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M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

Titel: M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)
Autoren: Friedrich Ani
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gegenseitig in den Schweinestall. Als Tabor erfuhr, dass seine Mutter gestorben war, lief er zum Haus seines Freundes, das auf der anderen Straßenseite lag, und sie hockten den ganzen Nachmittag nebeneinander auf dem Speicher und spielten Schwarzer Peter.
    Am Tisch von Branko Süden und den Jungen saßen noch Lisbeth, die Schwester von Tabors Mutter Alma, und Willibald, ihr Mann. Vermutlich hätte Lisbeth mit ihrem Schwager gern ein Wort gewechselt, aber er hielt die meiste Zeit den Kopf gebeugt, rauchte seine Mentholzigaretten und trank als einziger Mann in der Gaststube keinen Schnaps.
    »Dürfen wir rausgehen?«, sagte Tabor. »Es ist so heiß hier.«
    Süden nickte, und die Jungen rannten zur Tür. »Du hast so ein Glück, dass du diesen starken Buben an deiner Seite hast«, sagte Lisbeth, und Branko Süden fragte sich, was sie mit Glück meinte.
    Auf dem Vorplatz setzten sich Tabor und Martin auf eine Bank und starrten den Asphalt an. Hinter ihnen auf der Straße ratterten Motorräder vorbei, in der lauen Luft hing ein Geruch nach Benzin, süßen Blumen und Gras.
    »Was machst du jetzt ohne deine Mama?«, fragte Martin leise.
    Tabor sagte nichts.
    »Glaubst du, dein Vater heiratet noch mal?«
    Tabor wusste es nicht. Es war ihm egal.
    Es war ihm nicht egal. Er wollte seine Mutter wiederhaben. Er schwitzte. Er wollte sich den schwarzen Anzug und das weiße, steife Hemd vom Leib reißen und in den See springen und bis ans andere Ufer schwimmen. Obwohl sein bester Freund neben ihm saß, kam er sich vor, als säße er allein auf einem Stein im Weltall.
    Er hatte irrsinnige Angst, dass sein Vater sich etwas antun oder fortgehen könnte. Er wusste nicht, wieso er diese Angst hatte, sie hockte in seinem Körper wie ein Krake. »Martin?«
    »Hm?«
    »Wenn mal niemand mehr da ist, mein Vater nicht mehr und die Tante Lissi und der Onkel Willi nicht mehr …«
    »Hm.«
    »… dann möchte ich, dass du noch da bist, das ist mir das Wichtigste. Verstehst mich? Du musst einfach immer da sein.«
    »Ich werd immer da sein, ewig, wo soll ich denn hin? Nach der dämlichen Schule ziehen wir in die Stadt, gehen zur Feuerwehr und werden hauptberuflich Feuerlöscher.«
    »Schmarrn.«
    »Was glaubst du, wie oft es in so einer Mordsstadt brennt. Jeden Tag. Oder du schneidest Leute aus ihren Autowracks. Oder du holst Kanarienvögel vom Baum. Da ist immer was zu tun. Feuerwehrmann, das ist die Zukunft.«
    Tabor schüttelte den Kopf. Dann schlug er Martin gegen den Hinterkopf, und Martin schlug zurück, und das ging eine Zeitlang so weiter, und sie schwitzten noch mehr, und die Sonne schien auf sie herunter, als hätte sie sonst nichts vor, und schließlich liefen sie ins Gasthaus zurück, um ihr Spezi doch noch auszutrinken.

Über Friedrich Ani
    Friedrich Ani wurde 1959 in Kochel am See geboren. Er schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele und Drehbücher. Seine Romane wurden in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Er erhielt vier Mal den deutschen Krimipreis und für sein Drehbuch »Süden und der Luftgitarrist« den Adolf-Grimme-Preis. Sein Roman »Süden« stand wochenlang auf Platz 1 der KrimiZEIT-Bestenliste und wurde zum besten deutschsprachigen Kriminalroman des Jahres 2011 gewählt. 2012 erhielt Ani den Bayerischen Fernsehpreis für das Drehbuch »Das unsichtbare Mädchen«. 2013 wurde sein letzter Roman »Süden und das heimliche Leben« mit dem 2. Platz des Deutschen Krimipreises ausgezeichnet. Friedrich Ani ist Mitglied des Internationalen PEN-Clubs und lebt in München.

Über dieses Buch
    Alles beginnt wie immer mit einer Vermisstenmeldung. Mia Bischof, Redakteurin beim »Tagesanzeiger« beauftragt die Detektei Liebergesell mit der Suche nach ihrem Freund Siegfried Denning. »Er war irgendwie anders in letzter Zeit.« Bei seinen Ermittlungen stösst Süden auf irritierende Hinweise im Arbeitsumfeld von Denning. Angeblich habe der Vermisste Kontakte zu Neonazis. Seine Freundin streitet dies vehement ab. Süden wird immer misstrauischer, die Arbeit an dem Fall für die übrigen Mitarbeiter der Detektei immer gefährlicher. Und für Edith Liebergesell führt der Fall zu dem traumatischsten Erlebnis ihres Lebens.

Impressum
    Knaur eBook
    © 2013 Droemer Verlag
    Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt
    Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München
    Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
    Covergestaltung: ZERO
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