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M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)

Titel: M: Ein Tabor Süden Roman (German Edition)
Autoren: Friedrich Ani
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Um dem Verfassungsschutz eindeutige Beweise gegen ihn zu liefern?«
    Edith kam zurück und nahm ihr Handy aus der grünen Handtasche. Kaum hatte sie es eingeschaltet, ertönte das Signal der Mailbox. Sie hörte die Nachricht ab, erschrocken, fassungslos. Zwanzig Minuten später standen sie im Treppenhaus der Detektei, in der ein ekelhafter Brandgeruch hing.
    Obwohl die Feuerwehr die Flammen innerhalb von zehn Minuten hatte löschen können, waren die Büroräume fast vollständig verkohlt, eine stinkende Müllhalde, überzogen von einem weißlich grauen Schaumteppich. Nach den Worten des Einsatzleiters handelte es sich um vorsätzliche Brandstiftung.
    Nach ersten Erkenntnissen hatten die Täter durch den Briefkastenschlitz in der Tür Benzin gegossen und ein brennendes Streichholz hinterhergeworfen. »Simple Methode«, sagte der Feuerwehrmann. Dann seien die Brandstifter unbemerkt entkommen. Mieter hätten den Geruch bemerkt und Alarm geschlagen. »Wir waren sofort da, die Feuerwache ist ja um die Ecke. Das war Glück, so konnten wir es bei einem Inneneinsatz belassen und mussten nicht an die Fassade. Gott sei Dank war die Menge des Benzins eher gering. Trotzdem, so ein Brandbeschleuniger kann eine fürchterliche Wirkung haben. Es tut mir sehr leid für Sie. Wir haben versucht, Sie zu erreichen, aber Ihr Handy war aus. Der Anschlag war vor ungefähr drei Stunden. Mein Kollege und ich haben bis jetzt Wache geschoben, wir waren etwas besorgt wegen möglicher Schwelbrände durch die Computer, aber da ist nichts mehr zu befürchten. Wir wollten grade abziehen.«
    Edith Liebergesell griff nach Südens und Patrizias Hand. Als einer der Brandfahnder vom Kommissariat 13, die die Nachbarn befragten und die Räume inspizierten, wissen wollte, ob er einen Arzt rufen solle, sagte sie: »Ich brauch nur Luft.« Zu dritt gingen sie die fünf Stockwerke hinunter und traten auf den sonnenhellen Sendlinger-Tor-Platz. Vor den beiden Lokalen saßen Gäste, aßen und tranken, als wäre in unmittelbarer Nähe nie ein Feuer ausgebrochen. Im Kino nebenan begann die erste Vorstellung.
    »Jetzt stehen wir auf der Straße«, sagte Edith.
    Wie eine lebende, sechsbeinige Skulptur standen die drei bewegungslos unter einem Kastanienbaum voreinander, Stirn an Stirn, und hatten sich gegenseitig die Arme um die Schultern gelegt. »Vater unser«, flüsterte Edith Liebergesell, »der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben …«

Epilog
    D ie Gaststube im Hotel zur Post war erfüllt von Stimmen, Zigarettenrauch und Gläserklirren. Die Beerdigung auf dem katholischen Friedhof war vorüber, nun aßen die Trauergäste Schweinebraten mit Knödel und Krautsalat, die Kinder Schnitzel mit Pommes frites, und wer Fisch bestellt hatte, bekam eine fangfrische Renke aus dem Taginger See mit Salzkartoffeln und grünem Salat. Die Frau, die nach langer Krankheit verstorben war, hatte seit der Nachkriegszeit im Dorf gelebt, ebenso wie ihr Mann, ein Ingenieur aus der örtlichen Maschinenbaufabrik.
    Auch den Sohn der Familie kannte fast jeder, weil er sonntags als Ministrant am Gottesdienst mitwirkte und im Sommer mit seinem besten Freund auf die Kühe des Bauern Erpmaier aufpasste. Die Tiere hatten die Angewohnheit, ihre Wiese zu verlassen, das Gatter niederzutrampeln und einen Spaziergang durch Taging zu unternehmen, nicht ohne die Straßen und Vorgärten mit gehörigen Fladen zu bedecken. Erst am vergangenen Samstag hatten die beiden Buben wieder alle Hände voll zu tun, Zenzi und ihre Freundinnen dahin zu scheuchen, wo sie hingehörten. Sie schafften es, und der alte Erpmaier schenkte jedem von ihnen fünfzig Pfennige.
    »Hast du keinen Durst?«, fragte Branko Süden seinen Sohn.
    Tabor schüttelte den Kopf.
    »Sei nicht immer so maulfaul.«
    Das sagte ausgerechnet sein Vater, dachte Tabor. Sein Vater kam von der Arbeit nach Hause, aß zu Abend, las in der Zeitung, ging ins Bett. Wenn er mal was sagte, klang es eher nach einem Murmeln. Tabor hatte sich daran gewöhnt, aber seine Mutter nie.
    »Und was ist mit dir, Martin?«
    »Bin voll«, sagte der zwölfjährige Martin Heuer.
    »Ich bin satt, heißt das.«
    »’tschuldigung, Herr Süden.«
    Seit dem Kindergarten waren die Jungen die besten Freunde. Sie spielten zusammen, saßen im Schulbus nebeneinander, halfen sich bei den Hausaufgaben, sperrten sich
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