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Macho Man: Roman (German Edition)

Macho Man: Roman (German Edition)

Titel: Macho Man: Roman (German Edition)
Autoren: Moritz Netenjakob
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sondern eine deutsche Rocklegende imitiert – sogar erstaunlich perfekt für eine Sechsjährige. Etwas mehr Probleme habe ich mit der Übersetzung von »Dübndüdüüü« in die englische Sprache.
    »So what does it mean – ›dubnduduuu‹?«
    »You mean ›Dübndüdüüü‹?! Well, it's not really a word. It's äh...«
    »It's not some Nazi thing, is it?!«
    »No, no, no!!! Not at all.«
    »So what does it mean?«
    »Well, it means ... äh ... turaluralura.«
    »You mean, dubnduduuu means turaluralura?«
    »Well, not exactly...«
    »If I find out that it's a Nazi word, you're in deep shit.«
    Der Vater verschwindet mit seiner Tochter. Aylin hat das Gespräch mitgehört und lacht. Dabei legt sie mir ihre Hand auf die Schulter.
    »Tja, mit solchen Eltern schlag ich mich jeden Tag rum.«
    Sie hat ihre Hand auf meiner Schulter. Immer noch. Immer noch. Immer noch. Immer noch. Immer noch. Immer noch. Immer noch. Jetzt nicht mehr. Plötzlich wird mir klar, dass nur noch Aylin und ich im Theater sind. Mein Herz rast. Aylin nimmt meine Hand (sie fasst mich schon wieder an!!!) und zieht mich zur hinteren Bühnenkante, wo wir uns nebeneinander hinsetzen und zusehen, wie die rote Sonne langsam ins Meer taucht wie auf der schönsten Kitschpostkarte. Ein perfekter romantischer Moment. Ausgerechnet jetzt muss ich an das Lied Santa Maria von Roland Kaiser denken, und direkt danach an die bescheuerte Parodie von Mike Krüger – Sand da, Maria. Ein innerer Schutzmechanismus, der verhindert, dass ich zu sehr auf die emotionale Ebene gerate.
    »Du bist echt lustig, Daniel.«
    »Danke. Du bist auch lustig ... Nein, ich meine, du bist, äh, schön.«
    Nicht schlecht. Kleiner Lapsus mit dem »auch lustig«, aber schnell korrigiert. Für meine Verhältnisse absolut okay. Aylin lächelt geschmeichelt. Na bitte.
    »Woher kennst du Mark?«
    »Aus der Schule. Wir sind schon ewig befreundet. Wir haben den gleichen Humor, und das gleiche Pech mit Fußballvereinen und Frauen.«
    »Pech mit Frauen?!«
    »Naja, meine Freundin hat mich verlassen ... Ich war ihr nicht männlich genug.«
    Mist, das war ein Fehler. Aylin soll mich doch männlich finden. In meinem Kopf spulen sich kurz die Ereignisse der letzten 24 Stunden ab – nein, es gibt sowieso keine Chance mehr, dass sie mich männlich findet. Sie findet mich lustig. Lieber den Spatz in der Hand als, äh ... war das jetzt auf dem Dach 'ne Taube oder ein Rabe?
    »Und warum fand sie dich nicht männlich?«
    Gute Frage. Warum fand mich Melanie nicht männlich? Ich hab doch wirklich versucht, alles richtig zu machen. Als sie unbedingt nach Mauritius fliegen wollte, habe ich mir einen Vorschuss besorgt und sie an ihrem Geburtstag mit zwei Flugticketsüberrascht. Als sie einen Hund wollte, stand ich am Valentinstag mit einem süßen Dalmatiner-Welpen an ihrem Bett. Als sie nicht mehr wollte, dass ich mich so oft mit meinen Freunden treffe, hab ich mich nicht mehr so oft mit meinen Freunden getroffen. Ich habe doch immer alles getan, was sie sich gewünscht hat... Tja. Wahrscheinlich ist es nicht besonders männlich, alles zu tun, was einem gesagt wird. Hat sie deshalb den Respekt vor mir verloren? Oder lag es daran, dass ich ihr mit der Stimme von Udo Lindenberg zu unserem Jahrestag gratuliert habe?
    Ich merke, dass ich eine Minute nichts gesagt habe, und versuche, mir unauffällig eine Träne aus dem Augenwinkel zu wischen.
    »Schon gut. Du musst nicht darüber reden.«
    Aylin lächelt mich an und fährt mir tröstend mit der Hand über den Arm. Danach sitzen wir schweigend nebeneinander und sehen zu, wie das letzte Stückchen Sonne hinterm Horizont verschwindet. »Hinterm Horizont geht's weiter«, dudelt Udo in meinem Kopf. Ich denke, er soll die Klappe halten und mich mit Aylin alleine lassen. Das tut er dann auch. Aylins sanfter Atem vermischt sich mit dem Plätschern der Brandung, während ich ihr Rixa-Diva-Animations-Team-T-Shirt an meinem Unterarm spüre und sich unsere Knie ganz leicht berühren. Ab und zu riskiere ich es, sie anzublicken, während sie ihre Augen auf den Horizont gerichtet hält. Mindestens fünf Minuten genieße ich einfach nur diesen Moment – das ist neuer persönlicher Rekord.
    Erst danach meldet sich eine innere Stimme mit der Aufforderung, Konversation zu betreiben. Mir kommen jede Menge völlig ungeeignete Sätze in den Kopf:
    • Einfach toll, so ein Sonnenuntergang. (Viel zu banal.)
    • Als sich eben die rote Sonne in deinen Augen gespiegelt hat, das war so
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