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Loecher, noch und noecher

Loecher, noch und noecher

Titel: Loecher, noch und noecher
Autoren: Manfred Rebhandl
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Musentempel schon ganz in der Muschel zu versinken droht; wie ihm schön langsam auch die Äuglein zufallen, weil ihn die Last der Erinnerung an die schönen Zeiten mit der Anni gar so niederdrückt; wie er sich langsam seinem ganz persönlichen Gefrierpunkt samt Gefriertod nähert, der allerdings laut dem Doktor Krisper mit einer der schönsten Abgänge überhaupt sein soll; wie er sich also im Prinzip schon darauf freut, dass er von den Zehenspitzen herauf langsam einfriert und als Eisskulptur das Zeitliche segnet, da poltert es schon wieder an der Tür, und der Biermösel fragt besorgt:
    „Wer klopfet an?“
    Sind es die Sternsinger, die ihm heuer in kompletter Abweichung von der weihnachtlichen Routine schon vor dem Heiligen Abend auf die Nerven gehen wollen? Das kann er sich dann eher nicht vorstellen, weil die verlässlich immer erst nach Heiligen Drei Könige auftauchen und ihm erst dann auf die Nerven gehen, bevor er sie ebenso verlässlich wieder hinausschmeißt, „Dort ist die Tür!“
    Dann die Zeugen Jehovas vielleicht, die ihm wieder erklären wollen, dass auch für ihn noch alles gut ausgehen kann, wenn er sich nur ja bei der nächsten Operation kein neues Blut einfüllen lässt? Kann er sich auch wieder nicht vorstellen, weil die seine Nähe überhaupt meiden, seit er ihnen gepredigt hat, was er von ihrer Zeugenschaft hält und wie konfessionslos er durch und durch ist, also hat er auch bei ihnen seine Trompete ertönen lassen: „Dort ist die Tür!“
    Vielleicht und hoffentlich ist es also doch die Anni im weißen Engelskostüm, die sich bei ihm entschuldigen will für ihren Fehltritt und spät, aber doch noch mit ihm wegfliegen möchte in Richtung gemeinsames Glück? Eine schöne Weihnachtsüberraschung wäre das, denkt sich der Biermösel, die erste in seinem Leben, über die er sich wirklich freuen täte.
    Aber wie er schon die Mon Chéri aus dem Schreibtisch kramt und sich erwartungsvoll der Tür nähert und sie aufmacht, steht da draußen natürlich nicht die Anni eingehüllt in ihren Citrus-Duft, sondern schon wieder die depperte Seebachwirtin umweht von ihrem Zwiebelduft, und bevor er ihr die Tür auf die Nase schlagen kann, kommt die blöde Kuh schon wieder hereingeschneit und richtet mit dem vielen nassen Schnee an ihren Stiefeln wieder so eine Sauerei bei ihm an, dass er sich erst recht wieder nur nach der Anni sehnt.
    „Meine Goldhaube!“, schreit die Depperte. Und wie er sie fragt, was mit ihrer Goldhaube ist, erzählt sie ihm, dass sie gestohlen worden ist, dass sie den Fetzen aber unbedingt braucht, und zwar am Heiligen Abend, weil sie da im Kirchenchor an vorderster Front „Stille Nacht“ singen muss, also soll er sich jetzt darum kümmern, „ich hab auch schon einen Anfangsverdacht, Biermösel!“
    „Und zwar?“, schreit der Biermösel sie an.
    „Die Jennifer, das eine Rotzmäderl von der Anni.“
    „Und wieso die Jennifer!“
    „Die hat eine Schnupperlehre als Zwiebelschälerin bei uns gemacht.“
    „Und weiter!“
    „Aber nur einen Tag lang.“
    „Und dann!“
    „Dann ist sie verschwunden.“
    „Und jetzt?“
    „Jetzt will ich, dass du dich darum kümmerst, Biermösel!“
    „Dort ist die Tür!“, schreit der Biermösel, wie er sie mit der gebotenen Grandezza und dem harten Griff in den Nacken hinauskomplimentiert. Und nur weil er in der gewissen vorweihnachtlichen Geberlaune ist, schickt er ihr noch ein nettes Wort hinterher:
    „Depperte!“

Verweichlichung
    „Wer durch der Missgunst Brillen schaut, sieht Spinnen selbst im Sauerkraut“, denkt der Biermösel abschließend noch einmal nur negativ über die depperte Seebachwirtin, bevor er dann aber nur noch positiv über eine Schüssel voll mit Sauerkraut und einen Teller mit geselchtem Schweinefleisch dazu samt ein paar Grießknöderl denkt, das ist halt auch was ganz was Einmaliges.
    Was ein Gendarm von seinem Format, mit seiner Erfahrung, mit seiner Brillanz und seiner Bilanz aber gar nicht brauchen kann, das ist eine radikalkatholische Wirtin, die unter Tags ungestraft Schnitzel mit Reis serviert, am Abend aber auf Forensikerin und Täterpsychologin macht und ungefragt Anfangsverdachtsmomente äußert, immer sind die Katholischen die Missgünstigsten, das weiß auch ein jeder, der sich wie er gerne ein bisserl mit dem Katholizismus beschäftigt und zum Beispiel Weihnachten nicht ohne Besoffene Kapuziner feiern möchte, je besoffener, desto besser, ganz ohne katholische Symbolik kommt halt in diesem Land
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