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Loecher, noch und noecher

Loecher, noch und noecher

Titel: Loecher, noch und noecher
Autoren: Manfred Rebhandl
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möglichst noch vor Weihnachten einen Termin in Hinblick auf Planung von Um- und Ausbau von seinem Musentempel vereinbaren soll. Mit seinen 98 Erdenjahren auf dem Buckel wird bei dem dann auch nicht mehr die Hebamme schuld sein, wenn er vielleicht schon bald das Zeitliche segnet, keiner kann schließlich sagen, ob der hektische und nervöse Hochrisikolenker Wollatz bei seiner Fahrweise den Juppi Heesters noch überlebt.
    Der Biermösel hätte dem Kurvenakrobaten seinen Führerschein schon längst abnehmen müssen, aber ,eine Hand wäscht die andere‘ ist seine bewährte Devise in Fragen der Führerscheinabnahme. Also will er dem Stararchitekten seinen Lappen trotz Alzheimer und Parkinson gerne lassen, wenn er ihm dafür beim Preis für den Um- und Ausbau vom Scheißhaus ein bisserl entgegenkommt und er ihm ein Billy-Regal hereinstellt für die Lagerung von den Spirituosen und eine geblümte Ausziehcouch gleich mit dazu, auf der er dann seinen Rausch ausschlafen kann. Das täte zwar auch noch keinen wohlduftenden Musentempel aus seinem Scheißhaus machen, räumt der Biermösel gerne ein, aber er täte wenigstens den ganzen Winter über nicht mehr hinaus müssen in die immer gewaltigeren Schneestürme, die jedes Jahr mit immer noch stärkerer Kraft über das Ausseerland hinwegfegen wie früher der schnelle Besen von der Anni über seinen Scheißhausboden. Wie das Eichhörnchen im dicken Baumstamm könnte er es sich da herinnen gemütlich einrichten und den langen Winterschlaf halten, der täte ihm so gut.
    Der Biermösel steckt schon fast tiefer mit dem Arsch in der Muschel als die Kugel in der Kanone, als er noch einmal den abschlägigen Bescheid von der Frühpensionsversicherungsanstalt aus seinem Wetterfleck herauskramt, den er heute Früh vom Postler in Empfang genommen hat anstelle von einem sich erklärenden rosaroten Liebesbrief von der Anni, auf den er insgeheim gehofft hätte.
    Den gewissen Ehrgeiz als Gendarmerie, der ihn früher stets ausgezeichnet hat (nebst allem anderen, das ihn stets ausgezeichnet hat), hat der Biermösel mit diesem Schreiben natürlich verloren. War es ihm in der Herbstsaison noch ein Anliegen, dass er Täter um Täter dingfest macht und solcherart doch noch Erwähnung in „Der Kriminalist“ findet, wäre es ihm jetzt ehrlich gesagt lieber, wenn das „Sex ohne Zensur“-Magazin über ihn als unumschränkten Beglücker der Frauen in Aussee berichten täte, über den Weiberhelden durch und durch, der auf dem weichen Schaffell von der Anni vor dem offenen Kamin herumliegt wie früher der Burt Reynolds. Aber gut, überlegt der Biermösel jetzt mit der gewissen Einsicht, den die Befunde vom Doktor Krisper und der gelegentliche Blick in den Spiegel mit sich bringen: Er ist halt nicht der Burt Reynolds, und die Anni hat auch keinen offenen Kamin, weil sie immer noch eine Putzfrau ist, wenn auch leider nicht mehr bei ihm. Also wird ihm auch dieser Traum nicht in Erfüllung gehen, weil natürlich auch jede andere Dame in Aussee lieber in den brennenden Christbaum hinein hüpft, bevor sie sich mit ihm vor den Kamin auf das Schaffell legt und fotografieren lässt.
    Für den depperten Staatsdienst aber wird sich der Biermösel in Zukunft nicht mehr zerreißen. Vielmehr wird er die nächsten Jahre bis zur endgültigen Pensionierung danach trachten, dass er sich wie das Mikadostaberl überhaupt nicht mehr bewegen muss, und bis heute hat die moderne Architektur noch keinen Ort entworfen, in dem es sich so gut und ungerührt verweilen lässt wie auf der so genannten Herrentoilette, da muss er die moderne Architektur schon auch einmal loben.
    Das Verbrechen, richtet der Biermösel daher einen mahnenden, wenn auch ungehörten Appell an die Verbrecherwelt da draußen, das Verbrechen soll ihm also jetzt lieber nicht blöd kommen und ihn zwingen, dass er seinen Musentempel verlassen und den Außendienst antreten muss. Er ist ja, damit das auch einmal klar ist, kein UNO-Radpanzer, der sich dauernd in die dreckigsten Höhlen der bürgerlichen Kleinfamilien hinein wagt und dort mit der Glock im Anschlag den Weihnachtsfrieden wiederherstellt. Er ist weiters kein UNO-Blauhelm, der vom Gebirgskamm herunter mit der angelegten Doppelläufigen über die Randale vor der komplett aus dem Ruder laufenden Punschhütte vor der Kirche wacht. Vielmehr ist der Biermösel nach all den schlechten Erfahrungen mit Weihnachten insgesamt der Meinung, dass keine Volksarmee der Welt die Verheerungen jemals wieder beseitigen
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