Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loecher, noch und noecher

Loecher, noch und noecher

Titel: Loecher, noch und noecher
Autoren: Manfred Rebhandl
Vom Netzwerk:
der ,Hilf dir selbst, wir helfen dir nicht!‘-Partei, wie kann ein studierter Mensch so deppert sein?“, probiert es der Biermösel aus der gewissen Verlegenheit heraus politisch, und der Doktor Krisper gibt bereitwillig Auskunft:
    „Hat folgende längere Geschichte“, erzählt er begeistert. „War ich immer wertkonservativ und habe ich auch in Bulgarien schon immer getragen lieber Lodentracht und genagelte Schuhe als graue kommunistische Anzüge Marke Mao oder Hippiesandeln, was waren Einfluss von Westen, sprich: Hab ich immer gespielt lieber Cello in Hausmusik als Poker in Hinterhofbumsen und hab ich nie gehabt Sääähnsucht nach Rock‘n‘Roll-Wahnsinn wie gachblonde Discowirtin und Mick Jagger, sprich: Hab ich lieber immer getrunken Tee als gesoffen Bier kübelweise, verstehst?“
    „Verstehe ich nicht“, sagt der Biermösel fassungslos und verlangt nach mehr von den blauen Tabletten.
    „Hab ich immer gehabt größere Vertrauen in freie Marktwirtschaft als in Planwirtschaft aus Politbüro“, erzählt der Doktor weiter, während er fortfährt, seinen schwierigsten Patienten zu füttern, „Sprich: hab ich immer mehr bevorzugt Leistungsgedanke als Verteilungswahnsinn von Kommunistische Manifest, sprich...“
    „Warum du beigetreten bist?!“, schreit ihn der Biermösel an, und diesmal funktioniert die Trompete schon wieder ganz ordentlich.
    „Na vielleicht allzu lange Rede kurze Sinn“, schließt der Krisper seine Rede ab: „Hat mir letztes Jahr zu Weihnachten ,Hilf dir selbst, wir helfen dir nicht!‘-Partei sehr, sehr ansprechende Liedbuch von Parteigranden geschickt, sprich: War ich nicht mehr zu halten, hab ich Partei beitreten müssen! Verstehst?“ Der Biermösel ist jetzt auf die Uferstraße eingebogen und fährt mit dem Doktor Krisper hinten drauf ruhig dahin. Mit seinen Bergschuhen auf der Straße hält er das Gleichgewicht, und mit dem tiefen Profil in seinen Reifen, das er mit dem Taschenfeitel hineingeschnitten hat, gräbt er sich durch den immer höher liegenden Schnee wie die Baggerschaufel durch den Dreck. Soll er ihm sagen, dass er das nicht versteht? Dann hört er nämlich überhaupt nicht mehr auf zu reden, also zieht er es vor zu schweigen.
    Schon nach kurzer Fahrt aber klopft ihm der Doktor Krisper wieder von hinten auf die Schulter und deutet mit der rechten Hand begeistert hinaus auf den See:
    „Biermösel, schau!“, schreit er wie das Kleinkind, das zum ersten Mal den Christbaum sieht. „Schau, das Licht, was leuchtet aus See heraus, hinauf in den Himmel!“
    Da fährt der Biermösel den Ellenbogen aus und – Hoppala! – schon liegt der Doktor Krisper ein paar Meter hinter ihm auf seinem Scheißer und schreit ihm „Biermääääsel! Frohe Weihnachten, falls wir uns nicht mehr sehen!“ nach, der ist wirklich ein durch und durch positiver Mensch.
    Der Biermösel erreicht dann endlich die Birke ganz hinten am anderen Ende vom See, wo er normalerweise alle Sachen und Beweisstücke hinein wirft, die er nicht mehr brauchen kann oder nicht mehr sehen will. Eine Birke ist für seine Fips gerade noch gut genug, also lehnt er sie vertrauensvoll dagegen. Aber kaum steht sie dort, ist sie schon wieder bis oben hin zugeschneit, Aussee wird keine Wüstenstadt mehr werden.
    Der Biermösel selbst war nie wertkonservativ, aber auch kein unbedingter Verfechter der Moderne, denkt er jetzt an die politische Ausrichtung vom Doktor Krisper. Was er wirklich mag ist die Doppelläufige einerseits und die Husqvarna andererseits. Er nimmt beide aus der Satteltasche von der Fips und schultert sie. Dann nimmt er noch die zwei harten geselchten Schweinswürste heraus, die er jetzt immer mit sich führt wie der John Wayne seine zwei Karotten für den Bronco. Langsam und ruhig, mit der neu gewonnenen Kraft in den Sohlen, macht er sich auf übers Eis wie der Eskimo zu den Fischgründen, immer weiter hinaus zur Mitte vom See.
    Eine leise Sorge überkommt ihn dabei, wie er auf seiner Wanderung zum Gebirgskamm hinauf schaut, wo ja der Flachdachneubau vom Wollatz steht samt dem Musterscheißhaus, das er sich gerne mit ihm zusammen angeschaut hätte – was, wenn sich das vor Weihnachten jetzt nicht mehr ausgeht, weil er den Wollatz nicht und nicht erreicht?
    Vielleicht kann er ja heute selbst noch hinauffahren und den neuen Eigentümer mit der vorgehaltenen Glock fragen, ob er über die Feiertage ein, zwei Tage lang Probesitzen kann, man soll die Katze schließlich nicht im Sack kaufen, ein neues
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher