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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf
Autoren: Manfred Bomm
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Oskar, Wilhelm, Ida, Cäsar, Konrad – Kowick – dass diese Frau gestanden hat, sie und ihr Sohn seien gezwungen worden, eine Falschaussage zu machen.«
    Der Copilot griff sofort zu seinem Mikrofon. »Herr Kugler«, wandte er sich wieder an den Mann auf den Gleisen, »soeben erfahren wir, dass Sie unschuldig sind. Frau Kowick hat mitgeteilt, sie und ihr Sohn seien zu der Falschaussage gezwungen worden.«
    Kugler lehnte regungslos an dem desolaten Geländer neben der Betonböschung. »Herr Kugler«, wiederholte der Beamte, »haben Sie mich verstanden? Wenn Sie mich verstanden haben, dann heben Sie eine Hand.«
    Doch Kugler stand da, als könne er seinen Körper nicht mehr bewegen.

    Es war gelungen, im Stuttgarter Zoo, der Wilhelma, einen Tierpfleger ausfindig zu machen, der sich mit großen Schlangen auskannte. In einem Kleinbus der Stuttgarter Polizei wurde er mitsamt seinem Equipment auf die Alb gebracht.
    Nachdem ein Fachmann die ins Schloss gefallene Wohnungstür wieder geöffnet hatte, tastete sich der Schlangenexperte mit seinen Utensilien langsam durch die Diele zur Wohnzimmertür vor. Er öffnete sie vorsichtig, um zuerst durch einen schmalen Spalt hineinsehen zu können. »Sie liegt auf dem Sofa«, stellte er ruhig fest, um respektvoll anzumerken: »Ein ziemlich großes Exemplar.«
    Häberle wurde nur am Rand über diese Aktion informiert. Er selbst hatte sich mit Martinshorn und Blaulicht zur Geislinger Steige bringen lassen, wo sich gegenüber der nahezu senkrecht aufragenden Betonböschung eine Haltebucht befand. Dort hatte die Einsatzleitung bereits einen Rettungs- und einen Notarztwagen postieren lassen. Vorsorglich war auch die Straße nun in beiden Richtungen gesperrt worden.
    Noch immer erfüllte das Knattern des Helikopters die Luft. Unterdessen versuchten andere Kräfte, von oben über den bewaldeten Steilhang zu den Gleisen vorzudringen und sich auf Schotter und Schwellen dem Betondamm zu nähern.
    Häberle stand mit dem Geislinger Polizeirevierleiter Watzlaff neben dem blau-weißen Streifenwagen und sah hinauf, wo schätzungsweise 30 Meter über ihnen der Mann an dem verrosteten Geländer lehnte. Es war Kugler, da bestand für Häberle gar kein Zweifel. Er bat den Helikopterpiloten, etwas höher zu steigen, damit der Lärm erträglicher wurde. Häberle wollte sichergehen, dass Kugler die Lautsprecherdurchsage auch wirklich verstehen konnte.
    Häberle ließ sich von Watzlaff den Lautsprecher auf dem Dach des Streifenwagens einschalten und aktivierte per Knopfdruck das Mikrofon. »Hallo, Herr Kugler, hier spricht August Häberle. Es ist alles gut. Sie brauchen keine Angst mehr zu haben. Es gibt ein Geständnis von Frau Kowick …« Er wiederholte ruhig und deutlich, was der Copilot bereits gesagt hatte. Möglicherweise waren dessen Worte jedoch im Lärm des Hubschraubers untergegangen.
    Watzlaff tippte Häberle auf die Schulter und zeigte zu jener Stelle hinauf, an der die Gleise den bewaldeten Hang verließen und den Damm erreichten. Dort waren soeben einige Einsatzkräfte aufgetaucht. Diese Männer würden in wenigen Sekunden bei Kugler sein.
    »Herr Kugler«, machte Häberle weiter, »bitte tun Sie jetzt nichts, was Ihre Frau und Ihre Familie unglücklich machen würde. Wir haben den Fall aufgeklärt.« Dass diese Aussage nicht ganz stimmte, war jetzt unwichtig.
    Kugler hatte seinen voluminösen Körper noch immer nach vorne zum Tal hin gebeugt und hielt dabei krampfhaft das dünne Geländer fest. Watzlaff runzelte die Stirn: »Hoffentlich bricht da oben nichts weg.« Er wusste aus Erfahrung, dass die Bahn vielerorts ihre baulichen Anlagen vergammeln ließ.

    In der Hotelanlage des Hyatt Regency war es still geworden. Kurz vor Mitternacht waren Männerstimmen durch den tropischen Garten gehallt. Nur kurz, aber laut und heftig. Ein älteres Ehepaar, das im zweiten Stock eines der Seitenflügel noch auf dem Balkon gesessen war, hatte die Stimmen gehört und gemutmaßt, es werde sich wohl um »ein paar betrunkene Deutsche« handeln. Dann jedoch war Ruhe eingekehrt. Wie jede Nacht tropfte irgendwo Wasser in den Bachlauf, an dessen Überlaufrändern es hin und wieder gurgelte. Jetzt, gegen drei Uhr früh, als der Rentner nicht schlafen konnte und leise, um seine Frau nicht zu wecken, auf den Balkon hinausging, lauschte er auf diese beruhigenden Geräusche. Manchmal war auch das leise Piepsen von Kleingetier zu hören, das es in dieser tropischen Atmosphäre sicher zuhauf gab. Eine solche Nacht
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