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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft
Autoren: authors_sort
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Reue hinzugeben oder auf die Stimme des Gewissens zu hören war ein Luxus, den sie sich beim besten Willen nicht leisten konnte. Brüllendes Gelächter aus dem Schankraum ließ die Eichenbohlen unter ihren Füßen erbeben. Es war eine Mahnung, die genau zur rechten Zeit kam. Josh wartete bestimmt schon auf sie, und wenn sie nicht bald wieder unten auftauchte, würde er sich auf die Suche nach ihr machen und heraufkommen. Pollys Blick wanderte zu der Ausbuchtung in der Weste des Gentlemans, wo sich seine Brieftasche befand. Eine Guinea weniger würde Josh schon nicht wehtun. Er konnte ja nicht wissen, wie viel sich in der Brieftasche befunden hatte.
    Verstohlen beugte sie sich über die reglose Gestalt und ließ ihre Finger in die Tasche der Samtweste gleiten. »Aha, darauf also hast du's abgesehen! Du diebisches Biest!«
    Die Welt schien auf einmal zu kippen, und im nächsten Moment fand Polly sich auf dem Bett wieder, flach auf dem Rücken liegend, während sie entsetzt und verwirrt in zwei leicht glasige, aber unverkennbar wütend blitzende Augen blickte.
    »Du kassierst deinen Lohn, bevor du den versprochenen Dienst leistest, sehe ich das richtig?« Sein Körper lag schwer auf ihr. Mit der einen Hand hielt er ihre Handgelenke über ihrem Kopf fest, mit der anderen umfasste er ihr Kinn mit einer Kraft, die so gar nicht zum Genuss von einem von Prues Spezialtränken passte. »Ihr solltet doch tief und fest schlafen!«, stieß sie hervor.
    »Und Gott steh mir bei, in Wahrheit hätte ich das auch verdient!«, murmelte Nicholas. »Wie konnte ich nur so ein leichtgläubiger Idiot sein! An einem Ort wie diesem auf einen so billigen Trick hereinzufallen!« Er hatte keine Ahnung, wieso das Gefühl der tastenden, suchenden Finger durch seine Betäubtheit gedrungen war, aber ihm war klar, dass er auf keinen Fall wieder in Apathie versinken durfte, sondern mit seinem letzten Quäntchen Kraft gegen die schleichende Bewusstlosigkeit ankämpfen musste. Zorn war ein mächtiger Verbündeter in diesem Kampf, als er das atemberaubend hübsche und doch so hinterlistige Gesicht seiner Widersacherin betrachtete - die großen, leuchtenden Augen, die ihn in ein grünlich braunes Land der Verheißung zu führen schienen. Der weiche Körper unter ihm bewegte sich, was das Bild ihrer Nacktheit nur noch umso lebendiger und reizvoller machte. Sinnliche Begierde war ebenfalls eine starke, nicht zu unterschätzende Kraft, insbesondere wenn sie mit Wut gepaart war. »Diesmal erbringst du erst die Leistung, und dann erfolgt die Bezahlung«, knurrte Nicholas und presste seinen Mund auf den ihren.
    Polly wand und krümmte sich verzweifelt unter ihm. Die Knöpfe seiner Jacke gruben sich schmerzhaft in ihr weiches Fleisch, und Samt schien ihre Haut wund zu reiben. Unter ihre Panik mischte sich der schier unerträgliche Gedanke, dass Josh und seine Kumpane jeden Moment heraufkommen mussten ... dass sie sie, Polly, splitterfasernackt vorfinden würden, ihr vermeintliches Opfer noch hellwach und im Vollbesitz seiner Sinne ... Sie wusste nicht, welche Vorstellung schlimmer war. Sie hatte nicht gewartet, bis der Gentleman seinen Glühwein ausgetrunken hatte, und damit war sie für das Scheitern ihres Plans verantwortlich. Aber auch Prue musste sich diesmal verkalkuliert haben.
    »Bitte!« Es gelang ihr, ihre Lippen von den seinen zu lösen. »Ihr versteht nicht!«
    »Verstehen?« In seinem Lachen schwang beißender Hohn mit. »So wie ich das Ganze verstehe, bin ich gerade dabei, das zu kaufen, was du mir versprochen hast.«
    »Aber ich habe doch gar nicht versprochen ...« Polly verstummte, als ihr klar wurde, wie sinnlos und unglaubwürdig ihre Verteidigungsversuche waren. Sie hatte schon immer gewusst, dass ihr Glück eines Tages ein Ende fände. Eines Tages würde sie sich nicht mehr schützen können. Eines Tages stünde sie dem unabwendbaren Angriff auf eine Jungfräulichkeit gegenüber, die sie sich bisher allen Widrigkeiten zum Trotz noch zu bewahren vermocht hatte, wohl wissend, dass ihre Unberührtheit das Einzige war, was sie von den Heerscharen stumpfäugiger Schlampen unterschied, die ihre Welt bevölkerten. Der Verlust der Jungfräulichkeit führte unweigerlich zu einem dicken Bauch, zur Syphilis, zum hoffnungslosen, nicht enden wollenden Kreislauf aus Vergewaltigung und Niederkunft, der nur durch den Tod unterbrochen wurde. Und wenn sie erst einmal auf diese Bahn geraten war, dann gäbe es kein Zurück mehr für sie, keine Hoffnung mehr,
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