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Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)

Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)

Titel: Die Freifliegerin Ein Hexenthriller (German Edition)
Autoren: Tony Vagner
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Wahrheit bis dahin nicht ohnedies
bereits an die Öffentlichkeit gelangt ist.

2
     
    Doch einiges hat Gravogl nicht
geahnt: Die Naturheilerin - sie heißt übrigens Miriam - soll angeblich eine
Hagazussa sein. Zuerst hat der Gravogl gar nicht gewusst, was eine Hagazussa
überhaupt ist, aber dann hat ihn seine Frau, die Schwester vom Gerstl,
aufgeklärt und ihm erklärt, eine Hagazussa sei eine Hexe. Das moderne Hexentum
sei eine Art pantheistische Naturreligion, die auf alten Hexenritualen und
heidnischen Kulten aufbaue.
    Mit einem Mal sieht Gravogl
auch die letzte Hoffnung schwinden, dachte er doch, er hätte eine Frau
hergebeten, die sich´s mit Kräutern, Bachblüten und Homöopathie versteht. Aber
eine Hexe!
    Als er sie dann das erste Mal
sieht, bei ihrer Ankunft in Dirnitz, am Parkplatz vorm Steinbockwirten, spürt
er eine seltsame Verwirrung. Eine Frau, knapp über dreißig vielleicht, die aus
einem neuen Cherokee steigt, an dessen Anhängerkupplung ein ziemlich alt
aussehender Zigeunerwagen hängt. Als sie ihm die Hand reicht, rutscht etwa ein
Dutzend schmaler Silberreifen mit klackerndem Geräusch über ihren Unterarm zum
Handgelenk. An einem Lederband um den Hals trägt sie einen silbernen
fünfzackigen Stern. Einen kurzen Moment lang schaut Gravogl in die Augen der
Frau: Eine seltene Mischung aus Schiefergrau, Moosgrün und Umbra färben ihre
Iris. Doch noch viel auffälliger: Während sie ihm und dann auch dem Gerstl, der
ebenfalls zum Begrüßungskomitee gehört, die Hand reicht, hat sie ihr Smartphone
ans Ohr gedrückt und unterhält sich wie selbstverständlich zwischendurch auch
in leisen Worten mit ihrer Telefonpartnerin. Diese heißt Sonja, das hört er
mehrmals deutlich. Gravogl kann so ein Benehmen eigentlich nicht ausstehen.
    Sie tauschen ein paar
Begrüßungsfloskeln. Amüsiert beobachtet die Hagazussa, die mittlerweile endlich
ihr Telefongespräch mit Sonja beendet hat, einen Traktor, der einen langen,
entrindeten Fichtenstamm die Straße zum Hauptplatz hinauf schleift.
    „Morgen ist der erste Mai“, murmelt
der Bürgermeister, als müsse er diese Aktion vor Miriam rechtfertigen. Doch
Miriam kennt diesen Brauch und seinen Ursprung wahrscheinlich besser als der
alte Gerstl selbst.
    Man geht miteinander ins
Wirtshaus, wo man sehr bald im Extrazimmer verschwindet. Von allen Seiten der
Wände starren ausgestopfte Rothirsch- und Gämsentrophäen auf sie herab. Sogar
der große Deckenleuchter in der Mitte des Extrazimmers besteht aus
Abwurfstangen, und es scheint, als ob für die Einrichtung dieses Zimmers die
dirnitzer Jägerschaft ganze Wälder leer geschossen hat. Miriam schüttelt
innerlich den Kopf. Sie fühlt sich nicht wohl in einem Raum, der ausschließlich
dem für sie recht fragwürdigen Triumph eines modernen Jagdgewehres über den
stolzen Hirsch oder die flinke Gämse geweiht ist. Abgefeuert nicht selten von
alten Herren auf gepolsterten Jagdbänkeln in ihren Hochständen. Doch sie weiß
auch, dass gegen diese Tradition anzurennen nur wenig Sinn macht. Zu tief
verwurzelt ist der Glaube in den Männerhirnen, dass Jagd und Männlichkeit
zusammengehörten. Nie könnte sie sich vorstellen, einem Hirsch oder Reh aus
Lust am Töten das Lebenslicht auszublasen. Viel zu sehr ist sie selbst ein
Waldtier. Deshalb versucht sie, ihre Umgebung vorerst einmal auszublenden.
Stattdessen lächelt sie nun breit und fast ein bisschen unverschämt wirkend den
Gravogl und den Gerstl an.
    „Jetzt sagen Sie mir noch
einmal ganz genau, was für ein Problem Sie haben und was Sie genau von mir
erwarten.“
    Den Gravogl ärgert´s, denn
eigentlich hat er ihr am Telefon alles schon einmal haarklein erklärt. Doch der
Gerstl setzt bereits zum Reden an und schildert der Hagazussa die Sache noch
einmal bis ins kleinste Detail. Dabei schaudert es den Tierarzt ein wenig, als
ihm einfällt, dass der Bürgermeister ja noch gar nicht weiß, mit welcher
besonderen Art von Naturheilerin sie es da zu tun haben. Gerstl schließt
endlich mit der Bitte um absolute Geheimhaltung. Niemand dürfe auch nur einen
Verdacht davon haben, dass es in dieser Gemeinde und in diesem Ort erkrankte
Rinder gebe, und niemand dürfe wissen, dass sie, die Hagazussa, diese Tiere
behandle, auf welche Art auch immer.
    „Sie wissen, wie ich die Sache
angehe?“
    Miriam blickt Gerstl an. Gerstl
schaut nichtwissend zurück. Gravogl versucht indes einen etwas unbeholfenen,
beschwichtigenden Zwischenkommentar. Doch dann auch schon die
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