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Macho Man: Roman (German Edition)

Macho Man: Roman (German Edition)

Titel: Macho Man: Roman (German Edition)
Autoren: Moritz Netenjakob
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Aylin lächelt mir kurz zu und verschwindet. Ich bin verliebt. Ich weiß, das klingt lächerlich. Ich kenne diese Frau seit einer halben Minute. Das kann nur eine durch Hormonstau verursachte chemische Reaktion sein. Sicher. So was habe ich auch oft erlebt: Die Hormone geraten kurz in Wallung und beruhigen sich wieder. Aber diesmal spüre ich, dass es etwas anderes ist. Ich kann nicht sagen, warum.

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    3
    Am nächsten Morgen sitze ich auf der Sonnenterrasse des Rixa Diva mit Schafskäse-Rührei und türkischem Tee. Nur 100 Meter entfernt im Meer sind schon die ersten Surfer am Start. Surfen wirkt auch ungeheuer cool auf Frauen. Wenn man's kann. Mit meinem ersten und einzigen Versuch habe ich es immerhin –Marks Videokamera sei Dank – vor zwei Jahren in die Sendung »Upps! Die Pannenshow« geschafft.
    Aber die Surfer interessieren mich im Moment nicht. Ich suche Aylin. Wenn sie auftaucht, kann ich ja ein ganz lockeres Gespräch anfangen, so in der Art: »Hi! Erinnerst du dich? Ich bin der Typ, der gestern ›Hi‹ gesagt hat.« – »Ja klar, ich habe die ganze Nacht davon geträumt. Weißt du, es war die Art, wie du es gesagt hast, das war einfach umwerfend. Noch nie hat jemand auf so vielschichtige, unendlich bedeutungs- und gefühlvolle Art ›Hi‹ zu mir gesagt... Das war kein normales ›Hi‹, sondern eins, das einer Frau durch und durch geht. Ein ›Hi‹, das keine Fragen offenlässt, das einen in den Tiefen der Seele berührt...«
    Während ich so vor mich hin träume, kommt Mark.
    »Dübndüdüüüü...«
    »Ey, alter Schwede, wie war die panikmäßige Nacht?«
    »Geil!«
    Nach weiteren 7 Minuten 23 Sekunden Lindenberg-Imitation sind wir endlich beim Thema: Aylin.
    »Also, was ist mit ihr? Warum soll ich sie vergessen? Ist sie lesbisch? Hat sie eine unheilbare Krankheit?«
    »Nein. Sie ist Türkin, und sie hat einen Bruder.«
    »Och, es hätte schlimmer kommen können.«
    »Ach ja?! Was wäre denn noch schlimmer?«
    »Zum Beispiel zwei Brüder.«
    Mark erzählt, dass Aylin im Hotel Geld als Kinderanimateurin verdient. Ihre Familie lebt aber in Köln. Köln – das ist Schicksal!
    »Träum weiter! Das halbe Hotel hat's schon bei Aylin versucht. An die kommt definitiv keiner ran. Selbst die Türken blitzen bei ihr ab. Außerdem... Du ... also ...«
    »Ja?«
    »Naja, ich meine nur, äh ... Du ...«
    »Du meinst, ich bin nicht der Typ Mann, auf den eine Frau wie Aylin abfahren würde?!«
    »Nein, das ... äh ... Dübndüdüüü...«
    So persönlich haben wir noch nie gesprochen. Und im Grunde ist mir auch klar, was Mark sagen wollte: Ein Team aus der Kreisklasse kann sich nicht für die Champions League qualifizieren. Wo er recht hat, hat er recht. Ich habe nicht den Hauch einer Chance – also warum sollte ich mich unglücklich machen?! Das Schöne an einer solch glasklaren rationalen Erkenntnis ist: Bei der nächsten Gelegenheit wirft man sie in die Mülltonne und beweist wieder einmal, dass der Verstand lediglich taugt, um Sudokus zu lösen, Treppenlifte zu reparieren oder die Atombombe zu erfinden.
     
    Kurze Zeit später gehe ich also zufällig am Kinderpool spazieren und beobachte, wie Aylin zwei Teams für ein Wasserballmatch bildet. Seufz! Wer selbst in einem verwaschenen Rixa-Diva-Animations-Team-T-Shirt umwerfend aussieht, den kann wirklich nichts entstellen. Und dieses Lächeln! Dieses Lächeln ist definitiv das Bezauberndste, was ich je gesehen habe. Ich glaube, es würde mir reichen, wenn ich sie einfach nur den ganzen Tag angucken könnte. Das Körperliche wird sowieso überschätzt. Und wie sie mit den Kindern umgeht – so liebevoll! Und das auf Deutsch und Englisch. Ich – platsch! Ich habe übersehen, dass sich vor dem Kinderbecken noch der Whirlpool befindet – hatte allerdings Glück, dass die Oberschenkel einer mindestens 100 Kilo wiegenden Frau um die 70 im rot-grünen Blümchen-Badeanzug meinen Aufprall sanft abgefangen haben. Wie man sieht, schadet Fett durchaus nicht immer der Gesundheit. Wenn die Frau nichthysterisch schreien würde, weil sich meine Nase genau auf ihrer linken Brustwarze befindet, hätte Aylin sicher gar nichts mitgekriegt. So aber sieht sie mich mit klitschnassen Klamotten unter heftigen russischen Flüchen aus dem Whirlpool klettern – was mir immerhin Aylins Lächeln einbringt. Auch wenn es kein Flirt-Lächeln ist, sondern eher dieses Lächeln, das Frauen kriegen, wenn sie Donald Duck gucken. Mir rollt wieder eine Hitzewelle durch den ganzen Körper
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