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Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)

Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)

Titel: Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
Autoren: Tony Vagner
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    Mitten in Europa, in einem kleinen
Alpenland, gibt es, ein wenig versteckt vor dem Rest der Welt, einen Ort mit
dem schönen Namen Dirnitz . Will man sich diesem Ort nähern, so muss man,
abseits von Autobahnen und Fernstraßen, über Pässe und Sättel fahren, in manch
unscheinbare oder finstere Gräben einbiegen, bis man schließlich, über eine
schlecht asphaltierte, holprige Straße in jenes Universum eintaucht, das,
umrahmt von grünen Almen und ansteigenden Felszinnen, sich als kleines, sanft
gewelltes Tal vor einem ausbreitet.
    In diesem Tal, auf das man von
der Zufahrt herabblickt, liegt das Dorf Dirnitz mit seinen Häusern und seinen
angrenzenden Gehöften wie ein Haufen kleiner, bunter Mah-Jongg-Steinchen. Und
an schönen Frühsommervormittagen, wenn sich der Morgennebel schon gehoben hat, legt
sich die laue Sonne wie ein stimmloser Akkord breit ins Dirnitztal, über dem
die Bussarde langsam und bedächtig ihre Kreise ziehen.
    Aus den dirnitzer Fensterkästen
wuchern im Sommer die Geranien, in den Beeten vor den Häusern blühen kokett
duftende Rosenhecken und an den Hauswänden und Zäunen rankt sich das Geißblatt
neugierig in die Höhe.
    Am Hauptplatz der
Springbrunnen, in dem die Kinder im Sommer plantschen und wo man am Abend auf
der Brunnenbank sitzt und sich die Geschichten des Tages erzählt.
    Doch auch wenn der Ort Dirnitz
in vielerlei Hinsicht dem Klischee eines Miniaturparadieses nahekommt, so hat
er sich bislang der Sommerfrischlerei erfolgreich verwehrt. Nur wenige Kletterer
und eine Handvoll Urlauber finden hier her. Man lebt hauptsächlich von der
Rinderzucht. Und da man im Grunde genommen bescheiden ist, und die beschauliche
Ruhe den meisten Menschen hier mehr wert ist, als das laute Leben ringsum, ist
in Dirnitz, wenn man von ein paar technischen Errungenschaften absieht, im
Großen und Ganzen alles so geblieben, wie es schon vor fünfzig oder hundert
Jahren war.
    In diesem so paradiesischen Ort
nun gibt es einen Bürgermeister, der heißt Gerstl. Und einen Tierarzt, nämlich
Herrn Dr. Gravogl. Und der Gravogl hat in einem dirnitzer Rinderhof drei Milchkühe
mit Verdacht auf FBB entdeckt. Die Symptome sind eindeutig, denn es zeigen sich
typische Bläschen in der Aftergegend, die so nur bei FBB vorkommen. Die letzte
Gewissheit allerdings steht noch aus: der Antikörpertest! Doch zögert der
Gravogl, den Tieren Blut abzunehmen und es ins Labor zu bringen. Ist der Test
positiv, so kann die ganze Gemeinde Dirnitz ihre Pforten schließen, denn die
meisten Menschen hier leben von der Rinderzucht. Und deswegen denkt Gravogl
sehr, sehr lange nach, ehe er den nächsten Schritt in dieser Angelegenheit
unternimmt. Der besteht schließlich darin, dass er seinen Schwager, Herrn
Bürgermeister Gerstl anruft. Man vereinbart ein Treffen beim Steinbockwirten,
in einer halben Stunde.
    Beim Wirten verschwindet man
bald ins Extrazimmer, wo man ungestört reden kann. Gerstl, der Bürgermeister,
nimmt die Sache sehr ernst. Wenn es stimmt, was sein Schwager diagnostiziert
hat, dann ist die Existenz der ganzen Gemeinde in Gefahr. Viele seiner
Verwandten und Freunde hier haben Rinderzuchtbetriebe, und auch er selbst,
Gerstl, hat über vierzig Rinder im Stall. Nicht auszudenken, was geschehen
würde, wenn es zu Quarantäne, Keulungen, Verkaufseinschränkungen und so weiter
käme.
    „Ich kann die Sache nicht mehr lange
zurückhalten!“, sagt Gravogl.
    Und da es bisher leider auch
keinerlei Medikamente gegen diese Rindervirose gibt, ist man vorerst einmal
ratlos. Der Tierarzt riskierte mit seinem Schweigen seinen Kopf, der
Bürgermeister mit seinem Nicht-Schweigen das Wohl seiner Gemeinde.
    Aus dieser misslichen Situation
heraus treffen die beiden schlussendlich eine Entscheidung: Sie werden die
Angelegenheit vorerst geheim halten! Der betroffene Bauer, der Karner Johann,
dürfe in den nächsten Wochen keine Tiere verkaufen. Und er müsse den Mund
halten. Für die Einbußen werde man schon eine finanzielle Entschädigung
organisieren.
    Im übrigen werde man einen
verrückten Versuch starten:
    „Wenn schon unsere Schulmedizin
nicht helfen kann“, meint Gravogl, „dann kann vielleicht die Naturmedizin
helfen.“
    Seine Frau kenne eine
Naturheilerin, von der nur in den höchsten Tönen geschwärmt wird. Gravogl werde
sich mit ihr in Verbindung setzen und sie bitten, sich die Sache einmal
anzuschauen. Ja, das wird er tun! Aber wenn die auch keinen Erfolg hat, dann
wird er die Sache melden müssen - falls die
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