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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft
Autoren: authors_sort
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dumpfen Schlägen und dem Knarren, den gemurmelten Flüchen, dem Scharren und Poltern und Schlurfen.
    Polly blickte zur anderen Seite des überfüllten Schankraums hinüber und überlegte, wie sie sich am besten an diesen Gentleman heranmachen könnte. Meistens waren die Gimpel so grobschlächtig und ungehobelt, so widerwärtig mit ihren obszönen Anspielungen und so beleidigend in ihrer Art, sie zu behandeln, als ob sie nichts weiter wäre als ein Stück Fleisch in der Auslage einer Metzgerei, dass jede raffinierte Form der Annäherung reine Zeitvergeudung war. Dieser junge Gentleman jedoch schien anders zu sein. Er war hoch gewachsen, mit breiten, kräftigen Schultern und muskulösen Schenkeln, die seinen samtenen Gehrock und die Kniehosen beinahe zu sprengen drohten. Der Degen an seiner Hüfte war von schlichter, zweckmäßiger Form, mehr Waffe als schmückendes Accessoire. In einem fairen Kampf, so entschied Polly, wäre er Josh und seinen Schlägerkumpanen gewiss haushoch überlegen.
    Er trug keine Perücke. Sein Haar fiel ihm in üppigen Locken bis auf die Schultern und schimmerte im Licht der Kerzen in einem satten Kastanienbraun, und seine Augen waren von einem klaren Smaragdgrün. Polly erinnerte sich wieder an die Art, wie er sie vorhin angeblickt hatte, als die Feiernden sie am Mitteltisch begrabscht hatten. Allein beim Gedanken daran, welchen Eindruck sie ihm damit vermittelt haben mochte, überlief sie ein Schauder des Selbstekels. Andererseits durfte er nicht wissen, dass sie nur so getan hatte und sie notgedrungen bei dem schmutzigen Spiel mitmachen musste, wenn sie es sich mit Josh nicht völlig verderben wollte. Wieso sollte sie sich einbilden, dass er -so offensichtlich ein Mann von vornehmem Stand - an den Annäherungsversuchen einer Tavernenhure irgendetwas Verlockendes finden würde? Aber sie brauchte ja nicht unbedingt die Rolle eines billigen Tavernenflittchens zu spielen, oder? Sie konnte alles sein, was sie wollte, solange sie nur ihr Ziel erreichte. Entschlossen reckte Polly das Kinn. Sie würde den Gimpel mit ihrem gekonnten Auftritt in Erstaunen versetzen - indem sie ihn mit der Ausdrucksweise und den Manieren einer vornehmen Dame faszinierte, während sie ihm das unzüchtige Angebot unterbreitete.
    Nicholas beobachtete, wie sie auf ihn zukam. Als dieser kugelköpfige Rohling sie geschlagen hatte, hatte er sich selbst nur mit größter Mühe davon abhalten können, von seinem Platz aufzuspringen und ihr zu Hilfe zu eilen. Normalerweise hätte ihn ein solches Spektakel nicht im Geringsten interessiert - schließlich hatte ein Mann das gute Recht, in seinem Geschäft für Ordnung zu sorgen, und wenn das Mädchen nicht seine Tochter war, dann war sie gewiss bei ihm angestellt und somit ebenso sehr seiner Autorität unterworfen. Und dennoch - die Vorstellung, dass ein derartiger Kerl die Herrschaft über dieses zauberhafte Geschöpf hatte, war höchst widerwärtig - so widerwärtig wie der Anblick dieser Trunkenbolde, die das Mädchen vorhin so gierig betatscht hatten. »Möchtet Ihr noch einen Krug Glühwein, Sir?«
    Ihre Stimme klang überraschend lieblich und ließ keine Spur von der Härte oder Rauheit erkennen, die Nicholas erwartet hatte. Sie stellte den frischen Humpen neben Nicholas ab. »Darf ich Euch Gesellschaft leisten, Sir?« Dieses einladende Lächeln zog ihn magisch an, und er erhob sich halb von seinem Platz, während er mit einer auffordernden Handbewegung auf die Bank neben sich deutete.
    »Ich fühle mich überaus geehrt.« Sowohl die Worte als auch die Geste waren gänzlich unangebracht, wenn ein Mann lediglich die Gesellschaft einer Tavernenmagd akzeptierte, die - wie man mit ziemlicher Sicherheit annehmen konnte - ebenso sehr Hure wie Serviermädchen war. Nicholas war sich der Absurdität seiner Höflichkeit durchaus bewusst ebenso wie des Schmutzes unter den Fingernägeln des Mädchens, der Schmuddeligkeit ihres Kleides und der Schürze, ihrer ungekämmten Haare und der rauen, rissigen Haut ihrer Hände. Und dennoch schien nichts davon eine Rolle zu spielen, wurden sie doch vollkommen von der erstaunlichen Schönheit des Mädchens und von ihrem geradezu würdevollen Auftreten überstrahlt, das all diese kleinen Makel augenblicklich vergessen ließ. Nicholas Kincaid war vollkommen bezaubert.
    »Möchtet Ihr nicht ein Glas mit mir trinken?«, fragte er lächelnd. »Ich trinke nur sehr ungern allein.« Er legte ein Sixpence-Stück auf den Tisch.
    Polly griff bereitwillig
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