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Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
Autoren: Gwen Bristow
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wandte sich zu ihren Kindern, umarmte sie ein letztes Mal und schwang sich dann auf ein Pferd. Die Haussklaven eilten aus ihren Quartieren herbei. Die meisten hatten keine Zeit gehabt, sich anzukleiden. Judith kehrte ins Haus zurück und holte Schießwaffen für Josh, Cicero und ein paar andere der ältesten und zuverlässigsten Sklaven. Dann stieg auch sie in den Sattel, und sie ritten den Feldnegern entgegen.
    Allem Anschein nach hatte der Führer den Befehl gegeben, sich dem Haus ruhig zu nähern, aber als die Rebellen sahen, daß die Haussklaven ihnen bewaffnet und zu Pferde entgegenkamen, brach die letzte Disziplin bei ihnen zusammen, und sie stürzten mit wildem Schreien vorwärts. Es waren höchstens hundert Feldneger. Sie ritten auf den Maultieren, die zur Arbeit gebraucht wurden, und trugen Stöcke und Fackeln, die sie aus Feuerholz gemacht hatten. Nur wenige hatten Gewehre, denn außer den Aufsehern durfte auf den Feldern niemand Schußwaffen tragen. Aber mit Entsetzen sah Judith, daß viele der Schwarzen Macheten über den Köpfen schwangen, diese mörderischen Zuckerrohrmesser mit kurzem Handgriff. Die Klingen waren oben breit und wurden nach unten schmaler. Die Schneiden hatten an beiden Seiten Sägezähne. Die Macheten wurden morgens von den Aufsehern unter die Arbeiter verteilt und am Abend wieder in die Zuckerhäuser eingeschlossen. Durch wessen Fahrlässigkeit mochte es den Negern gelungen sein, in ein solches Haus einzubrechen? Aber plötzlich erinnerte sie sich, daß Benny Aufseher auf der Zuckerplantage gewesen war und auch Macheten unter Verwahrung gehabt hatte. Eine unheimliche Wut überkam sie. Sie sah ihn auf einem Pferd an der Spitze der brüllenden Menge. Eine Fackel beleuchtete sein Gesicht, und sie erkannte ihn an seiner Ähnlichkeit mit Philip.
    Sie hörte einen Schuß, dann noch einen. Als sie sich umblickte, sah sie die Aufseher, die nur spärlich bekleidet gegen die Neger anritten. Von allen Seiten stürzten Negerinnen herbei und schrien vor Furcht und Schrecken.
    »Werft die Macheten auf den Boden!« hörte Judith den Ruf einer Männerstimme.
    Die Aufseher schossen, und mehrere Neger stürzten zu Boden. Andere ließen ihre Macheten fallen. Aber Judith sah es kaum. Sie war sich nur bewußt, daß Benny auf sie zuritt. Jetzt war er ganz nahe. Er hatte eine Machete an einem Strick um den Hals gebunden und eine Pistole in der Hand.
    »Schießt diesen verdammten weißen Nigger vom Gaul!« rief einer der Aufseher. »Er ist der Anführer der ganzen Bande, er hat sie aufgehetzt!«
    Judith hob ihre Waffe. Ihre Hand war vollkommen ruhig, als sie zielte und abdrückte.
    Einen Augenblick schwankte Benny, aber er riß sich zusammen und trieb sein Pferd an. Judith feuerte zum zweitenmal und sah, daß er zu Boden stürzte.
    »Achtung, alte Miß!« rief jemand hinter ihr, aber sie erkannte die Gefahr kaum, in der sie schwebte. Sie zwang ihr Pferd mitten in den wirren, schwarzen Haufen hinein und streifte den Zügel über den linken Ellbogen, während sie die Waffe aufs neue lud. Und als sie an Benny vorbeiritt, der zusammengebrochen war, beugte sie sich vor und gab noch einen Schuß auf ihn ab.
    Dann fühlte sie plötzlich einen scharfen, feurigen Schmerz in dem Knie, das sie über den Sattel gelegt hatte, und sah im Schein einer Fackel eine Machete mit den schrecklichen Sägezähnen aufblitzen. Mit dem Gewehrkolben stieß sie die Waffe beiseite, bevor diese sie ein zweites Mal treffen konnte. Einen Augenblick saß sie wie erstarrt und hörte kaum das entsetzliche Wiehern ihres Pferdes. Es war, als ob der Schmerz im Knie all ihre Tatkraft zerstört hätte. Sie konnte an nichts anderes mehr denken als an das, was sie eben getan hatte.
    Ihr Geist war merkwürdig fühllos im Gegensatz zu der Gewalt des Schmerzes, der ihren ganzen Körper durchzitterte. Die Schüsse und die Kampfrufe um sie her schienen aus weiter Ferne zu kommen. Sie fühlte, daß eine Hand sich über die ihre auf den Zügel legte, und sie hörte, daß in der Dunkelheit jemand sagte:
    »Alte Miß verwundet – werden gleich Bewußtsein verlieren.«
    Es war der treue Josh, der einst mit Philip den Fluß heruntergekommen war. Sie erkannte ihn an der Stimme und wußte, daß er sie vom Pferd gehoben hatte. Das war das letzte, was ihr an diesem Abend zum Bewußtsein kam.
    Als sie wieder zu sich kam, hatte sie das Gefühl, daß die ganze untere Hälfte ihres Körpers in Flammen stünde. Jemand hatte ein feuchtes Tuch auf ihr Gesicht gelegt.
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