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Macht und Rebel

Titel: Macht und Rebel
Autoren: Matias Faldbakken
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NATION
    WITHIN EVIL
    HE WAS A RUNNER
     
    Diese Titelliste also imponierte Fatty derart, dass er Martinsen für die Mitarbeit bei PUSH gewann, als … ja, als was nun … heute ist er jedenfalls »Logistiker« und Propagandaminister. Der Underground verlangt keine Kompetenzen, nur den Willen zum Stinkefinger ( Wille zur Sourballness), und wenn man nur stinkig genug ist, kriegt man »da unten« jeden Job, den man will. Fatty und Martinsen haben nicht viele Gemeinsamkeiten außer dem Interesse an »Widerstand« und an kultureller youngness und freshness. Man könnte in diesem Satz auch »kulturell« durch »sexuell« ersetzen, denn, um die Wahrheit zu sagen, träumen sowohl Sören Martinsen als auch Fatty oft von einem Ort, den es nicht gibt, nämlich einer Welt voller kleiner Teenie- hardbodies, die willig sind, alles – wirklich was auch immer – zu tun, um morgens neben einem intellektuellen Schwergewicht (von 37 Jahren) aufzuwachen. Aber hier und da ist die Welt doch gerecht; weil Sören Martinsen mehrmals geäußert hat, er habe ein »Problem mit der Sprache«, hat das Schicksal einen auf ewig unüberwindlichen Abstand zwischen ihm und den hardbody- Teenies dieser Welt errichtet.
     
    »Wie ich höre, macht ihr zurzeit das eine oder andere für Frank, Arolf und du«, sagt Sören.
    »Mmmm«, sage ich.
    »Und was genau? NIKE-Sachen?«
    »Mmmm«, sage ich.
    »Da läuft ja zurzeit so einiges. Die Jungs, die den NIKE-Chef in den Wald geschleppt haben, haben ja jede Menge Aufmerksamkeit erregt. Was haben die noch mal gemacht?«
    »Ihn gezwungen, ihnen die Füße mit Fußpilzsalbe einzuschmieren. Sie hatten zu viele NIKES getragen und alle Fußpilz gekriegt.«
    »He-he-he.« Martinsen lacht sein neunmalkluges Akademikerlachen.
     
    Ich wäre ja glücklich, vergessen zu können, aber ich habe aufgehört, Drogen zu nehmen. Es macht mir kein schlechtes Gewissen mehr. Alles, was mir kein schlechtes Gewissen macht, erscheint mir sinnlos. Und Dope bringt mich nicht mehr vor noch zurück.
     
    »Du hast nicht vielleicht was zu verkaufen, Rebel?«, fragt Martinsen. Er ist der straighteste Typ, den ich kenne, absolut wie ein Familienvater, und ich WEISS, dass sein Dope-Verbrauch jämmerlich gering ist. Trotzdem hält er es sozusagen für ein Must zu fragen. Ich erfinde irgendeine Ausrede und gehe nach Hause. Im Fernsehen gerate ich an eine Sendung über das abweichende Sexualverhalten von Problemkindern. Das ist der erste Doku-Film, der mich JEMALS interessiert hat. Jetzt hege ich bezüglich des Picknicks am Freitag hohe Erwartungen. Der Sprecher sagt unter anderem:
    Nicht selten entwickeln junge Menschen, die ein problematisches Verhältnis zu Konventionen haben, auch ein unkonventionelles Verhältnis zu sexuellen Normen, etwas, das für »normale« Menschen meist eine unüberwindliche Barriere darstellt.
    Ungewöhnlich starke sexuelle Aktivität von schwer erziehbaren Jugendlichen ist oft als Symptom für tiefer gehende Persönlichkeitsstörungen anzusehen.
    Schwer erziehbare Kinder und Jugendliche sind gegenüber Machtstrukturen und Autoritäten in der Regel hellwach – oder übersensibel – und widersetzen sich ihnen daher. Oft stellen sie fest, dass sich Sexualität in diesem Zusammenhang als destruktives Machtmittel einsetzen lässt.
    Übertriebene geschlechtliche Aktivität bei schwer Erziehbaren kann oft als eine Reaktion auf den hohen Anpassungsdruck des Schulsystems gelesen werden.
     
    Ich sage mir, dass ich unter gar keinen Umständen noch einmal wichsen sollte, OBGLEICH die Problemkindersendung Prozesse in Gang gesetzt hat, die ein solches Unternehmen technisch gesehen realisierbar erscheinen lassen. Die Nummer mit der Gurke ruft auch nicht nach Wiederholung. Es ist ein Uhr nachts. Nichts spricht dafür, dass das noch ein gemütlicher Abend werden könnte. An Schlaf ist nicht zu denken. Nicht, dass ich »hellwach« wäre oder so. Ich bin wach auf eine übelkeiterregende Weise. Mir ist so schlecht, dass ich nicht schlafen kann. Die Sendung über das wilde Geschlechtsleben der Problemkinder ist schon lange vorbei, aber der Fernseher zeigt immer noch andere Sachen und versucht mit ihnen zu locken. Der Apparat und ich interessieren uns beide gleich wenig für das Angebot.
    Alles enttäuscht mich. Jede Situation bietet eine Million möglicher Auswege, ein jeder Ausweg ist gleich enttäuschend und sinnlos. Die Erfahrung selber verwandelt sich jedes Mal mehr in die demotivierende Bestätigung des Umstands, dass immer
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