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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf
Autoren: Manfred Bomm
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sich auf ihr Klingeln hin die zaghafte Stimme von Marina an der Sprechanlage meldete, war Vanessa wieder mal schneller. Sie stellte sich und Linkohr vor und ersuchte, noch mal eingelassen zu werden. Wortlos klickte es im Lautsprecher. Weil sich in den folgenden Minuten nichts tat, drückte Vanessa noch einmal auf den Klingelknopf. »Wenn die uns nicht reinlässt, müssen wir uns auf andere Weise Zutritt verschaffen«, sagte sie zu Linkohr, als sei sie bereits zu solchen Entscheidungen befugt.
    »Lass ihr doch Zeit, vielleicht muss sie sich erst anziehen«, entgegnete er leicht angesäuert.
    Vanessa lächelte ihn überlegen an: »Wenn du an Frauen denkst, siehst du sie wohl immer nur im unbekleideten Zustand vor dir«, spottete sie und runzelte die Stirn. »Wie oft hat der Herr Linkohr eigentlich mich schon in Gedanken ausgezogen?«
    Das Öffnen der Tür ersparte ihm eine Antwort. Vor ihnen stand Marina, bekleidet mit dicker Jacke und dunkelblauer Hose, die in wadenhohen Stiefeln steckte. »Gehen Sie rein, ich bin gerade dabei auszuziehen«, sagte sie schnell und flitzte an den beiden Besuchern vorbei zur Straße. Linkohr war von dieser Reaktion derart überrascht, dass ihm das Wort ›ausziehen‹ im Kopf nachhallte und er Mühe hatte, die Situation zu erfassen. Vanessa hingegen reagierte sofort: »He, halt, stehen bleiben!«, rief sie Marina nach, die jedoch keine Anstalten machte, der Aufforderung nachzukommen. Die junge Frau rannte plötzlich, so schnell sie konnte, auf einen Kleinwagen zu, der knapp 100 Meter entfernt stand.
    Linkohr drückte die Tür so weit auf, bis sie in einer Position verharrte, aus der sie nicht von selbst wieder ins Schloss fallen konnte. Gleichzeitig wollte er seine junge Kollegin davon abhalten, Marina zu verfolgen. »Lass es, Vanessa. Wir können sie nicht so ohne Weiteres festhalten. «
    Doch Vanessa sah sich während ihres Spurts nur kurz um und rief: »Schon mal was von ›Gefahr im Verzug‹ gehört?«
    Trotz Vanessas ungeheurem Tempo war Marina schneller. Sie hatte inzwischen das Auto erreicht, sprang blitzschnell hinein, startete den Motor und raste davon, noch ehe Vanessa den Türgriff zu fassen bekam. Die junge Polizistin notierte das Kennzeichen, das mit GP auf den Landkreis Göppingen zugelassen war.
    »Dann lass uns die Bude noch mal anschauen«, kam sie schwer atmend zurück und ging auf die Eingangstür des Hauses zu.
    »Die Jungs der Spurensicherung haben doch schon alles rausgeholt«, gab Linkohr zu bedenken und folgte ihr in die Diele.
    »Danke für den aufschlussreichen Hinweis«, keifte sie. »Aber inzwischen wissen wir, dass dieser Igor auch im Rotlichtmilieu kräftig mitgemischt hat.« Sie blieb abrupt stehen, was ihren Pferdeschwanz wieder zum Wippen brachte, und drehte sich zu Linkohr um. »Frauenhandel und so. Mädchen werden wie Sklavinnen gehalten, begreifst du das? In Bordellen oder bei diesen Begleitservice-Geschichten. Und das Geschäft mit Anabolika – Aufputschmitteln mit unabsehbaren Nebenwirkungen. Glaub mir, Mike, wenn ich mal richtig was zu sagen habe, werde ich bei solchen Dingen mit aller Härte durchgreifen.« Sprach’s und öffnete die Tür, von der sie noch wusste, dass sie ins Wohnzimmer führte. »Frauenhandel ist so ziemlich das Widerwärtigste, was ich …« Sie stockte und blieb wie angewurzelt stehen. Linkohr, der ihr gefolgt war, wäre beinahe gegen ihren Rücken geprallt.
    Er konnte ihre Reaktion nicht nachvollziehen. Sie schien keinen Ton mehr aus ihrer Kehle herauszubekommen und machte reflexartig einen Schritt zurück, sodass sie Linkohr beiseitestieß, der gar nicht mehr hatte ausweichen können. Vanessa hatte gleichzeitig die Tür wieder zugezogen und kräftig ins Schloss krachen lassen. »Mike«, flüsterte sie voll Entsetzen und sah sich in der Diele vorsichtig um. »Das Terrarium …, das Terrarium …«
    Obwohl er ahnte, was geschehen war, fragte er instinktiv nach: »Was ist damit?«
    »Offen«, flüsterte Vanessa plötzlich panisch, »ich hab sie noch gesehen.« Sie blickte sich noch einmal um, als habe sie Angst, eine andere Tür könne geöffnet sein.
    »Unter die Couch ist sie …«
    »Wer?«
    Vanessa zog ihn am Ärmel durch die Diele zur Haustür. »Die Schlange.«
    Erst als sie die Haustür von außen ins Schloss gezogen hatten, wurde die junge Polizistin wieder ruhiger. »Wir müssen einen Zoologen holen.«

    Der Lokführer einer der beiden Züge, die noch als letzte über die Geislinger Steige gefahren waren, hatte
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