzeichentafeln. Schade um das gute Stück.
    Ruhig liegen die Hände des Lenkers am Steuer. Wohlgeratene, gepflegte Hände. Auf dem Beifahrersitz ein lachsfarbener Damenschlüpfer. Zerknüllt. Das Ding zu klauen war diesmal riskanter gewesen als gewohnt, gesteht er sich ein. Es erregt ihn, wenn er an das dünne Stück Stoff denkt. Am liebsten würde er immerzu daran schnuppern. Von Minute zu Minute wird seine Unruhe größer.
    Zur Autobahn in Richtung Salzburg geht es nach rechts. Der in blauem Grundton gehaltene Wegweiser A12 ist nicht zu übersehen. Aus dem Radio guter, erdiger Rock’n’Roll.
    Als der Fahrer den schweren Wagen in eine langgezogene Kurve zwingt, bricht das Heck aus. Routiniert fängt er das Fahrzeug ab und stellt die Musik so laut, dass sie das Quietschen der Reifen übertönt. Eine fünfstündige Fahrt vor Augen, hat er nicht vor, sich oder dem Auto etwas zu schenken.
    Plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, eine schlanke Gestalt an der Leitplanke. Lange, schwarze Locken. Sie hält mit einer Hand ein Schild vor der Brust. Mit der anderen winkt sie ihm zu.
    Bremsen!
    Das schwarze Monstrum hinterlässt dicke Gummispuren auf dem nassen Asphalt, als es mit blockierenden Rädern anhält. Flink greift der Fahrer nach dem Höschen und lässt es im Handschuhfach verschwinden. Das intime Wäschestück liegt jetzt neben den Handschellen und dem Lieblingsmesser, das er vorwiegend zum Ausnehmen von Fischen verwendet.
    Die Autostopperin ist jung, hat rehbraune Augen. Der lange, dunkelbraune Mantel kann ihre sanften Rundungen kaum verbergen. Sie sollte besser von ihm wegbleiben. Weit weg, schießt es dem Mann im Jeep durch den Kopf, aber die Kleine ahnt nichts von seinen Gedanken und kommt rasch näher.
    Ob er sie nach Salzburg mitnehmen könne, fragt sie.
    Der Lenker nickt. Ein netter Zufall. So wird aus Träumen Wirklichkeit.
    Dankbar klettert das Mädel auf den Beifahrersitz, zieht den Mantel aus, streicht sich durchs Haar und mustert ihn mit unsicherem Lächeln. Zufrieden umfasst seine Hand den Schalthebel, streichelt ihn, er schaut der jungen Frau ganz tief in die Augen und grinst.
    Auf jeden Fall muss er jetzt erst einmal weg hier. Ein herrischer Druck aufs Gaspedal. Mit triumphierendem Heulen nimmt der Wagen Fahrt auf. Noch ein paar kurze, hektische Signale mit dem linken Blinker, ein hastiges Einordnen auf der Richtungsfahrbahn, und los geht’s.
    Einen Moment lang hört man nur noch das Motorengeräusch. Dann setzt ein Föhnsturm ein und heult und orgelt durchs enge Inntal. Gegen das Gebirge des Wilden Kaisers stauen sich dichte Wolken.
    Als der Jeep die bayrische Grenze erreicht, beginnt es stark zu regnen.
    ***
    Deutschland. Alte Heimat.
    Ist man von einem Ort erst einmal mit dem Vorsatz weggegangen, nicht mehr zurückzukehren, ergeht es einem wie mit einer alten Liebe. Man erinnert sich bloß noch an das Positive, wünscht sich das Verlorene zurück und ist doch nur leise enttäuscht, wenn man dem Verflossenen unverhofft wieder gegenübersteht.
    Trauerweiden als Anhaltspunkte. Dort, wo sie ihren Platz behaupten, endet der Friedhof, weiß Bezirksinspektorin Magistra Ulla Spärlich. Im Sommer bilden die Bäume an dieser Stelle eine dichte natürliche Barriere, welche die Toten sehr effektiv gegen das Leben da draußen abschirmt. Nicht so im Winter. Da sind die sonst so struppigen, grünblättrigen Gesellen bloß noch eine Reihe schwarzer Balken mit kahlem Geäst, die mühelos die Sicht auf die angrenzenden Straßen freigibt. Breite, dunkle Bänder fräsen sich dann in den Horizont, wie Mäander eines Flussdeltas, ohne Konturen ineinanderfließend im unwirklich fahlen Gegenlicht.
    Hagen, unweit von Dortmund. Für Ulla war das
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