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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster
Autoren: Karin Wahlberg
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nicht ein, wie ich dir helfen könnte.«
    »Ich werde einfach noch ein Weilchen warten«, sagte er schweren Herzens. »Aber besorgt bin ich schon.«
    »Du willst nicht rausgehen und nach ihr suchen?«
    Er überlegte. Der Gedanke hatte ihn natürlich auch schon gestreift.
    »Du hast Recht. Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Das Problem ist nur, dass ich dann nicht da bin, wenn sie nach Hause kommt.«
    »Willst du, dass ich zu euch nach Hause komme und dort auf sie warte? Sie in Empfang nehme, wenn sie eintrifft?«
    Er überdachte ihr Angebot.
    »Falls sie ihr Handy verloren hat oder die Batterie leer sein sollte, meine ich«, sagte sie. »Ich kann mich anziehen, mich ins Auto setzen und zu dir rüberkommen. Ich rufe dich dann an, sobald sie nach Hause kommt.«
    Er konnte nicht widerstehen.
    »Das wäre sehr nett von dir«, sagte er.
    Harald zog sich die Hose an, die er vor Kurzem ordentlich auf einen Bügel gehängt hatte. Das Jackett ließ er jedoch hängen und wählte stattdessen einen Pullover.
     
    Während er weg gewesen war, hatte sich Harriet einen Kaffee gekocht. Es duftete, als er die Tür öffnete. Aber er merkte sofort, dass Charlotte nicht nach Hause gekommen war. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Polizei zu verständigen.
    Er bedankte sich bei Harriet.
    »Ich werde wohl Mühe haben einzuschlafen. Zum Glück muss ich morgen nicht arbeiten«, sagte sie, bevor sie ging.
    Er versprach ihr, sie anzurufen, sobald Charlotte auftauchte, selbst wenn es sehr spät war.
    Dann begann er, ruhelos in dem leeren Haus auf und ab zu gehen. Dieses Haus, das für zwei Personen sowieso viel zu groß war. Aber sie hatten ja damals auch mehr Bewohner eingeplant.
    Nachdem er mit einem Polizisten telefoniert hatte, der ihn zwar ernst nahm, aber nicht willens schien, Himmel und Erde in Bewegung zu setzen, floh er ins Schlafzimmer. Gerne wäre er der quälenden Ungewissheit in den Schlaf entronnen.
    Was natürlich ein vollkommen abwegiger Gedanke war. Mit aufgerissenen Augen und leerem Blick lag er in dem dunklen Haus mit den vertrauten, leeren Zimmern, starrte an die Decke und lauschte gespannt. Nur das Rascheln der Zweige war zu hören. Das Schlafzimmer zeigte zum Garten. Das Fenster stand einen Spalt offen.
    Manche Menschen werden in Situationen wie dieser vollkommen hysterisch, dachte er. Er aber blieb ruhig. Der geborene Chef behielt den Überblick. Das saß im Rückenmark.
    Er sah sich gerne als jemanden, der mit dieser Eigenschaft geboren worden war. Nicht mit einem Silberlöffel im Mund, nein, das wirklich nicht. Er kam aus einfachen Verhältnissen. Aber er war mit einem stabilen Charakter auf die Welt gekommen. Ein Material, aus dem sich alles Erdenkliche schaffen ließ. Was er auch getan hatte, und zwar ganz allein.
    Der Gedanke an seine eigene Unerschütterlichkeit verlieh ihm Zuversicht. Er wusste, dass er schwierige Situationen meistern konnte, selbst wenn sie lange andauerten. Er war zäh und unermüdlich.
    Ein Mensch, der es nicht gewohnt ist, etwas geschenkt zu bekommen, kann immer verborgene Kraftreserven mobilisieren. Auch diese Situation kriege ich in den Griff, dachte er.
    Im gleichen Moment spürte er, wie ihn der Schlaf schließlich doch übermannte.
     
    Veronika Lundborg stand gefasst am Operationstisch, dessen Kante sie durch ihre Kleider am Oberschenkel spürte. Im OP herrschte konzentrierte Stille.
    Auf der anderen Seite der Patientin und gegenüber von Veronika stand Daniel Skotte. Die OP-Schwester stand an ihrem Platz neben dem Fußende am Instrumententisch, der über die Beine des Patienten ragte.
    Veronika mochte Rose, eine fähige Person. Sie dachte immer einen Schritt voraus, wie es sich für eine routinierte OP-Schwester gebührte. Skotte war anpassungsfähig und gelassen. Außerdem wirkte er nie zu gelangweilt oder eifrig, was den Arbeitsrhythmus hätte stören können. Eine Operation war wie ein Ballett und gelang dann am besten, wenn sich die Beteiligten einander anpassten. Veronika hatte Daniel Skotte zum Teil selbst angelernt. Sie waren aufeinander eingespielt. Er war ausdauernd und zäh, wenn auch keine außergewöhnliche Naturbegabung. Das waren sowieso nur wenige.
    »Hat sie Antibiotika bekommen?«, fragte Veronika Arne, den Anästhesisten.
    »Ja«, antwortete er und blickte zum Tropf. »Bald durchgelaufen.«
    Rose reichte ihr ein Skalpell, und Daniel Skotte erhielt ein steriles Tuch. Er und Veronika betrachteten den gesäuberten Bauch. Es herrschte Stille. Nur das
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