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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies
Autoren: Terry Pratchett
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Streitwagen? Nun, Magrat ist davon überzeugt, daß ihr Yncis Geist geholfen hat. Als sie die Rüstung anlegte… Nur dadurch wäre sie so mutig gewesen.«
    »Na so was«, entgegnete Oma unverbindlich.
    »Kann schon seltsam sein, die Welt«, murmelte Nanny.
    Eine Zeitlang schwiegen die beiden Hexen.
    »Du hast ihr also nicht gesagt, daß es nie eine Königin namens Ynci gegeben hat?«
    »Nein.«
    »Der alte König Lully hat sie erfunden, um der Geschichte von Lancre einen romantischen Hauch beizufügen. Legte großen Wert darauf. Ließ sogar eine entsprechende Rüstung konstruieren.«
    »Ich weiß. Schließlich hat der Mann meiner Urgroßmutter das Ding angefertigt. Er benutzte dazu eine alte Badewanne und mehrere Töpfe.«
    »Hältst du es für besser, Magrat nichts davon zu sagen?«
    »Ja.«
    Oma Wetterwachs nickte.
    »Komisch«, sagte sie. »Magrat bleibt immer gleich, selbst wenn sie völlig anders ist.«
    Nanny Ogg griff unter ihre Schürze und holte einen Holzlöffel hervor. Anschließend hob sie den Hut und nahm eine Schüssel mit Creme, Sahne und Wackelpeter vom Kopf. *
    »Ich weiß beim besten Willen nicht, warum du dauernd Essen stibitzt«, sagte Oma Wetterwachs. »Du brauchtest Verence doch nur zu bitten, dann bekommst du jede Menge davon. Du weißt doch, daß er nichts mit Sahne anrührt.«
    »So macht’s mir aber mehr Spaß«, erwiderte Nanny. »Und ich habe ein wenig Spaß verdient.«
    Es raschelte im Gebüsch, und das Einhorn trat auf den Weg.
    Wahnsinn und Zorn brannten in ihm. Es befand sich in einer Welt, in der es keinen Platz für Geschöpfe seiner Art gab. Es suchte nach einer Möglichkeit, seiner Wut freien Lauf zu lassen. Etwa hundert Meter entfernt scharrte es mit den Hufen und senkte den Kopf.
    »Hoppla«, sagte Nanny und ließ die Puddingschüssel fallen. »Komm. Zu dem Baum dort. Komm .«
    Oma Wetterwachs schüttelte den Kopf.
    »Nein. Diesmal laufe ich nicht weg. Vorher konnte sie nichts gegen mich ausrichten, und jetzt versucht sie’s mit einem Tier, wie?«
    »Sieh dir nur das Horn an!«
    »Ich sehe es ziemlich deutlich«, sagte Oma.
    Das Einhorn schnaubte und stürmte los. Nanny Ogg eilte zum nächsten Baum mit niedrigen Ästen und sprang nach oben…
    Oma Wetterwachs verschränkte die Arme.
    »Komm endlich, Esme!«
    »Nein. Vorher habe ich nicht klar gedacht, aber jetzt ist das der Fall. Es gibt einige Dinge, vor denen ich nicht weglaufen muß.«
    Das weiße Wesen sauste über den vom Wald gesäumten Weg: tausend Pfund Muskeln hinter einem dreißig Zentimeter langen Horn. Ein Schweif aus Dampf folgte ihm.
    »Esme !«
    Die Kreis-Zeit ging zu Ende. Außerdem wußte Oma nun, warum es ihr zuvor so schwergefallen war, konzentriert zu denken. Jetzt hörte sie nicht mehr jenes Flüstern, das von den Überlegungen vieler anderer Esme Wetterwachses in alternativen Universen stammte.
    Einige von ihnen lebten vielleicht in Welten, in denen Elfen herrschten. Oder sie waren vor langer Zeit gestorben. Oder sie führten ein ihrer Meinung nach glückliches Leben. Oma Wetterwachs wünschte sich selten etwas, da sie Wünsche für sentimental hielt. Aber sie empfand nun vages Bedauern angesichts der Tatsache, daß sie ihre Selbst-Schwestern nie kennenlernen konnte.
    Möglicherweise drohte manchen von ihnen der Tod, hier auf diesem Weg. Wie auch immer man handelte: Es bedeutete, daß Millionen von Ich-Äquivalenten in alternativen Kosmen anders agierten. Ja, einige von ihnen mochten sterben. Oma spürte ihr Ende – den Tod von Personen namens Esme Wetterwachs. Sie konnte ihre Schwestern nicht retten; so etwas ließen Schicksal und Zufall nicht zu.
    Über eine Million Hügelhänge lief das Mädchen; auf einer Million Brücken traf die junge Frau eine Entscheidung; auf einer Million Wegen stand die alte Hexe…
    Sie alle unterschieden sich voneinander. Und sie alle waren eins.
    Oma sah ihre Pflicht darin, hier und jetzt sie selbst zu sein, und zwar mit ihrer ganzen Kraft.
    Sie hob die Hand.
    Einige Meter entfernt prallte das Einhorn an eine unsichtbare Wand. Es streckte die Beine, um zu bremsen, und Schmerzen ließen den Leib zucken, als das Geschöpf auf dem Rücken zu Oma rutschte.
    »Gytha…«, sagte sie, während sich das Einhorn aufzurichten versuchte, »zieh die Strümpfe aus und knüpf sie für mich zu einem Halfter zusammen.«
    »Esme…«
    »Ja?«
    »Ich habe gar keine Strümpfe an, Esme.«
    »Was ist mit dem hübschen rotweißen Paar, das du am letzten Silvester von mir bekommen hast? Ich habe
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