Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
London Boulevard - Kriminalroman

London Boulevard - Kriminalroman

Titel: London Boulevard - Kriminalroman
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
Vom Netzwerk:
Geld vom Kredithai.
    Eine Barbour-Jacke hing da und ein Regenmantel von London Fog. Kein Scheiß, jetzt war ich ein gegen alle Wetter gewappneter ehemaliger Knastbruder. Nur seltsam, dass nirgendwo Schuhe zu finden waren. Aber wollte ich mich beschweren? Einen Scheiß wollte ich. Ich hatte doch Schuhe.
    Ich duschte heiß und trocknete mich mit drei Handtüchern ab. Aus einem Holiday Inn geklaut, deshalb waren sie weich und angenehm. Am liebsten hätte ich noch ein Bier getrunken, aber ich wusste, dass ich es besser langsam angehen ließ. Der bevorstehende Abend würde feucht und möglicherweise nicht besonders fröhlich werden. Wenigstens bei meinem Eintreffen sollte ich noch halbwegs nüchtern sein. Kurzer Blick auf die Bücher, eine ganze Wand mit Krimis. Ich entdeckte
    Elmore Leonard
    James Sallis
    Charles Willeford
    John Harvey
    Jim Thompson
    Andrew Vachss.
    Und das war nur ein erster flüchtiger Blick. Wahnsinn! Vielleicht würde ich überhaupt nicht mehr weggehen. Mich einfach in den Krimis vergraben.
    Ich zog ein T-Shirt an, eine Khakihose und die Lederjacke. Prüfte meinen Look im Spiegel. Als Phil-Collins-Roadie würde ich ohne weiteres durchgehen. Dachte: »Wenn ich Geld hätte, wäre ich echt gefährlich.«

A uf dem Weg durch Clapham Common lächelte mich eine Frau an. Ich wusste, das lag an der Jacke. In Old Town, der Hauptverkehrsstraße, hatte es früher einen einwandfrei korrekten Imbiss gegeben. Es gab ihn immer noch. Einer von den Läden, in denen man nur drei verschiedene Gerichte bekommt, obwohl dreißig auf der Karte stehen.
    Für einen ehemaligen Sträfling gibt es kaum was Schöneres, als alleine zu essen. Ich besetzte einen Tisch und genoss es, ihn für mich zu haben. Wusste genau, was ich bestellen wollte.
    Einen Alptraum aus Kohlehydraten, eine neonbeleuchtete, medizinisch bedenkliche Riesenportion.
    Nämlich:
    Zwei Würstchen
    Gebratener Speck
    Gebratene Tomaten
    Eier
    Blutwurst
    Toast
    Eine Kanne Tee
    Oh ja.
    Am Tisch neben mir saß ein komischer alter Kauz. Beäugte mich. Hatte die Visage einer »Type« und benahm sich auch entsprechend. So einer hieß grundsätzlich Alfred.
    Natürlich liebten ihn alle. Alfred saß im Pub garantiert immer in derselben Ecke und hatte seinen eigenen Zinnkrug dort geparkt.
    Der Schrecken eines jeden neuen Barmanns.
    Mein Essen kam und er fragte:
    »Das Essen, mein Sohn ... weißt du, wo das herkommt?«
    Ohne den Kopf zu heben, sagte ich:
    »Ich hab das Gefühl, Sie werden’s mir gleich verraten.«
    Er stutzte, was ihn aber nicht davon abhielt, weiterzuquatschen. Er sagte:
    »Großer Kerl wie Sie, sollte Kartoffeln essen.«
    Ich hob den Kopf, sah ihn an, sagte:
    »Alter Sack wie Sie, sollte sich um seinen eigenen Scheiß kümmern.«
    Danach hielt er die Klappe.
    Ich gab mir Mühe, nicht zu schlingen. Jetzt, wo ich draußen war, musste ich mich an alles neu gewöhnen. Als ich fertig war, ging ich bezahlen. Im Vorbeigehen machte ich vor Alfred Halt, sagte:
    »War nett, mit Ihnen zu plaudern.«
    Ich ging zu Fuß bis Streatham und dort zur Bank. Ich war nicht sicher, wie viel Geld ich hatte, weil die keine Kontoauszüge ins Gefängnis schicken.
    Eigentlich sollten sie die Banker hinschicken, die hätten es verdient.
    Ich füllte einen Auszahlungsschein aus und stellte mich an. Es dauerte ewig, aber wie man Zeit totschlägt, wusste ich ja.
    Die Kassiererin war freundlich auf diese belanglose Geldgeschäfteart. Ich schob ihr den Schein zu, sie gab was in den Computer ein, sagte:
    »Oh.«
    Ich sagte nichts. Sie sagte:
    »Das ist ein inaktives Konto.«
    »Jetzt nicht mehr.«
    Sie warf mir einen entsprechenden Blick zu. Mit der Lederjacke konnte ich bei ihr offenbar keinen Eindruck schinden. Sie sagte:
    »Ich muss das prüfen.«
    »Tun Sie das.«
    Hinter mir seufzte jemand, fragte:
    »Dauert’s noch lange?«
    Ich schenkte ihm ein Sparkassenlächeln, antwortete:
    »Keine Ahnung.«
    Die Kassiererin kehrte mit einem Anzugmann zurück. Mr. Akurat sagte:
    »Mr. Mitchell, wenn Sie so freundlich wären, mich an meinen Schreibtisch zu begleiten.«
    Ich war so freundlich. Ich setzte mich und betrachtete seinen Schreibtisch. Auf einem Schild wurde behauptet:
    Wir kümmern uns um Sie!
    Er machte, was Bankangestellte so machen, dann:
    »Mr. Mitchell, ihr Konto ist seit drei Jahren inaktiv.«
    »Ist das verboten?«
    Das brachte ihn aus dem Konzept.
    Als er sich wieder erholt hatte:
    »Ach nein ... nur äh ... Augenblick bitte ... einschließlich der Zinsen sind Ihnen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher