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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig
Autoren: Jens Lapidus
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gedacht?«
    »Keine Ahnung. Frauchen will ins Warme. Letztes Jahr haben wir Sizilien gemacht. Taormina. Absolut genial.«
    »Ich weiß. Du hast ja noch drei Monate hinterher von nichts anderem gequatscht.«
    Lachpause.
    Thomas bog ab in Richtung Storholmsskolan, außerhalb des Zentrums von Skärholmen. Nie verkehrt, einen kurzen Blick auf den Schulhof zu werfen. Die Halbwüchsigen hingen oftmals abends dort ab – hockten sich auf die Rückenlehnen der Bänke, splifften einen, wie sie es nannten, saßen da und genossen ihr kurzes Leben.
    Man beachte die Ironie: Dieselben Kids, die normalerweise tagsüber die Schule schwänzten, versammelten sich abends auf dem Schulhof – um sich ihre Hirnsubstanz aus dem Kopf zu qualmen. Sie waren doch selbst schuld, wenn sie fünf Jahre später immer noch ohne Job auf denselben Bänken saßen. Sich darüber beschwerten, dass der Staat schuld war. Schließlich zu härteren Sachen griffen: Billigsprit, Hasch, Speed. Wenn es schlimm kam: Horse. Die Konsequenzen blieben nie aus. Sie wurden krank, deprimiert, glitten ab. Endgültiger Absturz. Arbeitslosengeld und Sozialhilfe. Kleindealerjobs und Einbrüche in der Reihenhaussiedlung. Ihre Eltern waren schuld – sie hätten schon lange zuvor ihrer Verantwortung nachkommen müssen. Die Polizei war schuld – man musste sich die Leute sofort zur Brust nehmen. Der Staat war schuld – wenn man so viel Pack an ein und demselben Ort ansiedelte, waren die Probleme letztlich vorprogrammiert.
    Die Laternen auf dem Schulhof waren schon von weitem zu sehen. Das Schulgebäude aus grauem Beton lag wie ein überdimensionaler Legostein in der Dunkelheit hinter dem Hof.
    Sie parkten den Wagen. Stiegen aus.
    Ljunggren nahm den weißen Schlagstock zur Hand. Völlig unnötig – aber der Vorschrift entsprechend. Der lächerliche Teleskopstab taugte nicht gerade viel.
    Der Schulhof war leer.
    »Maria legt ja immer so viel Wert auf Kultur. Will nach Florenz, Kopenhagen, Paris und wer weiß noch wohin fahren. Da gibt’s ja nicht mal was Nettes zu sehen.«
    »Du kannst dir doch die Mona Lisa angucken, oder?«
    Wieder Lachen.
    »Ja klar, die ist genauso sexy wie ’n verdammter Beutel Dreckwäsche.«
    Thomas dachte: Ljunggren sollte besser weniger fluchen und stattdessen seiner Frau klarmachen, wer bei ihnen die Hosen anhatte.
    Er sagte: »Ich finde sie beeindruckend.«
    »Wen, Mona Lisa oder mein Frauchen?«
    Noch mehr Lachen.
    Ausnahmsweise befand sich kein Mensch auf dem Schulhof. Außer unter einem der Basketballkörbe. Dort parkte ein roter Opel.
    Thomas knipste seine Maglite an. Hielt sie auf Augenhöhe. Leuchtete das Nummernschild an: OYU 623 .
    Er sagte: »Das ist Kent Magnussons Wagen, da brauch ich nicht mal ’ne Suchanfrage zu starten. Haben wir ihn eigentlich schon mal zusammen geschnappt?«
    Ljunggren steckte den Schlagstock wieder in die Halterung am Gürtel zurück. »Mach keine Witze. Wir haben ihn bestimmt schon zehnmal zusammen aufgegriffen, glaub ich. Wirst du etwa langsam senil, oder was?«
    Thomas antwortete nicht. Sie gingen auf den Wagen zu. Im Innenraum leuchtete ein schwaches Licht. Jemand bewegte sich auf dem Fahrersitz. Thomas beugte sich vor. Klopfte an die Seitenscheibe. Drinnen wurde es dunkel.
    Sie vernahmen eine Stimme: »Hau ab!«
    Thomas räusperte sich. »Wir gehen nicht. Bist du das da drinnen, Magnusson? Hier ist die Polizei.«
    Die Stimme im Wagen wurde lauter. »Verdammt auch. Ich hab heut Abend nichts. Ich bin rein wie Wodka.«
    »Okay. Kent. Ist ja okay. Aber komm raus, dass wir uns unterhalten können.«
    Undeutliche Flüche als Antwort.
    Thomas klopfte erneut, dieses Mal aufs Dach. Etwas fester.
    Die Wagentür öffnete sich – es stank nach Rauch, Bier, Pisse.
    Thomas und Ljunggren standen breitbeinig da. Warteten.
    Kent Magnusson kam raus. Unrasiert, verfilzte Haare, vergammelte Zähne, Herpeswunden um den Mund herum. Verschlissene Jeans, die auf Halbmast hingen – der Typ musste sie mindestens einen halben Meter hochziehen, um nicht zu stolpern. Ein T-Shirt mit Werbung für das Stockholmer Wasserfestival, das mindestens hundert Jahre alt sein musste. Über dem T-Shirt ein offenes kariertes Hemd.
    Ein Speedfreak der allerfeinsten Sorte. Noch runtergekommener als beim letzten Mal, als Thomas ihn gesehen hatte.
    Er leuchtete ihm in die Augen.
    »Hallo Kent. Wie high bist du?«
    Kent murmelte: »Nein, nein, kein bisschen. Bin grad dabei aufzuhören.«
    Seine Augen sahen tatsächlich klar aus. Die Pupillen
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