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Made in Germany

Made in Germany

Titel: Made in Germany
Autoren: Kaya Yanar
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Kiwis in ein Brillenetui zu quetschen. Ein Fall für Amnesty International. „Freedom for Kayas Sack!”
    TYP 3: die Boxershorts. Die Lieblingsunterhose aller Männer, die nicht gern leiden. Da hat der Sack Platz. Das Problem ist nur: Er hat zu viel Platz! Und den nutzt er! Es kann passieren, dass der Mann schon im Aufzug steht, und der Sack ist noch draußen! Man weiß nie, wo er sich gerade aufhält! Und ob er überhaupt noch da ist!

    Darum, liebe Frauen, machen wir Männer Sackchecken! Und das macht keinen Spaß! Entweder tut alles weh, oder wir greifen uns ständig in den Schritt und werden blöd angeguckt. Also jammert uns bloß nicht weiter die Ohren voll mit euren dusseligen Menstruationsbeschwerden!
    Hakan, Francesco, Ranjid und ich sind überzeugte Sackchecker. Und wir sind bis zum heutigen Tag die besten Freunde. Aber natürlich gibt es auch Krisen zwischen Freunden – Situationen, in denen eine Freundschaft auf eine harte Probe gestellt wird. So eine Krise kann verschiedene Gründe haben. Zum Beispiel, wenn der beste Freund einem die Freundin ausspannt. Eine ganz schwierige Situation. Was ist wichtiger: der beste Freund oder die Freundin? Die Frage war für uns vier leicht beantwortet, denn wir hatten keine Freundinnen!
    Wir mussten uns unsere Krisen selber machen. Wir haben uns gegenseitig Streiche gespielt. Es fing ganz harmlos an: Francesco hat Hakan Zahnpasta unter die Türklinke geschmiert, ich habe Ranjids Kuh Benytha mit dem Feuerzeug einen Kuhfurz angezündet, und Ranjid hat mir Currypulver in die Pickelcreme gemischt.
    Wir haben uns aber immer versöhnt, und danach waren wir noch bessere Freunde als vorher. Nur einmal haben wir es ein bisschen übertrieben – und Francesco ist uns heute noch ein bisschen böse: Wir waren in der achten Klasse auf Klassenfahrt in einer Jugendherberge. Nach einer Woche entschied sich Francesco zu duschen. Als Erster von uns. Den anderen hätte eine Dusche auch gutgetan, aber so ist das halt in der Pubertät: 13-jährige Jungs duschen nicht gern (außer in
der Fantasie, dann aber in der Gemeinschaftsdusche eines Mädcheninternats). Francesco aber sagte todesmutig: „Isse gehe dusche!”
    Das tat er auch – im Waschraum legte er seine Brille und alle Klamotten ab und stellte sich unter das Wasser. Hakan, Ranjid und ich flitzten hinterher, klauten ihm heimlich Kleidung und Brille und hauten ab. Wir waren damals schon so richtige Witzbolde! Herrlich!
    Zehn Minuten später stand Francesco im Gemeinschaftsraum der Jugendherberge, splitternackt, blind wie ein Maulwurf, und rief mit hochrotem Kopf: „Wo sind die Ärsche? Ich will sofort die Ärsche vor mir sehen!” Francesco sah zwar nichts, aber er wurde gesehen, nämlich von mindestens 80 Schülern, sieben Lehrern und einem Herbergsvater – nackt und nach Ärschen suchend! Und alle waren sich einig: „Der arme Kerl … so jung – und schon so schwul!”
    Natürlich war das ein Missverständnis! Francesco steht genauso wenig auf Männer, wie Frauen auf Francesco stehen! Und auch Hakan, Ranjid und ich sind definitiv heterosexuell. Aber es gab einmal einen Zeitpunkt in meinem Leben, an dem ich mir sagte: „Wenn es mit den Frauen schon nicht klappt, vielleicht klappt es ja mit den Männern?” Für pubertierende Jungs ist dieser Gedanke ganz normal, oder? Bitte sagt mir, dass der Gedanke ganz normal ist! Das geht allen so, stimmt’s? Bitte! Lasst mich nicht allein!
    Auf jeden Fall hatte ich diese Gedanken, und ich konnte mir das eine oder andere auch sehr gut vorstellen: Händchen halten, Augencreme benutzen, Titanic gucken – warum nicht? Aber an einer Vorstellung bin ich hängen geblieben, ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, sie Wirklichkeit werden zu lassen. Als
ich das feststellte, wusste ich: Ich bin nicht schwul! Denn ich kann es mir in meinen kühnsten Fantasien einfach nicht vorstellen, auf ABBA zu tanzen!
    Also doch Mädels! Ein Punkt, in dem wir vier Kumpels uns, wie gesagt, einig waren. Wir waren 14, 15 Jahre alt, und wir alle wollten unbedingt eine feste Freundin haben. Trotz Neurosen, Pickeln, Brillen und Komplexen glaubten wir fest daran, dass wir das schaffen könnten! Wir wollten endlich ein weibliches Wesen in den Armen halten! Also starteten wir einen Wettbewerb: Wer hat als Erster eine Freundin?
    Ich habe diesen Wettbewerb verloren. Haushoch. Selbst als Ranjid sich schon von der dritten Freundin getrennt hatte, war ich noch auf der Suche nach der Ersten. Und das lag nicht daran,
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