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Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller
Autoren: Kelley Armstrong
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ich an der Reihe war, mich zum Affen zu machen.
    Ich war ein großes Risiko eingegangen, als ich Jeremy gefragt hatte, ob er sich mir für diese Woche anschließen wollte. All meinen Hoffnungen zum Trotz waren wir Freunde und sonst nichts. Dann, vor ein paar Wochen, hatten wir uns über diese Show unterhalten, und nachdem wir beide schon etwas getrunken hatten, kam der Themenwechsel ganz natürlich. Zu meiner blanken Bestürzung hatte er ja gesagt. Und jetzt flog er dreitausend Meilen, nur um mich zu sehen. Irgendetwas musste das bedeuten.
    Von der hinteren Terrasse aus betrat man einen Garten, der als ein Labyrinth ummauerter Beete angelegt und überreichlich mit dekorativen Rabatten, Lauben, Zierbäumen und Statuen ausgestattet war. Als ich den Plattenweg entlangtrabte und dabei Bogen um einen Springbrunnen, ein Goldfischbecken und zwei überdimensionierte Skulpturen schlug, begann ich mich zu fragen, ob ich sicherheitshalber Brotkrumen hätte auslegen sollen.
    Irgendwann war ich weit genug vom Haus entfernt, um mich in Gedanken als »weg von der Bühne« betrachten zu können. Ich setzte mich auf eine Holzbank. Jeremy ging beim ersten Klingeln dran.
    »Hab ich dich in einem schlechten Moment erwischt?«, fragte er.
    »Nein, sie haben mir bloß gerade meinen Tagesplan für heute gegeben. Vor allem Interviews und ein paar Kennenlerntermine, und dann natürlich die Willkommensparty heute Abend, zu der du gerade noch rechtzeitig eintreffen wirst, du Glücklicher. Ich hoffe, du bist darauf vorbereitet, meine Begleitperson zu sein?«
    Ich brach ab, um Atem zu holen. Schweigen am anderen Ende. Ich wand mich innerlich und hätte mich am liebsten geohrfeigt. Jeremy bei einer Hollywoodparty? Wahrscheinlich hätte er sich lieber einer Meute ausgehungerter Wölfe gegenübergesehen.
    »War bloß ein Scherz«, sagte ich. »Du wirst einen Jetlag haben, und ich bin mir ziemlich sicher, dass du keinen Smoking hast …«
    »Ich habe einen. Und eingepackt ist er auch. Die Party ist nicht das Problem, Jaime …«
    Als seine Stimme verklang, begann mein Herz zu hämmern.
    »Die Babys sind krank. Es ist bloß eine Erkältung, aber es ist das erste Mal …«
    Ein Schrei übertönte ihn, weniger das Wimmern eines kranken Kindes als das Brüllen eines verletzten Löwen. Ich erkannte die Stimme von Katherine, der vierzehn Monate alten Zwillingstochter seines Ziehsohns Clay.
    »Herrgott, die arme Kate«, sagte ich. »Sie hört sich sehr unglücklich an.«
    Jeremy lachte leise. »So schlecht geht es ihr gar nicht. Logan hat das Meiste abgekriegt. Er beschwert sich natürlich nicht, aber er hat auch nichts dagegen, wenn sie für ihn gleich mitbrüllt.«
    »Wie geht es Clay damit? Oder sollte ich das lieber nicht fragen?«
    »Sagen wir, er macht die Situation nicht gerade einfacher. Normalerweise bekommen wir keine Erkältungen, also macht er sich Sorgen. Ich bin mir sicher, es gibt dafür keinen Grund, aber …«
    Er ließ den Satz unvollendet. Ich konnte die Überlegungen nachvollziehen. Die umfassendere Immunität der Werwölfe bringt es mit sich, dass sie sehr selten krank werden, und damit konnte selbst eine Erkältung Grund zur Besorgnis sein. Wenn sich der Zustand der Kinder verschlimmern sollte, konnten Clay und Elena sie ja nicht einfach ins Krankenhaus bringen – die Ärzte würden möglicherweise feststellen, dass sie etwas sehr viel Alarmierenderes im Blut hatten als nur ein Erkältungsvirus.
    Jeremy war kein Arzt, aber er war der medizinische Experte des Rudels, und er wurde dort gebraucht. Wichtiger noch, er würde dort sein wollen.
    »Bleib zu Hause«, sagte ich. »Wir können das ein anderes Mal nachholen.«
    »Nein, ich komme, Jaime. Ich bin da, sobald ich kann, hoffentlich morgen.«
    Mein Herz machte einen kleinen Satz. »Gut. Dann kümmere dich um die Babys, grüß alle von mir und meld dich morgen einfach noch mal.«
    Nachdem ich aufgelegt hatte, schloss ich die Augen, horchte auf das Zwitschern und Rascheln der Vögel im Gebüsch und ließ die kleinen Wellen der Enttäuschung davontreiben. Zu meiner eigenen Überraschung war es wirklich nicht mehr als das. Hätte Jeremy eine andere Entscheidung getroffen, dann wäre er nicht der Mann gewesen, dessentwegen ich in den Garten hinausgestürzt war. Die Familie und seine Verantwortung für sie standen an erster Stelle. Ich konnte damit leben, auch wenn ich wusste, dass seine Prioritäten sich nie ändern würden, ganz gleich welche Form unsere Beziehung auch immer annehmen
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