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Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller
Autoren: Kelley Armstrong
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nachfragen. Man kann einfach nicht.
    Als ich eintrat, drehten sich beide Frauen zu mir um. Der Blick der Assistentin glitt über mich hinweg, und ihre Lippen wurden schmaler, als habe ihr jemand eine Zitronenscheibe in den Mund geschoben. Ich lächelte ihr zu, und ihr Mund straffte sich noch mehr. Wenn man den Zwanzigjährigen schon nicht mehr den Kopf verdrehen kann, dann ist die giftige Missbilligung einer Frau des eigenen Alters kein übler Trostpreis.
    Ich blieb eine Haaresbreite von dem hängenden Mann entfernt stehen und versuchte nicht zurückzuzucken, als sich der sacht schwingende Körper in meine Richtung drehte.
    »Ich hoffe, ich unterbreche Sie nicht«, sagte ich zu der Frau mit den besorgten Augen. »Man hat mich gebeten, mich bei der Regisseurin zu melden, Becky Cheung. Sind Sie das?«
    Sie lächelte und streckte mir die Hand hin. »Das bin ich. Und Sie müssen Jaime Vegas sein. Dies ist Claudia Wilson, Bradford Gradys Assistentin.«
    Ich schüttelte ihr die Hand. »Soll ich so lange rausgehen, damit Sie sich in Ruhe unterhalten können?«
    »Nein, nein.« Beckys Stimme verriet eine Spur Verzweiflung. »Dies betrifft Sie genauso. Wir reden gerade über einen Werbespot. Mr. Simon hat beschlossen, dass jeder der drei Stars einen Satz sagen soll.«
    Claudia warf ihr einen scharfen Blick zu. »Einen ganz bestimmten Satz. Sagen Sie ihr doch, wie er lauten soll.«
    »Äh … ›Ich sehe Verstorbene.‹«
    Der bestrumpfte Fuß des hängenden Mannes schwang an meinem Arm vorbei, und ich brachte ein Auflachen zustande. »Ich glaube, das habe ich schon ein paar Mal gehört.«
    Beckys Blick suchte in meinem Gesicht nach Zeichen dafür, dass ich ihr dieses Ansinnen übelnahm. »Wir …, Mr. Simon, dachten, das wäre doch lustig.«
    »Es hört sich nach einem ganz netten Gag an.«
    »Mr. Grady liefert keine Gags«, sagte Claudia, woraufhin sie mit langen Schritten das Zimmer verließ.
    »Danke«, flüsterte Becky. »Das ist nicht so einfach, wie ich dachte. Jeder hier nimmt das alles sehr …«
    »Ernst? Wir versuchen den Geist von Marilyn Monroe zu beschwören. Wenn das nicht nach billigem Spektakel brüllt, was dann? Ich bin zum Spaß hier.« Ich grinste. »Und wegen der Gelegenheit, eine Woche in dieser Wohngegend zu verbringen.«
    »Genau davon sind nicht alle sind so begeistert. Ich glaube, Starr Phillips werden wir verlieren.«
    »Ich habe gehört, dass sie nicht sonderlich glücklich über die Unterbringung hier im Haus war.«
    »Ich weiß, dass das ungewöhnlich ist, aber das Studio ist hinter uns her. Wir sollen die Ausgaben reduzieren. Mr. Simon dachte, das hier wäre die beste Methode, die Aufnahmen vor der eigentlichen Show zu machen: Sie alle drei in einem gemieteten Haus in Brentwood unterbringen, nur einen Block von Marilyns Haus entfernt, wo wir dann die Vorabaufnahmen und die Medienauftritte in einem Aufwasch drehen können.« Von der Tür her gestikulierte ein Mitglied der Crew zu ihr herüber. »Oh, ich muss los. Hier ist Ihr Zeitplan für den Nachmittag, ein paar Medieninterviews und …«
    Mein Handy klingelte. Ich erkannte bereits am Klingelton, wer es war, und ich bin mir sicher, auf meinem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus, das einer Vierjährigen eher angestanden hätte als einer Frau von vierundvierzig. Ich signalisierte Becky, es werde nur einen Moment dauern, und teilte dem Anrufer mit, dass ich ihn gleich zurückrufen würde. Als ich das Gespräch beendet hatte, lieferte Becky mir eine Zehn-Sekunden-Zusammenfassung meiner Termine für den Nachmittag und händigte mir den Zeitplan aus. Dann rannte ich, so schnell mich meine Plateausandalen trugen, zur Tür. Zehn-Zentimeter-Absätze sind eigentlich nicht dafür gemacht, dass man sich auf ihnen schneller bewegt, als ein Schlendern auf dem Laufsteg es erfordert. Ein schnelles Marschieren brachte ich aber zustande, woraufhin mir zwei Arbeiter, denen ich begegnete, alarmiert nachsahen.
    Ich sagte mir, dass Jeremy schließlich zum Flugzeug musste, aber ich hätte mich auch dann beeilt, wenn das nicht der Fall gewesen wäre.
    Ich weiß, ich hätte mehr Selbstachtung wahren sollen. Mehr Würde. Aber in meinen Augen war dies ein Fall von karmischer Vergeltung. Immer war ich diejenige gewesen, die sich umwerben ließ, die zu schlechten Gedichten inspiriert und die Latte höher und höher gelegt hatte und die dann, wenn sie sich zu langweilen begann, davongetanzt war. Ich nehme an, irgendeine höhere Macht hatte beschlossen, dass jetzt
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