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Macabros 051: Skelettus, Fürst der Knochenburg

Macabros 051: Skelettus, Fürst der Knochenburg

Titel: Macabros 051: Skelettus, Fürst der Knochenburg
Autoren: Dan Shocker
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zu laut die auf dem Boden
liegenden Instrumente auflas.
    Klappern – und Schritte… beides ständig in
rhythmischer Übereinstimmung, als nähme sie aus zwei
verschiedenen Räumen zur gleichen Zeit unterschiedliche Laute
wahr.
    Ihr Blick war auf die Gestalt gerichtet.
    Das war kein Arzt! Er trug keinen grünen Kittel, keine Haube
und kein Mundtuch. Er war von einem grobgewebten, bunten Gewand
umhüllt, das entfernt eine gewisse Ähnlichkeit mit einer
römischen Tunika aufwies.
    Das Gewand wurde an den Schultern von großen, matt
schimmernden Spangen gehalten.
    Dieser Mann paßte überhaupt nicht hierher!
    Er drehte ihr den Rücken zu, jetzt die Seite und drehte sich
herum… Anka konnte seine Gesichtszüge sehen und die
Schultern, auf denen das farbige, stumpfe Gewand gehalten wurde.
    Die Gestalt kam genau auf sie zu.
    Es war der – leibhaftige Tod!
     
    *
     
    Anka Sörgensens Stimmbänder strafften sich, zumindest
kam ihr das so vor.
    Sie schrie so gellend, meinte sie.
    Niemand um sie herum kümmerte sich um sie.
    Die Bahre wurde weggerollt, das Tuch bedeckte ihren Körper
bis in Schulterhöhe.
    Wasser plätscherte.
    Die Arzte standen an den Waschbecken und wuschen sich die
Hände.
    Niemand achtete auf den Tod, der mitten im Operationssaal stand
und dessen Knochengesicht sich groß und erschreckend vor der
Patientin zeigte.
    Und nicht nur das Gesicht mit den dunklen, tiefen Augenhöhlen
erinnerte an einen Totenschädel. Ein ganzes Skelett stand da,
ging jetzt wieder auf und ab, und die knöchernen fleischlosen
Finger ballten sich zu Fäusten und rieben raschelnd und schabend
aneinander. Auch das hörte sie ganz deutlich.
    Sie war gefangen in den Bildern, die sie ebenso deutlich wahrnahm
wie das Gesicht und die Gestalt des Chirurgen Dr. Thorwald Belman,
der ihr den Blinddarm entfernt hatte.
    Der aber kümmerte sich nicht um den Tod im Umhang,
ebensowenig die Schwestern.
    Sahen sie denn nichts?
    Fantasierte sie?
    Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie das Innere des
Operationssaales in einem seltsam verwaschenen, unruhigen Licht.
    Das waren nicht mehr die grellen Lampen, die über dem
Operationstisch geleuchtet hatten.
    Das waren Fackeln!
    Sie waren zu einem dichten Kranz zusammengesteckt und loderten in
einem flammenden Rot.
    Der hölzerne, mit schweren, dicken Eisennägeln
beschlagene Radkranz wirkte fahl, trotz des Lichtes, das ihn
umhüllte. Er hing genau über ihr und war an bleichen
Gliedern befestigt, die glatt und geschliffen wie weißes Metall
aussahen. Die Kette hing in einer an der Wand befestigten Halterung.
Von dieser Stelle aus ließ sie sich heben und senken und damit
der daran befestigte Fackelradkranz hochziehen oder nach unten
bringen.
    Da sah Anka Sörgensen die gleiche helle, zusammengesetzte
Struktur in den Säulen und Wänden.
    Es kam ihr in diesem Sekundenbruchteil vor, als ob sie nicht durch
den Operationssaal geschoben würde, sondern durch einen kahlen
Saal irgendwo in einer Ritterburg.
    Die hohen Decken, die Säulen…
    Und noch etwas erkannte die junge Frau in diesem winzigen Moment
ganz deutlich: das Eisen und das Holz des Radkranzes und selbst die
Fackeln – bestanden gar nicht aus Eisen und Holz, und die eng
gefügten Steine der Säulen und Wände und
Bogengänge – das waren überhaupt keine Steine.
    Es waren Knochen jeder Art und Größe, je – der
Länge und Breite, platte und dicke, kurze und lange Knochen.
    Die Burg bestand nur aus bleichen, fahlen Knochen!
     
    *
     
    Was hatte das zu bedeuten?
    Weshalb empfing sie solche wahnwitzigen, eigentlich doch
unvorstellbaren Bilder?!
    Nie zuvor in ihrem Leben hatte sie sich mit solchen Dingen
befaßt, nie hatte sie irgendwelche Romane gelesen, in denen
solche Bilder und Szenen beschrieben wurden.
    Sie hatte in diesem Sekundenbruchteil das Gefühl, einen Blick
in eine andere Welt getan zu haben.
    Diese Bilder stammten nicht aus ihrem Unterbewußtsein!
    Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, wurde es ihr
schwindelig. Alle Formen zerflossen, Licht und Schatten würden
wie die Gestalten um sie herum ineinander verschmolzen.
    Anka hatte Skelettus, den Fürst der Knochenburg und sein
Reich gesehen.
    Und dieses Reich existierte nicht in ihrer Fantasie, nicht in
ihrem von Betäubungsmitteln beeinflußten Gehirn.
    Dieses Reich existierte wirklich.
     
    *
     
    Mittags gegen vierzehn Uhr traten die ersten Komplikationen
ein.
    Der Kreislauf der Frischoperierten wurde allen Prognosen zum Trotz
unstabiler. Anka Sörgensen wurde auf die
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