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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes
Autoren: Ulrike Renk
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direkt rechts von uns. Er musste hinter
     der Glasbauwand gewartet haben.
    Langenfeld erstarrte. »Ich schneide ihr die Kehle durch.«
    »Spürst du das Kalte hier an deiner Schläfe? Das ist meine Waffe. Sie ist gezogen, entsichert. Du bist tot, wenn du dich regst.
     Und zwar augenblicklich.« Robert klang gelassen, aber er war es nicht. Er artikulierte zu deutlich, zu genau. Er stand genauso
     unter Strom wie Langenfeld und ich.
    »Mein Messer ist an ihrem Hals, den Schnitt werde ich noch im Tod vollführen.« Es klang böse.
    »Wenn du das tust, wird mein Blut spritzen«, sagte ich leise. »Es wird nicht aus mir herausströmen, sondern spritzen. Arterielles
     Blut aus den Pulsschlagadern am Hals. Auch wenn du hinter mir stehst, es wird dich treffen und besudeln.« Ich erinnerte mich
     an die anderen Fälle und meine Vermutung, dass er sich vor dem frischen sprudelnden Blut ekelte.
    Langenfeld wich zurück, nur kurz, nur für einen Augenblick, löste das Messer von meiner Kehle, schien zu überlegen, ob er
     es mir in den Rücken rammen sollte.
    Der Moment reichte Robert. Er griff Langenfelds rechte Hand, trat ihn in die Nieren, stieß mich auf die Wiese. Ein Schuss
     löste sich aus einer Waffe. Ich schloss die Augen. Die Melodie aus dem Elias erklang plötzlich in meinem Kopf – »Wer bis an
     das Ende beharrt«, und dann schwanden mir die Sinne.

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    Kapitel 29
    »Gelände sichern!«, vernahm ich eine barsche Stimme. Und dann: »Können Sie mich hören? Sprechen Sie mit mir.«
    Die erste Stimme konnte ich nicht einordnen, die zweite hatte ich heute schon einmal gehört. Jemand klopfte mir sacht auf
     die Wangen, eine Hand, die penetrant nach Babylotion roch.
    |268| »Frau van Aken? Constanze? Hallo? Verstehen Sie mich?«
    »Herr, höre unser Gebet« kam mir in den Sinn. War ich nun endlich tot? Hatte das Leiden ein Ende? Ich wollte mich in die warme
     Schwärze der Bewusstlosigkeit schmiegen, doch die Stimme ließ mich nicht.
    »Öffnen Sie die Augen, schauen Sie mich an! Nun machen Sie schon! Oder habe ich mich so vertan und hätte Sie direkt in ein
     Krankenhaus bringen sollen? Zivilisten können die Pest sein.« Die Stimme stieß einen nicht jugendfreien Fluch aus. »Frau van
     Aken?«
    »Oberfeldwebel Kappl.« Ich schüttelte meinen schmerzenden Kopf, setzte mich auf. »Was machen Sie denn hier? Ist das ein Sprung
     in der Matrix und ich bin wieder am Nachmittag angelangt?«, versuchte ich zu scherzen. Doch das war eher ein Wunschtraum.
     Meine Handinnenfläche brannte, der Rippenbogen schmerzte, und knapp unter meiner rechten Niere war eine blutende Wunde, die
     wehtat. Von der Stelle in der weichen Haut neben meinem Bauchnabel, die versengt worden war, ganz zu schweigen. Mein Kopf
     pochte, mir war übel. Die Angst und die Kälte saßen in meinen Knochen, hielten mich gefangen. »Wo ist er?«, fragte ich mit
     gepresster Stimme.
    »Der Täter? In Gewahrsam. Machen Sie sich keine Sorgen. Alles wird gut.«
    »Wie zum Teufel kommen Sie hierher?« Verwundert sah ich die Soldatin an.
    »Ich habe sie gerufen, Conny.« Robert trat zu uns, setzte sich neben mich in das inzwischen taunasse Gras. »Wie geht es dir?«
    »Vergiss das Vorspiel. Das Letzte, an das ich mich erinnere, ist, dass Langenfeld mir die Kehle durchschneiden wollte.« Ich
     sah Robert nicht an, konnte mich nicht dazu überwinden.
    »Ich habe ihn entwaffnet und überwältigt. Das wäre mir so bestimmt nicht gelungen, hättest du ihn nicht verunsichert. Er schreckt
     vor Blut zurück.«
    Die Erinnerungen kamen stückweise. Ich keuchte, sprang auf, taumelte. »Charlie!«
    |269| »Charlie?« Der Oberfeldwebel sah mich zweifelnd an. »Setzen Sie sich! Wir fahren Sie gleich ins Krankenhaus.«
    »Nein.« Ich lief, ich strauchelte, ich schwankte den Pfad entlang, hoch zur Kapelle. »Charlie, er stirbt!«
    Robert folgte mir, holte mich ein. »Conny, bitte … du brauchst ärztliche Versorgung.« Zaghaft griff er meinen Arm. Ich befreite
     mich aus seinem Griff.
    »Er hat ihn bewusstlos geschlagen, dann mit dem Messer verletzt. Eine Wunde am Hals, die sehr blutet. Er stirbt. Wenn Charlie
     stirbt, werde ich mir das nie, nie, nie verzeihen«, keuchte ich.
    »Halt! Stehenbleiben!« rief eine Stimme. Ein Sicherungsposten zielte mit seiner Waffe auf mich.
    »Was zum Henker macht die Bundeswehr hier?«, fauchte ich Robert an.
    »Es ist in Ordnung. Sie gehört zu mir.« Robert zückte seine Dienstmarke. »Als ich in das Heim kam, roch ich sofort den
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