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Das Ritterdrama von Schreckenstein

Das Ritterdrama von Schreckenstein

Titel: Das Ritterdrama von Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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Der totale Supergipfel

    Kurz vor Ende der Mahlzeit trat Schulkapitän Ottokar ans Schwarze Brett. „Gleich nach Tisch ist Schulversammlung im Wohnzimmer!“
    Direktor Meyer, Rex genannt, läutete mit dem silbernen Glöckchen, und unter großem Stuhlgeklapper standen alle auf.
    „Da muss was Besonderes los sein!“ sagte Beni mit vollem Mund zu seinem Tischnachbarn Strehlau .
    Der lange Musterschüler nickte nachdenklich. „Schulversammlung am letzten Abend vor dem Abreisetag — das hat’s noch nicht gegeben.“
    Die Ritter, wie sich die Jungen auf Burg Schreckenstein nannten, verließen den Esssaal.
    „Ostereier für unsere Eltern wird uns der Rex wohl nicht mitgeben wollen!“ Mit dieser Feststellung traf Witzbold Klaus die allgemeine Stimmung: veralbert aber gespannt.
    Morgen würden sie in Ferien fahren, nach Neustadt, nur vierzig Kilometer von der Burg entfernt. Dort wohnten die meisten Jungen, denn Schreckenstein war kein Internat wie Schloss Rosenfels auf der anderen Seite des Kappellsees, vielmehr eine wegen Raummangels in dem alten Gemäuer untergebrachte Neustädter Schule.
    Der Umzug hatte seinerzeit eine grundlegende Veränderung mit sich gebracht. Kein Schreckensteiner würde sich je wieder in einer anderen Schule wohl fühlen können.
    Im Wohnzimmer bildete die Ritterschaft wie immer einen weiten Halbkreis um den Kachelofen und wartete schweigend, bis der Rex, begleitet von Schulkapitän Ottokar, eintrat.
    „Wie ihr euch sicher schon gedacht habt“, begann er, „gibt es für diese Schulversammlung einen triftigen Grund: Ihr könnt morgen nicht nach Hause fahren!“
    Hier machte er eine Pause. Aus rhetorischen Gründen, nicht um zu hören, wie die Ritter diese Nachricht aufnehmen würden. Das stand fest. Schreckensteiner hatten es noch nie eilig gehabt, zu ihren Eltern zu kommen.
    „Suchen wir unsere Ostereier eben hier!“ quatschte Mini-Ritter Eberhard dazwischen.
    Der Rex schmunzelte und fuhr fort: „Heini, unser Koch, ist heute Nachmittag ins Krankenhaus gekommen. Die Ärzte vermuten eine sehr ansteckende und auch gefährliche Infektionskrankheit, die Heinis Bruder aus irgendeinem fernen Land eingeschleppt hat. Er liegt ebenfalls in der Klinik. Wir alle hier, auch Graf Schreckenstein und sämtliche Lehrer, sind ab sofort in Quarantäne. Wir müssen abwarten, ob der Bazillus weiter um sich greift, und dürfen den Burgbereich bis auf weiteres nicht verlassen...“
    „Und wer kocht uns?“ Andi war es, der diese für die Ritterschaft sehr wichtige Frage unter allgemeinem Gemurmel gestellt hatte.
    „Du meinst: Wer kocht für uns?“ verbesserte der Rex.
    „Dich kocht keiner! Du bist zu zäh“, quatschte Mücke dazwischen.
    Der Rex wartete, bis sich die Unruhe gelegt hatte. Dann sprach er weiter. „Wir haben Glück im Unglück. Elfriede hat heute beim Grafen im Haushalt geholfen und darf jetzt auch nicht mehr weg. Sie wird uns versorgen. Sie hat schon bei Kress im Gasthaus gearbeitet und kann prima kochen.“
    Das hörte sich beruhigend an. Die Wirtschaft des Bürgermeisters von Wampoldsreute war für ihre gute Küche bekannt, und Elfriede, jüngste Tochter von Schreinermeister Schrimpf , hatte beim Burgherrn schon etliche Familientreffen gastronomisch betreut. Zwar wurden die Ritter da nicht eingeladen, aber Mauersäge, wie der Graf seiner großen, schmalen Nase wegen genannt wurde, war als Feinschmecker bekannt.
    „Dann kann’s von mir aus Weihnachten werden“, meinte Stephan unter johlender Zustimmung. Der Rex hob die Hand. „Freut euch nicht zu früh!“ warnte er, „Die Zeit kann euch lang werden! Da ihr ab morgen Ferien habt, überlasse ich euch, was ihr tun wollt und was nicht. Überlegt es euch gut! Eure Eltern sind verständigt. Noch etwas: Da ihr vermutlich ausschlafen wollt, habe ich das Frühstück auf halb zehn angesetzt. Das war meine letzte Tat. Und noch etwas. Wenn sich einer von euch müde und abgeschlagen fühlt, oder wenn er Hals- oder Kopfschmerzen bekommt, muss er sich sofort melden. Mit dieser Krankheit ist nicht zu spaßen. So, und ab sofort gestaltet ihr den Tagesablauf!“
    Die Ritter führten Freudentänze auf. Dableiben zu dürfen, war für sie das höchste. Muskelprotz Dampfwalze schlug sich auf die breite Brust. „Mann! Das ist der totale Supergipfel!“
    Mücke nickte so begeistert, dass ihm die Brille von der Nase rutschte. „Das werden die tollsten Ferien, die wir je gehabt haben!“
    Randvoll mit Ideen, was sie alles anstellen würden in dieser Zeit
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