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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig
Autoren: Jens Lapidus
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zog einen Handschuh aus. Fühlte nach dem Puls – mausetot.
    Er hob den Kopf an. Das Gesicht war übel zugerichtet – bis zur Unkenntlichkeit zusammengeschlagen. Die Nase schien nicht länger zu existieren. Die Augen waren so zugeschwollen, dass sie nicht mehr zu erkennen waren. Die Lippen erinnerten mehr an Spaghetti mit Hacksoße als an einen Mund.
    Aber etwas war merkwürdig. Der Kiefer wirkte eingesunken. Er steckte zwei Finger in den Mund des Toten und tastete die Mundhöhle ab. Weich wie ein Babygaumen – ihm fehlten die Zähne. Das hier war offensichtlich kein Fixer, der selbstverschuldet bewusstlos geworden war –, das hier war Mord.
    Thomas regte sich nicht weiter auf.
    Erwog die stabile Seitenlage, ließ ihn dann aber doch so liegen. Pfiff auf lebensrettende Maßnahmen. Es war ohnehin zwecklos.
    Er hielt sich an die Regeln. Alarmierte die Funkzentrale. Hielt das Mikrophon seines Funkgerätes an den Mund und sprach mit leiser Stimme, um nicht das ganze Haus in Aufregung zu versetzen. »Ich hab hier ’nen Mord. Richtig schmuddelig. Gösta Ekmans väg 10 . Kommen.«
    »Verstanden. Brauchst du noch mehr Wagen? Kommen.«
    »Ja, schick mindestens fünf. Kommen.«
    Er hörte, wie der allgemeine Aufruf an alle Streifen in Söderort ging.
    Der Funk meldete sich wieder: »Brauchst du noch weitere Einsatzkräfte? Kommen.«
    »Ja, ich glaub schon. Wer ist heut Abend da? Hansson? Kommen.«
    »Stimmt. Wir schicken ihn los. Krankenwagen? Kommen.«
    »Ja, bitte. Und schick ordentlich viele Rollen Haushaltspapier mit. Hier muss einiges aufgewischt werden. Ende.«
    Der nächste Schritt innerhalb des vorgeschriebenen Ablaufs. Er nahm über Funk Kontakt zu Ljunggren auf. Bat ihn abzusperren, sich von den Leuten vor dem Haus den Ausweis zeigen zu lassen sowie Adresse und Telefonnummer für eventuelle Zeugenvernehmungen zu notieren. Sie dann aufzufordern zu warten, bis die anderen Streifenwagen mit weiteren Kollegen eintrafen, die die üblichen Kontrollfragen stellen würden. Thomas sah sich im Treppenhaus um. Wie war der Typ umgebracht worden? Er konnte keine Waffe entdecken, wahrscheinlich hatte der Mörder sie wieder mitgenommen.
    Was sollte er jetzt tun? Er sah sich die Leiche noch einmal an. Hob den Arm erneut an. Hatte keinen Bock, sich stur an die Vorschriften zu halten – hätte eigentlich auf die Spurensicherung und den Krankenwagen warten müssen.
    Er betrachtete die Hände genauer. Sie sahen irgendwie merkwürdig aus – nicht, dass ein Finger fehlte, nicht dass sie weder ungewöhnlich gepflegt noch extrem dreckig gewesen wären – nein, es war etwas anderes. Er drehte die Hand um. Und jetzt sah er es – die Fingerspitzen des Toten fehlten. An jeder Fingerkuppe: ein Bluterguss. Es sah aus, als wären sie abgetrennt, abrasiert, weggehobelt, ausradiert.
    Er ließ den Arm los. Das Blut auf dem Boden war geronnen. Wie lange mochte der Tote schon dort gelegen haben?
    Er kontrollierte zügig seine Hosentaschen. Keine Brieftasche, kein Handy. Kein Geld oder Ausweis. In der einen Gesäßtasche: ein Zettel mit einer undeutlich hingekritzelten Handynummer. Er steckte ihn wieder zurück. Merkte sich den Fund.
    Das T-Shirt klebte am Körper. Er schaute näher hin. Drehte den Toten ein wenig, auch wenn er das eigentlich nicht durfte. Das hier entsprach einer Regelwidrigkeit, die sich gehörig gewaschen hatte. Eigentlich müssten Fotos gemacht und der Fundort genauer unter die Lupe genommen werden, bevor jemand die Leiche bewegte – aber jetzt hatte er Lunte gerochen.
    Schon machte er die nächste merkwürdige Entdeckung, am Arm. Einstichstellen, die von einer Kanüle stammten. Kleine blaue Flecken um jedes Loch herum. Völlig klar: Er hatte einen ermordeten Fixer vor sich auf dem Boden liegen.
    Er hörte Geräusche von der anderen Seite der Kellertür.
    Verstärkung war im Anmarsch.
    Ljunggren kam herein. Mit zwei jüngeren Inspektoren im Schlepptau. Thomas kannte sie. Sie waren in Ordnung.
    Inspizierten die Leiche.
    Ljunggren sagte: »Der muss ja verdammt ausgerutscht sein auf all dem Blut, das hier vergossen wurde.«
    Sie grinsten. Polizeihumor – schwärzer als dieser Keller gewesen war, bevor Thomas Licht gemacht hatte.
    Aus den Lautsprechern ihrer Funkgeräte ertönte eine Order nach der anderen – Hansson, der Einsatzleiter, war vor Ort, instruierte seine Leute, das Gebiet abzusperren. War in seinem Element: schimpfte lauthals, erteilte Befehle, brüllte rum. Und das, obwohl es sich nur um einen
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