Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
meine, man weiß doch sofort, von wem der Brief stammt, oder? Und als ich zurückkehrte, war alles vorbereitet… «
    »Wie hättest du dich verhalten, wenn nichts vorbereitet gewesen wäre?« fragte Nanny.
    Magrat blinzelte verwirrt.
    »Nun, ich… Ich meine… Ich, äh…«
    »Dann würdest du heute vermutlich nicht heiraten, oder?« fragte Nanny. Doch ihre Stimme kam aus der Ferne, als sei sie in Gedanken mit etwas ganz anderem beschäftigt.
    »Nun, kommt darauf an…«
    »Du möchtest doch heiraten, oder?«
    »Äh, ja, natürlich, aber…«
    »Dann ist ja alles klar«, sagte Nanny in mütterlichem Tonfall.
    »Ja, aber sie hat mich einfach fortgeschickt und mich praktisch im Schloß eingesperrt, und deswegen bin ich so wütend geworden…«
    »Du warst wütend genug, um der Königin die Stirn zu bieten«, unterbrach Nanny die jüngere Frau. »Du hast sie sogar angegriffen. Gut gemacht. Die alte Magrat hätte das nicht gekonnt, oder? Esme sah immer bis zum… Kern der Sache. Bitte sei jetzt so nett, geh in den Hof und sieh nach, wieviel Brennholz noch da ist.«
    »Aber ich habe sie gehaßt und gehaßt, und jetzt ist sie tot!«
    »Ja. Geh jetzt und sag Nanny, wie hoch der Stapel ist, in Ordnung?«
    Magrat öffnete den Mund, um zu sagen: »Zufälligerweise bin ich fast die Königin.« Aber sie entschied sich dagegen. Statt dessen ging sie stumm nach draußen und sah hinterm Haus nach.
    »Es ist noch ziemlich viel Brennholz da«, sagte sie, als sie zurückkehrte und sich die Nase putzte. »Und es scheint erst vor kurzem aufgeschichtet worden zu sein.«
    »Außerdem hat Esme gestern die Uhr aufgezogen«, murmelte Nanny. »Und die Teebüchse ist halb voll – hab’ gerade einen Blick hineingeworfen.«
    »Und?«
    »Esme war nicht sicher«, sagte Nanny. »Hmm.«
    Sie öffnete den an sie adressierten Umschlag. Er war größer und flacher als der mit dem Testament, enthielt nur ein Pappschild.
    Nanny las es, ließ es dann auf den Tisch fallen.
    »Komm!« stieß sie hervor. »Wir haben nicht viel Zeit.«
    »Was ist denn?«
    »Und nimm die Zuckerdose mit!«
    Nanny riß die Tür auf und lief zu ihrem Besen.
    »Komm!«
    Magrat griff nach dem Schild. Die Handschrift wirkte vertraut, stammte eindeutig von Oma Wetterwachs.
    Krakelige Buchstaben bildeten folgende Botschaft:
    ICH BINNE NICH TOT.
     
    »Halt! Wer da?«
    »Warum hältst du mit einem Arm in der Schlinge Wache, Shawn?«
    »Dienst ist Dienst, Mama.«
    »Na schön. Laß uns eintreten.«
    »Bist du Freund oder Feind, Mama?«
    »Shawn, hier neben mir steht die Fast-Königin Magrat, hast du verstanden?«
    »Ja, aber ihr müßt…«
    »Öffne das Tor, und zwar sofort !«
    »Aua – ja, Mama!«
     
    Magrat bemühte sich, mit Nanny Schritt zu halten, als sie durchs Schloß eilte.
    »Der Zauberer hatte recht«, sagte die jüngere Frau. »Oma ist tot. Ich finde es durchaus verständlich, daß du das Gegenteil hoffst, aber ich weiß, wann jemand tot ist.«
    »Nein, weißt du nicht. Vor einigen Jahren bist du tränenüberströmt zu mir gekommen, und es stellte sich heraus, daß sie nur borgte. Sie nahm den Zwischenfall zum Anlaß, dieses Schild zu machen.«
    »Aber…«
    »Sie wußte nicht genau, was geschehen würde«, fuhr Nanny fort. »Und das genügt mir.«
    »Nanny…«
    »Man weiß nie genau Bescheid, wenn man nicht nachsieht«, sagte Nanny Ogg und legte damit ihre eigene Unschärferelation dar.
    Sie schob schwungvoll die Tür des Großen Saals auf.
    »Was geht hier vor?«
    Ridcully stand auf und wirkte verlegen.
    »Nun, es erschien mir nicht richtig, sie allein zu lassen…«
    »Meine Güte!« Nanny beobachtete die Szene. »Kerzen und Lilien. Ich wette, du hast sie selbst gepflückt, im Garten. Und dann hast du Esme hier drin eingesperrt.«
    »Nun…«
    »Ohne ein einziges Fenster zu öffnen! Hörst du sie nicht?«
    »Was soll ich hören?«
    Nanny sah sich rasch um und griff nach einem silbernen Kerzenständer.
    »Nein!«
    Magrat nahm ihr den Gegenstand aus der Hand.
    »Zufälligerweise…« Sie holte aus. »… ist dies…« Sie zielte. »… mein Schloß… fast…«
    Der Kerzenständer sauste durch die Luft, drehte sich dabei um die eigene Achse und traf ein großes Fenster. Buntes Glas splitterte.
    Sonnenschein strömte frisch und ungefiltert auf den Tisch – im langsamen magischen Feld der Scheibenwelt war die Bewegung deutlich zu erkennen. Bienen glitten durch die Lichtbalken wie Murmeln durch glänzende Röhren.
    Der Schwarm senkte sich auf den Kopf der Hexe herab
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher