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Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller
Autoren: Kelley Armstrong
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würde.
    Der Gesang der Vögel war verstummt, und das leise Flüstern des Windes und der Klang eines Glockenspiels in der Ferne waren an seine Stelle getreten. Als ich aufstand, schaute ich mich um.
    »Hallo?«, fragte ich.
    Jemand berührte meinen Arm. Ich fuhr herum, aber es war niemand da. Ich rieb die kribbelnde Stelle – wahrscheinlich hatte mich nur ein Schmetterling gestreift. Ein Geist konnte es nicht sein. Bei denen bekam ich Bild und Ton, aber keine Berührung.
    Ich überflog den Zeitplan, den Becky mir gegeben hatte. Drei Interviews und …
    Finger schlossen sich um meine freie Hand. Ich widerstand der Versuchung, mich augenblicklich loszureißen, und sah nach unten. Nichts. Trotzdem spürte ich in aller Deutlichkeit, dass eine andere Hand meine festhielt.
    Plötzlich hatte ich ein kaltes Gefühl im Magen. Genauso hatte es bei meiner Großmutter angefangen. Ein Menschenalter lang hatte sie gesehen, was nicht hätte da sein sollen, und irgendwann hatte sie angefangen, sich vorzustellen, was nicht da sein
konnte.
Das ist es, was Nekromanten passiert, und das ist es, was ich bin, eine Nekromantin – genau wie meine Nan.
    Wie die meisten paranormalen Kräfte liegt auch die Nekromantie im Blut. Oft überspringt sie ein, zwei Generationen, aber in meiner Familie bleibt niemand verschont. Wir sehen und hören die Toten, und sie lassen nicht locker in ihrem Bemühen, sich Gehör zu verschaffen. Ich mag gelernt haben, wie ich von meinen Kräften profitieren kann, aber wenn ich die Geister loswerden könnte, würde ich meine Kräfte, ohne auch nur eine Sekunde lang zu zögern, hergeben und mich durchschlagen wie jeder andere Schwindler meiner Branche auch. Besser so als dieser lange verfluchte Weg, der im Wahnsinn endet.
    Die Finger glitten von meiner Hand. Ich schloss die Augen, fest.
    Ein einziges Mal zuvor hatte ich einen Geist getroffen, der mich berühren konnte. Natasha. Meine Hand hatte sie allerdings nicht gehalten. Sie hatte mir die Reißzähne in den Hals geschlagen und mich fast umgebracht, nur weil sie auf normale Art keine Verbindung zu mir hatte aufbauen können. Typisch Vampire eben, bilden sich ein, die Welt sei nur da, um ihnen zu dienen.
    Aber die Chance, dass ich noch einmal auf einen toten Vamp stoßen würde, war sehr gering. Es gibt sowieso sehr wenige von ihnen, und im Jenseits sind sie so extrem selten, dass ich nur einige sehr alte, nicht belegte Geschichten darüber gefunden habe, dass Nekromanten jemals welche kontaktiert hätten. Da ein Vampir bereits tot ist, wenn er in unserer Welt umgeht, frage ich mich, wohin er geht, wenn er sie verlässt?
    Auf irgendeine Art hatte Natasha sich damals zu mir durchgearbeitet und Kontakt aufgenommen, einen
körperlichen
Kontakt, so wie dieser Geist es gerade eben getan hatte. Ich rieb die Stelle am Hals, wo Natasha sich damals festgebissen hatte, und sah mich nervös um.
    Ich ließ meinen eigenen Geist in den halb tranceartigen Zustand abgleiten, in dem ich Geister sehen konnte, die zu schwach oder zu unerfahren waren, um überzutreten. Um mich herum schien alles still zu werden, das Glockenspiel klang schwach und fern, der Garten verschwamm.
    »Hallo?«, fragte ich. »Ist irgendjemand da?«
    Ich drehte mich um meine eigene Achse und wiederholte die Frage, aber niemand antwortete. Ein heftiges Kopfschütteln, dann war ich wieder in der Wirklichkeit angekommen.
    »Ms. Vegas?«
    Ich fuhr herum, als ein Wachmann um eine Hecke spähte.
    »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Haben Sie nach jemandem gerufen?«
    »Ja, habe ich«, sagte ich mit einem etwas verlegenen Lächeln. »Ich habe mich komplett verlaufen.«
    Er lachte. »Das ist ein Irrgarten hier, was? Kommen Sie, gehen wir zusammen zurück.«

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2 Der Engel des Südens
    I n einer Pause zwischen zwei Interviews beschloss ich, für die beiden Kinder in Jeremys Haushalt ein Geschenk mit allen guten Wünschen zur baldigen Genesung zu besorgen. Was es sein sollte, war dann schon die weitaus schwierigere Entscheidung. Ich habe eine echte Schwäche für die Zwillinge – bei einem Treffen des Rates war ich sogar schon einmal als Babysitter eingesprungen –, aber sie waren auch die einzigen kleinen Kinder, zu denen ich wirklich eine Beziehung gehabt hatte, seit ich selbst ein Kind gewesen war.
    Ich hatte zunächst an einen Strauß Luftballons gedacht. Zumindest bis die Frau vom Blumenlieferdienst in Syracuse mir am Telefon erklärte, dass Ballons für Kleinkinder nicht geeignet seien.
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