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Macht und Rebel

Titel: Macht und Rebel
Autoren: Matias Faldbakken
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die sich aufrichtig für das interessieren, was ich zu sagen habe
    Fünfter Höllenkreis: Mit Leuten rumhängen, die dümmer sind als ich
    Sechster Höllenkreis: Mit Leuten rumhängen, die schlauer sind als ich
    Siebter Höllenkreis: Abendessen
    Achter Höllenkreis: Abendessen zu zweit
    Neunter Höllenkreis: Partys
     
    Ich bleibe sitzen wie von der Brust abwärts gelähmt und kann mich eineinhalb Stunden lang nicht von dem unerträglichen Anblick Gwyneth Paltrows lösen. Gwyneth Paltrow gelingt es FAST, dass ich vor Wut anfange zu heulen, aber es gelingt ihr NICHT, mich vom Sofa hochzuscheuchen. Warum bloß? Ich finde es wahnsinnig unoriginell, hier vor Langeweile paralysiert herumzusitzen, doch warum soll ich andererseits VERFLUCHT NOCH MAL nicht das Recht auf Langeweile haben? Ich hasse mich selber für meine Ohnmacht. Ich kneife mein Rektum zusammen, um es wieder auf Normalgröße zu bringen, und denke dabei, wie sehr ich tatkräftige Leute hasse, ebenso sehr übrigens Leute, die sich zu nichts aufraffen können – irgendwie bleibt mir keine Alternative.
    Anders gesagt: Ich würde mich ebenso hassen, wenn ich auf einmal den Arsch hochbekäme und rausginge, zupackend und voll jugendlichem Tatendrang, um etwas Positives zu leisten.
    Ich dusche, denn ich fühle mich wie mit Darmbakterien glasiert, doch aus mysteriösen Gründen benutze ich KEINE Seife. Die Duschkabine ist eng, der Abfluss größtenteils mit Haupt- und Schamhaaren verstopft, die ich definitiv nicht entfernen werde, bevor gar kein Wasser mehr abläuft. Ich kriege heißes Wasser in den Mund, das macht mich stinkig. Mein Schwanz ist wund, das macht mich stinkig. Alles macht mich stinkig. Ich habe ein bisschen studiert, das hat mich stinkig gemacht. Ich habe ein bisschen protestiert, das hat mich stinkig gemacht. Ich war unengagiert, das hat mich stinkig gemacht. Ich habe ein bisschen gejobbt, das hat mich stinkig gemacht. Ich war arbeitslos, das hat mich stinkig gemacht. Wenn ich daran denke, was ich alles gemacht oder nicht gemacht habe, macht mich das stinkig. Und was mache ich jetzt? Vielleicht studiere ich Geschichte, vielleicht bin ich ein Performancekünstler, vielleicht jobbe ich im 7-11, vielleicht bin ich arbeitslos, vielleicht bin ich ein Aktivist, vielleicht bin ich krankgeschrieben, vielleicht bin ich pädophil und völlig auf Speed, vielleicht habe ich einen Doktor in Mikrobiologie – aber was für eine Scheißrolle spielt das hier in Skandinavien, wo alles so wunderbar funktioniert, in einer Zeit, da alle – jeder Student, jeder Loser, jeder Junkie, jeder Lohnarbeiter, jeder Staatsmann und jeder … MUSIKER – gleich denken, gleich subversiv und on the edge und folglich alle miteinander SCHEISSÖDE sind. Was ich mache, spielt KEINE Rolle. Was ich denke, spielt auch KEINE Rolle. Aber egal, was ich mache, ich kann beschwören: Es hat dafür gesorgt, dass ich durch und durch stinkig bin.
    Ohne darüber nachzudenken, setze ich mich zum Scheißen aufs Klo, während dem Zähneputzen. Warum verdammt noch mal habe ich nicht vor dem Duschen geschissen?
    In meinem Klo sieht es auch nicht unbedingt appetitlich aus. Im Lauf des letzten Jahres habe ich alle möglichen Sachen mit aufs Klo genommen, wahrscheinlich ist das in irgendeiner Hinsicht ein schlechtes Zeichen. Zeitungen und Papiere. Lesestoff. Auf einem Zeitungsstapel vor der Kloschüssel liegt ein anderer Flyer, den Arolf und ich vor rund einem Jahr gemacht haben. Auf dem steht SPARE ME drauf, AMBUSH! auf dem einen, SPARE ME auf dem anderen. Scheiße, was hasse ich Fatty Frank Leiderstam. Ich habe schon mehrmals zu Arolf gesagt, dass ich keinen weiteren Scheißflyer mehr für ihn machen werde, und er ist ganz meiner Meinung. Keine Flyer für Fatty. Ich erwäge, mir mit SPARE ME den Hintern abzuwischen, damit das Ding endlich zu etwas nutze ist, komme aber mit mir selbst überein, dass die Papierqualität wahrscheinlich zu schlecht ist.
    Ich mache die Beine breit, drücke meinen Schwanz mit der Linken beiseite und spucke Zahncremeschaum zwischen den Schenkeln in die Schüssel, auf der ich sitze und kacke. Ich schließe die Augen, denn unter gar keinen Umständen möchte ich mir diesen Anblick zumuten. Dann das Dilemma: Breitbeinig und gekrümmt zum Waschbecken schlurfen und mir vor dem Abputzen den Mund ausspülen, oder die Zahnbürste zwischen die Zähne klemmen, während ich mir den Hintern wische, um dann aufrecht zum Waschbecken zu gehen. Ich entscheide mich für die zweite Alternative,
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