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Luzidzone: Projekt Alpha (German Edition)

Luzidzone: Projekt Alpha (German Edition)

Titel: Luzidzone: Projekt Alpha (German Edition)
Autoren: Sascha Menzer
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Applaus bedacht werden sollte, um den Eindruck zu vermitteln, es handele sich um eine vom Zuschauer gewollte und gewünschte Darstellung. Es offenbarte sich ein groteskes Verständnis dessen, was Kultur sei. Dem Fernsehzuschauer wurde ein voll gefüllter Saal  vorgeführt, damit er glaube, alle Menschen um ihn herum seien derart geistige Tiefflieger, dass er alleine keine Chance habe, mit diesen Menschen Änderungen in Richtung einer sinnvollen Gesellschaft herbeiführen zu können und sich so allein und isoliert fühlte, und er musste das irrsinnige Treiben mitspielen, um dazu zu gehören. Mit diesem billigen Taschenspielertrick schienen die Eliten verhindern zu wollen, dass sich Menschen zusammentun und austauschen können. Wer glaubt, dass um ihn herum nur Schwachköpfe und Mitläufer existieren, die Zahnräder in einer wahnsinnigen Maschine sind, findet alleine schwerlich Mut, dagegen anzukämpfen und mit anderen Menschen zu kommunizieren. Die Isolation intelligenter Menschen ist die Folge. Geschichte wiederholt sich eben. Er wollte nicht wissen, wie vielen anderen Menschen es genauso erging wie ihm selbst, die dieser Täuschung unterlagen. Noch absurder erschien es ihm, dass diese vollständige Entfremdung auch noch per staatlich verordneter Zwangsgebühr  finanziert werden sollte, ob man diesen Unfug nun sehen wollte oder nicht. Nach der Werbepause gab es eine Meldung zu einer Demo und Straßensperrungen rund um den Alexanderplatz. Eine Reihe von Verbänden hatte zum Protest gegen die Agrarindustrie aufgerufen und zigtausende Menschen protestierten gegen Massentierhaltung und Tierquälerei. Er verstand nicht, wie diese Meldung direkt im Anschluss an den Putenfleisch-Spot gesendet werden konnte, entweder sollte dies zur weiteren Verwirrung und Verdummung der Menschen führen oder die Programm-Macher waren wirklich so weit entfernt von jeder Logik und Sinnhaftigkeit, er nahm nach kurzer Überlegung das letztere an. Zeitungen, Radio und Fernsehen waren für ihn nichts weiter als Sprachrohre eines verkorksten Systems, das sich selbst erhalten wollte. Die Einführung des Internet war ihm damals vorgekommen, als hätte man die Tür zu einer neuen Welt aufgestoßen. Plötzlich konnte man diesen Wall aus künstlichen und manipulierenden Informationen unbekannter Lobbyisten durchbrechen und an freie, unverfälschte, wirkliche Information gelangen. Der Kampf im Internet um die Informationsvorherrschaft hatte gerade erst begonnen.
    Er stellte sich im Geiste vor, wie er das anstehende Telefongespräch führen würde, falls jemand am anderen Ende der Leitung abheben würde. Sein Bauch bescherte ihm dabei ein mulmiges Gefühl. Sollte er nicht lieber die Finger davon lassen? Was, wenn er wieder über den Tisch gezogen würde, wenn das wieder so eine Abzocker-Hotline war, um ratsuchende Naive in möglichst lange Gespräche zu verwickeln, um teures Geld für Hokuspokus-Analysen zu kassieren? So einen Job würde er nie und nimmer machen, selbst, wenn sie ihm dafür einen Traumstundenlohn zahlen würden. Er würde sich nicht auch noch den letzten Funken seines Verstandes, den er sich so mühevoll gegen die geballte Macht des Irrsinn-Stroms bewahrt hatte, für eine derart schändliche Tätigkeit gegen sein inneres Bestreben opfern. Jedenfalls war er finanziell noch nicht abgebrannt genug dafür. Einige Provisionen für telefonisch verkaufte Seminar-Tickets hatte er zum Glück doch noch erhalten, wenigstens hatte dieses Trennwand-Boxen-Callcenter, das er einen Monat zuvor besucht hatte, zwar unpünktlich - aber dennoch wenigstens überhaupt - bezahlt. Seine finanzieller Tankanzeiger war noch nicht ganz im roten Bereich. Keinesfalls wollte er sich in die Behördenmühlen begeben, die ihn nur noch mehr in die Armut brachten, denn das war schließlich ihr Job. Erfahrung in diesem Bereich hatte er genügend gesammelt, und es erforderte ihn immer mehr Kraft und Energie, diese sinnlosen Pseudo-Maßnahmen zu ertragen, die allein zur Beschönigung der Arbeitslosenstatistik dienten, als auf dem freien Markt nach Arbeit zu suchen und einige schlecht bezahlte Klinkenputzer-Jobs zu machen. Soweit hatten sie ihn noch nicht wieder, dass er wieder in der Schlange stehen sollte und sich nach unendlich lange scheinenden Wartezeiten auf harten orangefarbenen  Kunststoffsitzen nach Aufruf seiner Wartenummer wieder voll entblößen zu müssen, um eine monatliche Tropf-Speisung zu erhalten, von der man nicht einmal ohne eine zusätzliche schwarze
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