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Macabros 011: Im Leichen-Labyrinth

Macabros 011: Im Leichen-Labyrinth

Titel: Macabros 011: Im Leichen-Labyrinth
Autoren: Dan Shocker
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und brüchig. Wie das ganze Haus. Er mußte
daran denken, nicht über die schmale Fensterbank
hinauszugreifen, um die brüchigen, morschen Schieferziegeln
nicht zu berühren.
    Er legte den Kopf schief.
    Da war doch etwas?
    Ein seltsames Geräusch lag in der Luft. Es schabte und
klapperte… im Marschschritt… da bewegte sich etwas auf der
Straße!
    Er beugte sich weiter nach vorn, um über den Vorbau
hinwegsehen zu können.
    Alois Koller kniff die Augen zusammen.
    Viele Menschen kamen die Gasse herab aus Richtung Friedhof. Er
konnte sie nicht genau wahrnehmen.
    Was war das für ein komischer Zug?
    Sie kamen schnell mit wankenden Bewegungen näher und befanden
sich jetzt auf der Höhe des Hauses.
    Er schrie leise auf.
    Träumte er?
    Die bizarren, furchteinflößenden Gestalten in ihren
zerfetzten und wehenden Gewändern sahen aus wie Tote, die ihren
Gräbern entstiegen waren.
    Koller wischte sich über die Augen.
    Hatte er zuviel Wein getrunken?
    Eine halbe Flasche. Wie immer. Die trank er regelmäßig
jeden Abend. Aber davon wurde man nicht betrunken. Man fühlte
sich höchstens ein bißchen angeheitert und sah die Welt
mit anderen Augen an.
    Gespenster! Sie kamen vom Friedhof.
    »Martha…!« entfuhr es ihm, und er warf den Kopf
herum. »Martha!« rief er durch die Wohnung, damit seine
Frau es hörte. Das Zimmer zum angrenzenden gemeinsamen
Schlafzimmer stand weit offen.
    Er hätte nicht rufen sollen.
    Wie auf ein Kommando hin ruckten die Totenschädel herum. Die
dunklen Augenhöhlen waren gegen das Fenster gerichtet.
    Koller stöhnte. Der Anblick der sich nähernden Gestalten
jagte ihm einen eisigen Schauer über den Rücken.
    Eine Gestalt war riesiggroß und überragte die anderen
um mehr als zwei bis drei Köpfe.
    Das war Josef Burger, der Herr der Toten. Sie waren unterwegs in
das geheimnisvolle Leichenlabyrinth, von dem nur er wußte, wo
es lag.
    Mit dem Erwachen aus dem mehr als hundertjährigen Totenschlaf
war die Erkenntnis gekommen, wohin er sich wenden mußte und was
seine eigentliche Aufgabe war.
    Alois Kollers Schicksal war besiegelt.
    Seine Blicke irrten nach allen Richtungen.
    Die gespenstischen Gestalten gingen auf das Haus zu. Sie
rüttelten unten an der Tür. Einige fingen an, die Hauswand
hoch zuklettern.
    Vorspringende Steine und herausragendes Balkenwerk wirkten wie die
Sprossen einer Leiter.
    Das Grauen schnürte Koller die Kehle zu. Er empfand eine
Angst, wie er sie hie zuvor kannte.
    Er knallte die Fenster zu und stand sekundenlang wie gelähmt,
als das erste Gesicht hinter der Scheibe auftauchte und er dieses
zerstörte, bösartige menschliche Antlitz wahrnahm, in dem
lange, farblose Haare sprossen und aus Kinn und Backenknochen
wuchsen. Die schrecklich ausgefransten Lippen bewegten sich, die
Kiefer mahlten.
    Koller wich zurück, unfähig, den Blick von dem
schrecklichen Kopf zu wenden.
    »Maaarthaaa!« gellte sein Schrei durch das
mitternächtliche Haus.
    »Ja,… was ist denn los?« meldete sich eine
verschlafene Stimme aus dem Hintergrund.
    »Das Haus… die Toten… ich…«
    Unten krachte und splitterte es. Ein harter Gegenstand,
wahrscheinlich ein Stein, wurde mehrfach gegen das Schloß
geschlagen.
    Die Tür flog auf.
    Scherben klirrten. Das Fenster zersprang. Die unheimliche Gestalt
drückte die morschen Flügel zur Seite und kroch über
die Fensterbank. Hinter dem Eindringling folgten weitere nach.
    Kollers Atem ging erregt.
    »Was machst du denn für einen Krach, um Gottes willen?
Du hast eben die Weinflasche umgeworfen, nicht wahr?«
ertönte die vorwurfsvolle Stimme seiner Frau.
    »Martha! Schnell! Wir müssen fliehen!« Alois
Kollers Stimme überschlug sich. Er griff nach der Weinflasche
und warf sie kurzerhand der ersten Spukgestalt entgegen, die von der
Fensterbank sprang.
    Die Flasche krachte voll gegen das Brustbein.
    Die Gestalt zuckte nicht mal zusammen. Wie ein Roboter
näherte sie sich dem alten Mann und schien genau zu wissen, wo
er stand, obwohl sie keine Augen im Kopf hatte.
    Plötzlich stand der ganzeRaum voll. Sie kamen von
überall her. Durch das Fenster. Und sie kamen von unten,
über die Treppe!
    Zehn, zwanzig… sie waren überall.
    Und es ging alles rasend schnell.
    Die Frau kam aus dem Bett. Ihr dünnes, graues Haar sah
unordentlich aus.
    Das lange Nachthemd, ausgewaschen und grau, war aus Baumwolle.
    »Du hast zuviel getrunken und…« Sie taumelte an die
Tür, dann schrie sie gellend auf. Martha Koller riß die
Hände nach oben und preßte sie auf den
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