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Luzidzone: Projekt Alpha (German Edition)

Luzidzone: Projekt Alpha (German Edition)

Titel: Luzidzone: Projekt Alpha (German Edition)
Autoren: Sascha Menzer
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haben.
    Er wälzte sich zur Seite und döste sich in den Halbschlaf. Gegen Abend schaltete er den Fernseher vor seinem Bett ein und kämpfte sich durch das Vorabendprogramm. Bei einem Astro-Kanal blieb er hängen und schaute einer Kartenlegerin beim Beraten von einsamen Frauen auf Partnersuche und Männern ohne Frau und Job zu, die ihre ohnehin knappe staatliche Unterstützung den selbsternannten Astro-Gurus in den Rachen warfen. Den naiven Anrufern wurde im Minutentakt Geld, Glück, Gesundheit und eine glückliche Zukunft versprochen. Die Leute bezahlen dafür, was sie hören wollen, dachte er. Er stand auf und ließ den Fernseher laufen, während er sich in der Küche etwas zu essen machte. Mit einem Teller voller Nudeln mit Pesto kam er zurück, setzte sich aufs Bett und schaute weiter der Quacksalberei am Fließband zu, während er die Spirelli-Nudeln aufspießte und in der grünen Cashew-Masse wälzte. Er stand noch einmal auf, um den benutzten Teller und das Besteck in die Spüle zu legen, dann ging er ins Bad und machte sich für das Bett fertig. Er legte sich wieder hin und reduzierte die Fernseher-Lautstärke, um die Nachbarn nicht zu stören. Einen Science-Fiction Spielfilm später und kurz nach den Spätnachrichten legte er sich auf die Seite und hörte mit geschlossenen Augen einem Musiksender zu, dessen Werbepausen nachts glücklicherweise nicht ganz so dicht getaktet waren wie am Tage. Diese Nacht würde er ohne Bier überstehen, nahm er sich vor, und er rechnete sich sehr gute Chancen aus, dieses Ziel zu erreichen, denn er war schon viel zu müde, um noch einmal aufzustehen. Mit leichtem Völlegefühl im Magen schlief er ein und erwachte nach einem unruhigem Schlaf bei dem morgendlichen schwachen Lichteinfall, den die Sonne über dem wolkenverhangenen Berliner Himmel noch hergab. Seine morgendliche Begrüßung bestand aus Verstand minimierenden Songs von Lady Gaga und Rihanna sowie Werbespots von Fisherprice. Die Konsumkonzerne träufelten ihr süßes Gift mit Hilfe subliminaler Beschallung und buntem Geflimmer in die jungen Gehirne der Generation „Smartphone“, um leicht beeinflussbare Jugendliche auf schnell vergängliche Bedürfnisbefriedigung und Ausgleich ihres mangelnden Selbstwertgefühls durch Markenartikel einzuschwören. Er schaltete den Hirnwaschkasten ab, stand auf und kochte sich einen Kaffee. Es war kurz vor 10.00 Uhr. Bis zu dem Termin hatte er noch Zeit, um sich zu duschen und anzukleiden. Außerdem wollte er noch kurz seine Emails checken. Vielleicht war zwischen den gefühlten 50 Spam-Nachrichten täglich ja irgendwo mal eine verwertbare Information an ihn persönlich gerichtet. Er duschte, und nachdem er seine Tasse Kaffee getrunken und zwei Scheiben Brot mit Butter und Käse gefrühstückt hatte, begab er sich ins Internet.
    In seinem Posteingang befanden sich 36 neue Nachrichten. Der größte Teil bestand aus Gewinnspiel-Benachrichtigungen und Frauen, die ihn angeblich kennenlernen wollten. Es waren aber auch dubiose Mails von Leuten dabei, die, um an ein Erbe in Afrika zu gelangen, angeblich eine Person mit deutscher Staatsbürgerschaft brauchten und dafür 50% des Erbes in Aussicht stellten. Außerdem waren darin einige Mails, die Kreditkarten- und Kontensperrungen vorgaukelten und die man durch Eingabe seiner Kreditkartennummer wieder entsperren sollte sowie eine Viagra-Werbung und einige Mails mit Links zu Pornoseiten. Es wurde im Fernsehen oft genug vor diesen „Phishing Mails“ und Betrugsnachrichten gewarnt. Das Fernsehen hatte sich vor einiger Zeit das Internet als Feind ausgesucht, weil es seine eigene manipulative Macht schwinden sah, diesen Kampf verlor es jedoch von Tag zu Tag mehr. Er hatte sich schon angewöhnt, all diese Betreffzeilen der E-Mails, die ihn meistens persönlich mit Vornamen begrüßten, zu überfliegen und visuell auszufiltern. Sein Name war in vielen Newsletter-Abos eingetragen, den er auf der naiven Suche nach finanziellem Glück und Liebe unwissend preisgegeben hatte. Er bereute seine Leichtgläubigkeit und kämpfte sich nun jeden Tag durch dieses Werbebombardement.
    Für ihn persönlich schien es in seinem Emailfach nur eine Freundschaftsanfrage zu geben von einer alten Klassenkameradin, die sich scheinbar in dem selben kostenlosen Sozialnetzwerk, wie er selbst auch, angemeldet hatte. Er hatte fast alle Kontakte mit dem Wegzug von seiner früheren Heimatstadt verloren, zu seinen Eltern und anderen nahen Verwandten hatte er keinen Kontakt. Nur
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