Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden

Titel: Louisiana-Trilogie 1 - Tiefer Süden
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
kommen.«
    So gingen sie vorbei, einer nach dem anderen, und legten Blumensträuße aus ihren Gärten auf den Toten, bis er über und über mit Rosen und Lilien und purpurroten Wasserhyazinthen aus den kleinen Wasserbuchten bedeckt war.
    Schließlich war alles vorüber. Sie trugen Judith ins Haus, denn sie war noch nicht kräftig genug, um auf den Kirchhof mitfahren zu können. Judith lag im großen Wohnzimmer, und Christine war bei ihr, falls sie etwas brauchen sollte. Sie wußte, was jetzt geschah. Sie würden ihn nach St. Margarethen geleiten. Eine kleine, aus Baumstämmen zusammengefügte Kapelle, als Judith und Philip noch jung waren, aber jetzt ein mächtiger Bau aus grauen Steinen, die man den Strom heruntergebracht hatte. Dort betteten sie Philip in dem Familiengrab der Larnes zur letzten Ruhe. Neben dem kleinen Philip, der vor siebzehn Jahren dort beigesetzt worden war. Ein Gedenkstein war für ihn errichtet, der die Daten seiner Geburt und seines Todes und einen Spruch aus der Heiligen Schrift trug.
    Und jetzt würden sie einen anderen Stein auf dieses Grab setzen. Sie konnte ihn im Geiste vor sich sehen. ›Philip Larne. 6. Juni 1744. Gestorben auf der Ardeith-Plantage in Louisiana am 23. September 1810. Kein Mensch lebt sich selbst, und keiner stirbt sich selbst …‹
    Warum hatte sie diesen Spruch gewählt? Warum nicht: ›Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben‹, oder einen anderen? Sie wußte es nicht, aber der erste paßte so gut für Philip.
    Allmählich nahm das Leben auf Ardeith auch ohne Philip wieder einen geordneten Gang. David hielt eine Besprechung mit den Aufsehern der Baumwollfelder ab. Bis dahin hatte er nichts mit der Baumwolle zu tun gehabt. Er sagte ihnen, sie möchten so bald wie möglich ihre schriftlichen Berichte einreichen, damit er sich unterrichten könne. Auf den am weitesten entfernt liegenden Feldern sollten sie mit der Ernte beginnen und sich auch um die Entkörnungsmaschinen kümmern, damit diese sich immer in gutem Zustande befänden.
    Allmählich schloß sich die Lücke, die Philip zurückgelassen hatte. Niemand vermißte ihn im Grunde. Nur in Judiths Leben war eine große Leere eingetreten.
    Die anderen sagten es ihr nicht, aber bald erkannte sie selbst, daß ihr Knie niemals vollkommen heilen würde. Die Schmerzen würden sich verlieren, aber das Knie blieb verkrüppelt. Für den Rest ihres Lebens würde sie lahm bleiben und nie wieder in den Sattel steigen können.
    Aber das war alles nicht wichtig. Nichts war wichtig als dieses trostlose Gefühl des Alleinseins. David und Emily waren ehrerbietig und rücksichtsvoll, und ihre Enkel machten immer erst einen Knicks, bevor sie mit ihr sprachen. Sie war eine große Dame, reich an Jahren und Ehren. Sie stützte sich auf einen Stock mit goldenem Knopf, und sie trug eine Haube aus feinster Spitze über dem weißen Haar.
    Eines Tages im Herbst klingelte sie und sagte der alten Christine, sie möchte die junge Frau rufen.
    Emily kam an die Tür. Judith saß in einem großen Armsessel und hatte den Stock neben sich stehen.
    »Ja, Mutter? Was möchtest du?«
    »Komm herein, mein Kind.«
    Als Emily nähertrat, löste Judith den Schlüsselbund von ihrem Gürtel und reichte ihn Emily.
    Die Hände der jungen Frau schlossen sich darum. Ohne daß es ihr zum Bewußtsein kam, weiteten sich ihre Augen, als ob sie in die Zukunft sehen könnte. Sie richtete sich auf und schien zu wachsen.
    »Ich danke dir, Mutter.«
    Sie war ein guter Charakter. Niemals würde sie ihre Schwiegermutter daran erinnern, wie nutzlos sie jetzt geworden war, niemals eine Bemerkung darüber machen, daß die alte Frau jetzt nicht mehr die Herrschaft führte.
    »Ich hoffe, daß ich das Haus ebensogut verwalte, wie du es getan hast, Mutter.«
    »Davon bin ich überzeugt. Und noch eins, Emily. Heute nachmittag lasse ich meine Sachen aus dem Hauptschlafzimmer bringen, und wenn es dir recht ist, richte ich das hintere Arbeitszimmer im unteren Stock als Schlafzimmer ein. Mit dem kranken Knie fällt es mir schwer, die Treppe hinaufzusteigen.«
    »Selbstverständlich«, entgegnete Emily. »Und möchtest du nicht auch das Wohnzimmer nehmen, das nebenan liegt? Du mußt doch eins für dich allein haben.«
    »Ich danke dir. Du bist sehr rücksichtsvoll.«
    Emily warf einen Blick auf die Schlüssel in ihrer Hand, löste zwei von dem Bund und gab sie zurück. »Das sind die deinen.«
    »O ja, das sind meine Zimmer. Ich danke dir, Emily.«
    Als die junge Frau gegangen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher