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Macho Man: Roman (German Edition)

Macho Man: Roman (German Edition)

Titel: Macho Man: Roman (German Edition)
Autoren: Moritz Netenjakob
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    1
    »Ja, bitte – Sie wünschen?!«
    Die Stewardess hat meinen Blick missverstanden. Ich will mit ihr flirten. Sie denkt, ich will was bestellen. Das passiert mir immer. Warum kann sie nicht einfach zurücklächeln? Andere Männer schaffen das doch auch: Sie lächeln, die Stewardess lächelt zurück. Es muss doch einen Unterschied geben zwischen dem Ich-will-flirten-Blick und dem Ich-will-was-bestellen-Blick. Selbst die Relativitätstheorie habe ich ansatzweise verstanden, aber das ...
    »Also, was jetzt? Wollen Sie was bestellen?«
    »Äh, ja, äh, eine Cola, bitte!«
    »Die müssen Sie aber selbst bezahlen.«
    »Kein Problem.«
    Ich habe natürlich keinen Durst. Im Gegenteil, ich muss aufs Klo. Aber das würde ja irgendwie scheiße klingen: »Entschuldigung, ich hatte nur vergeblich versucht, mit Ihnen zu flirten.«
    Wenn ich alle Getränke zusammenrechne, die ich im Laufe meines Lebens aufgrund missglückter Flirts bestellt habe – ich käme locker auf ein Eigenheim.
    Natürlich sitzt auch nicht die attraktive Studentin neben mir, die direkt vor mir eingecheckt hat, sondern ein 50-jähriger Typ von der Deutschen Vermögensberatung, der nach einer Mischung aus »Cool Water« und abgestandenem Zigarettenqualm duftet. Ich glaube, es gibt eine geheime Dienstanweisung an alle Mitarbeiter sämtlicher Fluggesellschaften: Setzen Sie niemals eine attraktive Frau neben Daniel Hagenberger.
    Nicht dass mir das wichtig wäre. Auch ein angetrunkener Vermögensberater, der auf seinem iPod James Blunt hört, hat seineliebenswerten Seiten. Ich hätte mich einfach ein klein wenig mehr über die Studentin gefreut. Vielleicht hört es sich ein bisschen so an, als wäre ich notgeil, aber das stimmt nicht. Ich hatte nur ziemlich lange keinen Sex mehr, und da passiert es nun mal früher oder später, dass man, also unter hormonellem Gesichtspunkt... Okay, ich bin notgeil. Aber ich bin kein primitiver Anbagger-Typ. Ich habe Respekt vor Frauen. Das Problem ist: Frauen haben keinen Respekt vor mir.
    »Möchten Sie zollfreie Waren aus unserem Board-Shop?«
    Da ist sie, meine große Chance: der Duty-free-Verkauf. Jetzt hole ich meine letzte Trumpfkarte aus dem Ärmel: Humor! Mit meiner Reiner-Calmund-Imitation knacke ich sie garantiert...
    »Ja, zollfreie Waren, dat is natürlisch unglaublisch jünstisch, dat is völlisch klar, da brauchen wir überhaupt nit drübber diskutieren, da hab isch jestern erst mit dem Ruddi Völler drüber jesprochen...«
    Die Stewardess schaut mich irritiert an, macht aber professionell weiter:
    »Wir haben heute Yves Saint Laurent im Angebot.« »Yff Sankt Loräng? Spielt der nit bei Olympick Lyon?!« Jetzt schaut die Stewardess nicht mehr irritiert, sondern angewidert.
    Na toll. In jeder Kontaktanzeige steht Humor an erster Stelle. Aber in Wirklichkeit kommt man damit nicht mal ansatzweise weiter. Gut, da steht auch »Mann mit Humor« und nicht »ein Typ, der mit der Stimme von Reiner Calmund eine Plüsch-Boeing vom Board-Shop kauft«.
     
    Ja, ich habe eine Plüsch-Boeing gekauft. Ja, wahrscheinlich hält mich die Stewardess jetzt für schwul. Aber ich wollte nicht »Cool Water« kaufen, weil mich das immer an den Typen von der Deutschen Vermögensberatung erinnert hätte. Und immerhin war es auch nicht so peinlich wie der Moment, als sich der Start verzögerte, weil ich kurz vor dem Abheben noch mal zum Gepäckfach musste, um mein Asthma-Spray rauszuholen. Eventuell hat mich die Stewardess schon zu dem Zeitpunkt auf ihrer Liste möglicher Geschlechtspartner relativ weit hinten eingeordnet.
    Moment mal... Schaut mir die Stewardess etwa gerade in den Schritt?! Ach so, sie überprüft die Sicherheitsgurte, weil wir in eine Zone mit Turbulenzen kommen. Ausgerechnet jetzt, wo sich die mittlerweile fünf Colas heftig in meiner Blase bemerkbar machen. Zum Glück ist mir von den Turbulenzen bald so schlecht, dass ich sonst kaum noch etwas wahrnehme.
    Ich hole eine Kotztüte raus – Aufdruck: »Vielen Dank für Ihre Kritik« – haha, sehr originell. Um es kurz zu machen: Die »Cool-Water«-Zigaretten-Duftmischung erweitert sich um die Nuancen »Cola« und »Magensäure«. Immerhin ist der Druck von der Blase jetzt geringer. Und der Mann von der Deutschen Vermögensberatung hat sich mit Sekt und Cognac schon so weit in Urlaubslaune gesoffen, dass er nicht sauer wird. Er meint, ich müsste die Reinigungsrechnung seiner Hose einfach nur bei meiner Haftpflicht einreichen. Was zur Folge hat, dass ich noch im
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