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Made in Germany

Made in Germany

Titel: Made in Germany
Autoren: Kaya Yanar
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Dinge, die sind für mich so natürlich, selbstverständlich und existenziell, dass ich mir geschworen habe, niemals dafür zu bezahlen: Sex, Atmen und Hotelbademäntel.
    Sex hat für mich auch mit Romantik zu tun. Wenn mir eine Frau gefällt, möchte ich sie nicht mit 100 Euro überzeugen, sondern ich werbe ganz altmodisch um sie. Ich lade sie zum Essen ein, reserviere für uns Theaterkarten, oder ich gehe mit ihr am Mainufer spazieren und erkläre ihr die Sternbilder: „Guck mal, Süße: der Stern da oben, der ganz besonders hell funkelt – den habe ich nach dir benannt ... wie heißt du überhaupt?”

    Einmal war ich in eine Germanistin verliebt. Ich dachte mir: „Germanistinnen lesen gern.” Also habe ich in einem seitenlangen romantischen Liebesbrief meinen Herzenswunsch formuliert, den Umschlag mit Parfüm eingesprüht und ihn dann von einer weißen Taube direkt auf den Balkon der Angebeteten bringen lassen. Sie lehnte leider ab. Als ich sie fragte, warum, antwortete sie nur schnippisch: „›Fellatio‹ schreibt man mit zwei ›L‹, du Vollidiot!”
    Früher bin ich auch gern mit Mädels ins Kino gegangen. Die Chancen auf Körperkontakt stehen dort nicht schlecht: Es ist dunkel, man sitzt in bequemen, tiefen Polsterstühlen, und niemand schaut einem auf die Finger. Ich habe schon öfter mit Erfolg meine Hand auf dem Knie meiner Begleitung positioniert, während vorne auf der Leinwand Indiana Jones gerade die Welt rettete. Auf die Idee hatte mich mein Kumpel Francesco gebracht, der vielleicht weltbeste Kino-Lover überhaupt. Aber auch er ist nicht perfekt:

    Ich persönlich habe den Spaß am Kino mittlerweile etwas verloren. Ich schaue mir lieber in aller Ruhe zu Hause DVDs an. Natürlich wirken Filme im Kino imposanter
– aber nur, wenn sich der Rest der Zuschauer genauso rücksichtsvoll benimmt wie es sein sollte. Und das ist leider nie der Fall. Früher wurde ich nur von zu spät kommenden Kinobesuchern, knisternden Tüten oder rhythmisch wackelnden Sitzreihen gestört. Das letzte Mal habe ich mir im Kino Quentin Tarantinos Inglourious Basterds angeschaut.
    In der Reihe vor mir saß ein junger Türke. Sein Handy klingelte, und der Typ war sich nicht zu blöd, mitten im Film zu telefonieren, und das in voller Lautstärke: „Ja? – Ah, hallo, Murat! Alter, was geht? – Nö, du störst konkret gar nicht. – Was? Irgend so ein Film mit de schwule Til Schweiger! – Nein, nicht de Zweiohr-Katze oder de Dreiloch-Stute oder wie der heißt, sondern de andere – der mit de Bad Pritt ...”

    Ich tippte ihm auf die Schulter und sagte leise: „Ähm, sorry, aber du bist hier in einem Kino, und ...”
    Der Typ drehte sich um und blaffte mich an: „Ey, du Arschloch, was störst du? Siehst du nicht, dass ich telefoniere?”

    Seitdem bin ich Gold-Mitglied in meiner Stamm-Videothek!
    Es ist nicht so, dass ich überhaupt nicht mehr gern ausgehe. Aber bestimmte Sachen machen mir einfach keinen Spaß mehr. Zum Beispiel habe ich keine Lust mehr, am Samstagabend stundenlang vorm Kleiderschrank zu stehen und zu überlegen, was ich anziehen soll. Viele Frauen kennen das. Sie wollen ausgehen, kommen aber nicht weg, weil sie sich nicht entscheiden können, was sie anziehen:
    Das Cocktailkleid?
Der schwarze Minirock?
Oder doch der Jeans-Minirock?
Oder die Leinenhose?
Oder einfach eine Jeans?
Oben eng, unten weit?
Oder unten eng, oben weit?
Das schwarze T-Shirt?
Das blaue T-Shirt?
Das rote T-Shirt?
Oben ohne?
    Die ersten zwei Stunden sind rum, aber die schwierigste Etappe haben wir noch vor uns:
    Die schwarzen High Heels?
Oder die roten?
Oder die anderen roten?
Oder die anderen, anderen roten?
Stiefel?
Stiefeletten?
Sandalen?
Barfuß?
Skier?

    Und nach acht Stunden ist sie dann endlich ausgehfertig: Pettycoat, Werder-Bremen-Trikot, Rollschuhe. Leider ist bis dahin die Party vorbei.
    Früher war ich auch so, aber seit ich mein Ausgehverhalten umgestellt habe, brauche ich keine acht Stunden mehr, bis ich mich entschieden habe, was ich anziehe, sondern nur noch zwei Stunden. Ich muss mir ja auch nur noch eine Frage stellen: Die graue Kapuzenjacke oder die schwarze?
    Mittlerweile suche ich mir an Samstagabenden immer öfter privatere Veranstaltungen aus: Ich lade Freunde zu mir nach Hause ein. Ich gehe mit guten Freunden in ein schönes Restaurant essen. Oder ich gehe auf private Partys, auf denen ich die meisten Menschen kenne. Denen ist es egal, was ich anhabe, wie ich tanze und wer ich bin. Bei privaten
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