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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies
Autoren: Terry Pratchett
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Einhorn mit Eisen beschlage…«
    »Habe ich von Eisen gesprochen?«
    Dreißig Zentimeter neben Jasons Kopf schlug das Horn ein Loch in die Wand.
    Der Schmied gab nach.
    »Du mußt mit hereinkommen, um das Tier ruhig zu halten«, sagte er. »Ich habe noch nie einen solchen Hengst beschlagen, ohne daß sich mindestens zwei Männer und ein Junge daran festklammerten.«
    »Das Einhorn wird keinen Widerstand leisten«, stellte Oma Wetterwachs fest. »Es muß mir gehorchen.«
    »Es hat den alten Pirsch ermordet«, ließ sich Nanny Ogg vernehmen. »Ich hätte keine Bedenken, es dafür zu töten.«
    »Schäm dich«, sagte Oma. »Es ist ein Tier. Tiere können niemanden ermorden. Dazu sind nur höher entwickelte Lebensformen imstande. Die Befähigung zum Mord unterscheidet uns von den Tieren. Gib mir den Sack.«
    Sie zog das schnaubende Wesen in die Schmiede, und einige Bürger beeilten sich, das große Tor zu schließen. Wenige Sekunden später bohrte sich ein Huf durchs Holz.
    Ridcully eilte herbei, den Riemen einer großen Armbrust um die Schulter geschlungen.
    »Angeblich hat man hier das Einhorn gesehen.«
    Ein weiterer Teil der Tür zersplitterte.
    »Befindet es sich da drin?«
    Nanny nickte.
    »Esme hat es vom Wald bis hierher gezogen«, sagte sie.
    »Aber es ist ein gefährliches wildes Tier!«
    Nanny Ogg rieb sich die Nase. »Ja, stimmt. Wie dem auch sei: Esme weist alle notwendigen Qualifikationen auf. Wenn’s darum geht, Einhörner zu zähmen, meine ich. Mit Hexerei hat das nichts zu tun.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich dachte, gewisse Dinge in Hinsicht auf das Einfangen von Einhörnern seien allen Leuten bekannt«, sagte Nanny in einem bedeutungsvollen Tonfall. »Es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wenn du mir diesen diskreten Hinweis gestattest. Esme konnte damals schneller laufen als du, nicht wahr? Ließ sich nie von einem Mann einholen.«
    Ridcully starrte Nanny mit offenem Mund an.
    »Ich hingegen…«, fuhr Jasons Mutter fort. »Falle dauernd über die erste Baumwurzel. Selbst dort, wo’s überhaupt keine gibt.«
    »Soll das heißen, sie hat nie… Ich meine, nachdem ich Lancre verließ…«
    »Du brauchst deshalb kein Mitleid mit ihr zu haben«, sagte Nanny. »In unserem Alter spielen solche Dinge ohnehin keine Rolle mehr. Vermutlich hätte Esme überhaupt keinen Gedanken daran vergeudet, wenn du nicht zurückgekehrt wärst.« Ihr fiel plötzlich etwas ein. »Hast du Casanunda irgendwo gesehen?«
    »Hallo, meine kleine Rosenknospe«, erklang eine fröhliche und hoffnungsvolle Stimme.
    Nanny drehte sich nicht um.
    »Du erscheinst immer dort, wo man nicht hinsieht«, kommentierte sie.
    »Bin dafür berühmt, Frau Ogg.«
    In der Schmiede herrschte Stille. Nach einer Weile ertönte ein Hämmern, das nur von Jasons Hammer stammen konnte.
    »Was machen sie da drin?« fragte Ridcully.
    »Etwas, das ein Einhorn veranlaßt, nicht mehr auszuschlagen«, antwortete Nanny.
    »Was war in dem Sack, Frau Ogg?« erkundigte sich Casanunda.
    »Das, was ich holen sollte«, entgegnete Nanny. »Das alte Teeservice aus Silber. Ein Erbstück der Familie. Ich habe es nur zweimal gesehen – das zweite Mal vorhin, als ich es im Sack verstaute. Ich schätze, Esme hat es nie benutzt. Das Milchkännchen ist wie eine seltsame Kuh geformt.«
    Inzwischen hatten sich noch mehr Leute vor der Schmiede eingefunden. Die Menge füllte den ganzen Platz.
    Das Hämmern hörte auf. Jasons ruhige Stimme erklang:
    »Wir kommen jetzt raus.«
    »Sie kommen jetzt raus«, sagte Nanny.
    »Was hat sie gesagt?«
    »Sie meinte, sie kommen jetzt raus.«
    »Sie kommen jetzt raus !«
    Die Menge wich zurück. Und die Tür schwang auf.
    Oma Wetterwachs trat nach draußen und führte das Einhorn. Das Tier ging ruhig und sanft; die Muskeln unter dem weißen Fell bewegten sich wie Frösche in Öl. Die Hufe klapperten auf dem Kopfsteinpflaster. Ridcully bemerkte, daß sie glänzten.
    Gehorsam folgte das Geschöpf der Hexe zur Mitte des Platzes. Dort gab Oma es frei und klopfte ihm auf die Hinterbacke.
    Das Einhorn wieherte leise, drehte sich um und galoppierte über die Straße in Richtung Wald…
    Nanny Ogg erschien hinter Oma Wetterwachs und sah dem Tier ebenfalls hinterher.
    »Silberne Hufeisen?« murmelte sie. »Halten bestimmt nicht sehr lange.«
    »Und silberne Nägel. Halten lange genug.« Oma sprach zur Welt im großen und ganzen. »Sie bekommt das Einhorn nie zurück, selbst wenn sie tausend Jahre lang ruft.«
    »Ein Einhorn zu
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